Nach einer Produktionsunterbrechung an fast 100 Bosch-Standorten im laufenden Monat bereitet sich das Unternehmen auf den schrittweisen Hochlauf der Fertigung vor. Dafür ergreift der Zulieferer Maßnahmen, um den Schutz seiner Beschäftigten vor Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus sicherzustellen.
»Mit einer verlässlichen Zulieferung wollen wir die langsam wieder steigende Nachfrage unserer Kunden bedienen und zu einer möglichst raschen Erholung der Weltwirtschaft beitragen«, sagte Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Bosch, anlässlich der Bilanzpressekonferenz. »Unser Ziel ist ein synchronisierter Hochlauf der Fertigung und die Sicherung der Lieferketten insbesondere in der Automobilproduktion. In China ist uns dies bereits gelungen. Unsere rund 40 Werke vor Ort produzieren wieder und die Lieferketten sind stabil. In den übrigen Regionen arbeiten wir mit Hochdruck daran.«
Darüber hinaus arbeitet der Zulieferer unter Hochdruck an einer höheren Produktion seiner Covid-19-Schnelltest. »Wo immer möglich, wollen wir unser Know-how in die Anstrengungen zur Eindämmung der Pandemie einbringen, etwa mit unserem neu entwickelten Covid-19-Schnelltest und unserem Analysegerät Vivalytic«, so Denner. »Die Nachfrage ist sehr groß. Wir tun alles, um die Produktion deutlich zu steigern und werden sie gegenüber den bisherigen Planungen bis Jahresende verfünffachen«. Bosch will 2020 mehr als eine Million Schnelltests produzieren, im nächsten Jahr sollen es drei Millionen sein. Das Analysegerät Vivalytic soll ergänzend zu den bisherigen Labortests zunächst in Krankenhäusern und Arztpraxen und dort vor allem zum Schutz des medizinischen Personals eingesetzt werden, für das die rasche Verfügbarkeit der Testergebnisse in weniger als zweieinhalb Stunden entscheidend ist. Ausgeliefert wird der Schnelltest bereits in Europa, er kann im Status „research use only“ nach einer Validierung eingesetzt werden. Eine europaweite CE-Kennzeichnung erwartet Bosch bis Ende Mai. Ein noch schnellerer Test, der in weniger als 45 Minuten eine COVID-19-Erkrankung verlässlich ermitteln kann, befindet sich in der Endphase der Entwicklung.
Darüber hinaus hat das Unternehmen die Fertigung von Mund- und Nasenmasken aufgenommen. Schon jetzt stellen 13 Bosch-Werke in neun Ländern, von Bari in Italien über Bursa in der Türkei bis hin zu Anderson in den USA, in Eigeninitiative solche Masken für ihren lokalen Bedarf her. Darüber hinaus baut das Unternehmen derzeit zwei vollautomatische Fertigungslinien am Standort Stuttgart-Feuerbach auf – weitere Linien folgen in Erbach (Odenwald) sowie in Indien und Mexiko. »Unser Sondermaschinenbau hat binnen weniger Wochen eine entsprechende Anlage konzipiert«, sagte Denner. Die Konstruktionspläne haben die Stuttgarter auch anderen Unternehmen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Insgesamt können pro Tag mehr als 500.000 Masken produziert werden. Die Masken sollen dem Schutz der Bosch-Mitarbeiter in den Werken weltweit dienen. Darüber hinaus sollen sie auch extern verfügbar gemacht werden. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende länderspezifische Zulassung. Zudem stellt Bosch wöchentlich 5 000 Liter Desinfektionsmittel in Deutschland und in den USA her, um seine Mitarbeiter in amerikanischen und europäischen Werken zu versorgen.
Trotz der herausfordernden Situation will Bosch an seinen Klimaschutz-Ziele arbeiten und entfaltet entsprechende Aktivitäten zum Ausbau nachhaltiger Mobilität. »Wenngleich andere Themen gegenwärtig im Fokus stehen, dürfen wir die Zukunft unseres Planeten nicht aus dem Blick verlieren«, betont Denner.
Bosch kündigte vor knapp einem Jahr an, als erstes global agierendes Industrieunternehmen bereits Ende 2020 weltweit an allen 400 Standorten klimaneutral zu werden. »Dieses Ziel werden wir erreichen«, ist sich Denner sicher. »Seit Ende 2019 sind bereits alle Standorte in Deutschland CO2-neutral, weltweit haben wir Stand heute 70 Prozent erreicht.« Um die CO2-Neutralität zu ermöglichen, investiert das Unternehmen in Energieeffizienz, erhöht den Anteil regenerativer Energien an der Energieversorgung, kauft vermehrt Ökostrom zu und kompensiert unvermeidbaren CO2-Ausstoß. »Der Anteil der CO2-Kompensationen wird 2020 deutlich niedriger sein als geplant – nur 25 statt nahezu 50 Prozent. Wir kommen damit bei der Steigerung der Qualität unserer Maßnahmen schneller voran als erwartet«, so der Bosch-Chef.
In Sachen Klimaschutz schlägt Bosch zwei neue Wege ein, um die eigenen Anstrengungen in die Wirtschaft hinein zu multiplizieren: Ein Ziel ist es, die vor- und nachgelagerten Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette von den beschafften Gütern bis zu den verkauften Produkten möglichst klimaneutral zu gestalten. Bis 2030 soll der Wert der damit verbundenen Emissionen (Scope 3) um 15 Prozent beziehungsweise mehr als 50 Millionen Tonnen pro Jahr sinken. Dazu hat sich Bosch gegenüber der Science-Based-Target-Initiative als erster Automobilzulieferer mit einem messbaren Ziel verpflichtet. Zudem bündelt das Unternehmen in der neuen Beratungsgesellschaft Bosch Climate Solutions künftig sein Wissen und die Erfahrung von nahezu 1.000 Bosch-Experten weltweit und aus mehr als 1.000 eigenen Energieeffizienz-Projekten.
Wichtig für den Klimaschutz ist laut Denner eine breite Technologieoffensive, die nicht nur einen batterieelektrischen Weg zu nachhaltiger Mobilität vorgibt, sondern neben effizienten Verbrennungsmotoren vor allem auch eFuels und Brennstoffzelle berücksichtigt. Der Unternehmenschef forderte für die Zeit nach der Corona-Krise einen mutigen Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft und in die eFuels-Produktion. Nur so kann seiner Einschätzung nach Europa bis 2050 klimaneutral werden. »Heutige Wasserstoff-Anwendungen müssen raus aus den Reallaboren und rein in die Realwirtschaft«, unterstrich Denner. Er appellierte an die Politik, die erforderlichen Technologien zu fördern. Für den Einsatz in Fahrzeugen bereitet Bosch bereits mit dem Partner Powercell die Industrialisierung des Stacks einer mobilen Brennstoffzelle vor. Die Markteinführung ist für 2022 geplant. Das Unternehmen will sich damit auf einem weiteren Wachstumsmarkt erfolgreich positionieren: Bereits 2030 könnte jedes achte neuzugelassene schwere Nutzfahrzeug mit einer Brennstoffzelle ausgestattet sein. Darüber hinaus will Bosch Marktführer in der Elektromobilität werden. Dazu investiert das Unternehmen in seinen Werken Eisenach und Hildesheim in diesem Jahr rund 100 Millionen Euro in die Produktion elektrischer Antriebssysteme.