Markt&Technik: Wie schätzen Sie die künftige Rolle von OPC UA in der Indus-trieproduktion 4.0 ein?
Stefan Schönegger, Geschäftsführer der EPSG: Industrie 4.0 und das Internet of Things (IoT) erfordern eine nahtlose und durchgängige Kommunikation sowohl innerhalb der digitalen Fabrik als auch extern zu Cloud-basierten Diensten und anderen Internet-Technologien. OPC UA ist ein offener Standard, den mittlerweile alle großen Steuerungshersteller implementiert haben. Er garantiert, dass sich Maschinen mit Steuerungen verschiedener Hersteller problemlos in einem System koordinieren lassen. Das Protokoll ist plattformunabhängig, der Kommunikations-Stack lässt sich auf beliebige Betriebssysteme und Embedded-Hardware portieren. OPC UA ist das einzige Protokoll, das all diese Vorteile vereint. Für mich steht fest: OPC UA wird das Rückgrat der Kommunikation in der Industrieproduktion 4.0 sein.
Die EPSG erarbeitet zusammen mit der OPC Foundation eine Companion Specification, die das Zusammenwirken von Powerlink und OPC UA definiert. Wie wird die Spezifikation das Zusammenwirken im Einzelnen regeln?
In einem ersten Schritt wird die Maschinensteuerung als Bindeglied zwischen der IT-nahen OPC-UA-Welt und der Echtzeitwelt von Powerlink dienen. Alle Maschinendaten werden vom OPC-UA-Server in der Maschinensteuerung gemappt, also standardisiert bereitgestellt. So können SCADA- oder MES-Systeme beispielsweise auf alle Sensordaten zugreifen. Dazu müssen die übergeordneten Systeme keinerlei Wissen über den inneren Aufbau der Maschine haben. Mithilve von OPC UA werden nicht nur dimensionslose Daten bereitgestellt; in sogenannten Informationsmodellen ist hinterlegt, was diese Daten bedeuten.
Die Companion Specification geht jedoch noch einen Schritt weiter. OPC UA kann zukünftig vollständig in das Powerlink-Protokoll integriert werden. Powerlink transportiert in seiner asynchronen Phase – also unabhängig von den Echtzeitdaten – beliebige Ethernet-Protokolle. Damit entfallen sämtliche Schnittstellen, ein Gateway zwischen IT-Welt und Powerlink ist nicht nötig. Die Maschinensteuerung muss nicht einmal OPC UA beherrschen, sie dient lediglich als Ethernet-Router. So kann ein SCADA-System via OPC UA beispielsweise direkt auf einen Sensor zugreifen, Parameter ändern und Diagnoseinformationen abrufen. Alle OPC-UA-Services sind uneingeschränkt verfügbar.
Auf der Sensor-/Aktor-Ebene können dabei I/O-Komponenten eingesetzt werden, die sowohl Powerlink als auch OPC UA sprechen. Die I/O-Komponenten können dieselben Prozess- und Parameterdaten via Powerlink an die Steuerung und über OPC UA an ein übergeordnetes System senden – gleichzeitig und unabhängig voneinander.
Wird die Companion Specification eine Übertragung von OPC-UA-Daten in Echtzeit ermöglichen? Ist eine OPC-UA-Datenübertragung in Echtzeit überhaupt nötig bzw. sinnvoll?
Datenübertragung in Echtzeit wird immer wichtiger. Um maximale Produktivität zu erreichen, müssen nicht nur einzelne Achsen innerhalb einer Maschine in Echtzeit koordiniert werden, sondern auch Maschinen mit anderen Maschinen, Robotern und Förderbändern. Wenn es um harte Echtzeitanforderungen geht, ist eine Kombination aus OPC UA und einem Echtzeitprotokoll wie Powerlink nach wie vor das Mittel der Wahl.
Wie bewertet Ihre Organisation den kommenden Echtzeit-Ethernet-Standard TSN, und welche Strategie verfolgt sie ihm gegenüber?
Die EPSG arbeitet aktiv an der Erweiterung des Ethernet-Standards IEEE 802.1 um TSN mit. Ein großer Vorteil von TSN ist, dass die Automobilbranche auf diesen Standard setzt. Damit werden die nötigen Halbleiter-Baugruppen auch für die industrielle Automatisierung sehr schnell und vergleichsweise kostengünstig verfügbar sein. Die Kombination von OPC UA und Ethernet mit TSN wird in näherer Zukunft die Echtzeit-Anforderungen für die Liniensynchronisation und die Anbindung von SCADA-Systemen erfüllen. Gemeinsam mit Powerlink stellen wir damit Maschinen- und Anlagenbetreibern ein optimales Kommunikationssystem zur Verfügung, um eine digitale Durchgängigkeit von den Sensoren bis hinauf zur ERP-Ebene zu erreichen.