Das neue TÜV-Nord-Rechenzentrum zeigt anschaulich, warum Dr. Peter Koch von Emerson behauptet, Kühlung spiele »keine große Rolle mehr«. Sie ist in modernen Rechenzentren mit Blick auf die ständig steigenden AHRAE-Empfehlungen schlicht nicht mehr notwendig.
Was jedoch bleibt, ist die Notwendigkeit, die Mengen an Wärme abzutransportieren. Emerson hat sein Produktportfolio komplett darauf eingestellt: Umluft-Klimageräte, Kompressoren, Ventile etc. sind als schlüssiges Gesamtsystem für die höheren Temperaturen konzipiert. »Unsere ’Kältemaschinen‘ liefern heute 18 bis 20°C warmes Wasser, ein Kompressor muss heute damit zurechtkommen«, sagt der Vice President Engineering&Productmanagement Racks&Integrated Solutions EMEA bei Emerson Network Power. Alle Komponenten sind auf Teillast optimiert und geregelt. Folgerichtig wurde auch der alte Name der Kühltechnik -Sparte Liebert modernisiert und von »Precision cooling« in »Thermal Management« geändert.
Koch vertritt die Ansicht, dass man schon mit wenigen Veränderungen ein Bestandsrechenzentrum energieeffizienter machen kann. »Häufig reicht es schon, die Temperatur höher zu stellen. Ganz wesentlich aber ist die Trennung von kalter und warmer Luft in Warm- und Kaltgänge mittels Gangeinhausung. Das kann man nachrüsten. Gegebenenfalls kann man noch alte Lüfter gegen neue, auf Teillast regelbare, tauschen.«
Klingt einfach, stößt aber vor allem hinsichtlich der Erhöhung der Temperatur vielfach auf Skepsis bei den konservativen Anwendern: Man sorgt sich um die Verfügbarkeit der Anlage. Koch: »IT-Verantwortliche bezahlen lieber eine höhere Stromrechnung, als die Verfügbarkeit zu gefährden. Noch konservativer ist die Gebäudetechnik. »Alles in allem«, da ist er mit Rittal-Experte Bernd Hanstein einer Meinung, »ist sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten!«
Rechtzeitiger Serveraustausch lohnt sich
Da Kühlung direkt mit dem Stromverbrauch im Rechenzentrum zusammenhängt, lohnt sich der rechtzeitige Austausch von in die Jahre gekommenen Servern. Das sei ein weiterer, häufig vernachlässigter Aspekt, so Peter Koch von Emerson. Wieviel Rechenleistung man für die die eingesetzten Kilowatt bekomme, diese Frage stellten sich die wenigsten. Dabei steige die Energieeffizienz bei Servern in zwei bis drei Jahren um den Faktor 2 bis 3. »Viel zu viel ungenutztes Potenzial«, klagt Koch. In einer rechtzeitigen Ablösung liege somit der größte Schlüssel für mehr Energieeffizienz.
Auch Schneider Electric hat sich längst auf die zulässigen Temperaturbereiche der AHRAE eingestellt. Norbert Keil, Energy Management Consultant bei Schneider Electric IT Business: »Aktuell werden neu geplante Datacenter mit immer höheren Server-Luftansaug-Temperaturen ausgelegt. Werte zwischen 26 und 32°C sind keine Seltenheit mehr.« Freikühlsysteme sind daher optimal einzusetzen. Man biete nun eine komplette Palette energieeffizienter Kühlgeräte an, vom InRow-Klimagerät über adiabatische Kühlung und Freikühl-Kaltwassersätzen bis hin zu integrierten Datacenter-Infrastructure-Management-Systemen.
Mit der zweiten Generation der InRow-Klimageräte hat Schneider Electric auf die deutlich höheren zulässigen Wasser- und Warmgang-Temperaturen reagiert. Die neue Produktlinie »InRow RC« gibt es in zwei Versionen: Das Modell ACRC301S wurde für Standard-Anwendungen entwickelt und ersetzt das bisherige Modell ACRC103. Das Modell ACRC301H ist speziell für Freikühl-Anwendungen konzipiert. Es ist für hohe Wassertemperaturen und besonders hohe Leistungsdichte geeignet. Der Abstand zwischen der Wärmequelle und der Hitzeabfuhr wird reduziert. In Verbindung mit Airflow-Management-Komponenten wird die Vermischung von warmen und kalten Luftströmen verhindert. Variable, drehzahlgeregelte Ventilatoren passen sich an die vorhandenen Wärmelasten an, wenn beispielsweise wenig Wärme abgeführt werden muss oder das Datacenter nur teilweise ausgelastet ist. Das senkt den Energieverbrauch des Rechenzentrums und damit auch die Gesamtbetriebskosten. Kontrollfunktionen beim ACRC301H überwachen die Kühlkapazitäten und passen die richtige Zulufttemperatur für den Server aktiv an. Ein Mikroprozessor-Controller versorgt den Anwender mit allen wichtigen Betriebsdaten und zum aktuellen Zustand der Kühleinheit.
Was bedeutet das für die Bereitschaft zu Investitionen in neue Infrastrukturen? Nach Einschätzung von Norbert Keil werden im Zuge der Cloud-Dienste viele kleine Serverräume wegfallen, die großen Datacenter hierdurch stark wachsen. »Diese können auch wesentlich besser optimiert werden, Weil sie häufig in speziell für den Zweck ausgelegten Gebäuden platziert sind. Dadurch und durch die Standardisierung, die die Cloud mitbringt, lassen sich die Potenziale wie steigende Betriebstemperaturen noch besser ausnutzen: Bei steigenden Betriebstemperaturen ist das Einsparpotenzial der freien Kühlung größer, denn man kann das Datacenter mehr Betriebsstunden pro Jahr mit freier Kühlung kühlen. Kühlsysteme lassen sich noch effizienter betreiben und können damit oft auch kleiner und weniger komplex ausgelegt werden.«
Das sieht auch Dr. Peter Koch von Emerson so. »Wir haben in einer Studie 800 IT-Leiter befragt. Zwei Drittel der Rechenoperationen könnten künftig über Cloud-Dienste abgewickelt werden, das ist ein starker Trend.« Freilich gibt es noch starke Vorbehalte in punkto Sicherheit, die durch immer neue Meldungen über Daten-Lecks gefüttert werden.
Sicherheitsbedenken sind daher auch der Hauptgrund, warum 90 Prozent der IT-Verantwortlichen laut IDC-Studie immer noch das eigene Rechenzentrum bevorzugen. Ein Trugschluss, findet Koch. Nur weil es hinter der eigenen Firmentüre stehe, sei es nicht sicher: »Sie können davon ausgehen, dass Cloud-Rechenzentren besser geschützt sind als Ihr eigenes kleines Rechenzentrum. Das verlangt schon das Geschäftsmodell der Cloud-Anbieter. Meldungen über Sicherheitslücken wären da nur Gift!«
Das im Sommer unter Federführung von Rittal vorgestellte Ergebnis des Projekts »AC4DC« hat ergeben, dass vor allem intelligentes Last- und Powermanagement zu mehr Energieeffizienz im Rechenzentrum führen wird. Schneider Electric bietet mit »StruxureWare for Data Centers« bereits entsprechende Technologien. »Die Interaktion und Optimierung zwischen IT und Infrastruktur findet bereits aktiv statt. AC4DC ist für uns eine Bestätigung unseres bereits beschrittenen Weges, hin zur Integration des Datacenter Managements«, sagt Norbert Keil.