Welche ist die richtige Technik?

Technologie-Rennen um AR-Brillen

7. März 2023, 6:00 Uhr | Heinz Arnold

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"Es müssen viele verschiedene Technologien und Unternehmen zusammenkommen"

Ausschlaggebend dafür, dass sich Trixel 3 kostengünstig fertigen lässt, ist das »TriLite Calibration Module«, ein Softwarepaket, das mithilfe ausgeklügelter Algorithmen die Bildfehler kompensiert, die durch ungenaue Ausrichtung der Komponenten zueinander entstehen. »Das erlaubt uns, einen großen Teil der Komplexität der Hardware in die Software zu verschieben. Wir können mit dreimal höheren Toleranzen arbeiten als andere und einfache, kostengünstige Standardkomponenten einsetzen«, so Weigand. »Deshalb spreche ich hier vom ‚Software-Defined Display’.«

Das zeigt auch: Es müssen viele verschiedene Technologien und Unternehmen zusammenkommen, um schlussendlich eine AR-Brille produzieren zu können. Dazu hat TriLite ein Ökosystem aufgebaut, zu dem unter anderem Infineon und Dispelix gehören. Inzwischen sind schon eine Reihe von führenden OEMs und Startups an der Technik von TriLite interessiert. Dass TriLite für den Trixel 3 gerade auf der diesjährigen SPIE den prestigeträchtigen Prism-Award verliehen bekommen hat, zeige laut Weigand, »dass wir auf dem richtigen Weg sind«.

Dass die LBS-Technik derzeit noch gar nicht so richtig bekannt ist, liegt nach Ansicht von Ulrich Hofmann in erheblicher Weise daran, dass die großen Konzerne über viele Jahre hinweg vollständig auf microLED gesetzt und Milliarden-Summen darin investiert haben. Die hohen gesetzten Erwartungen konnten jedoch nicht erfüllt werden. Pionierarbeit in Sachen LBS wurde nur von Microsoft geleistet, als das Unternehmen auf MEMS-Spiegeln basierende Display-Technologie in der AR-Brille »Hololens-2« integrierte.

»Leider wurde damals ein MEMS-Spiegel-Konzept eingesetzt, das nicht dem aktuellen Stand der Technik entspricht in Hinsicht auf Kompaktheit, Energieeffizienz, Performance und kostengünstiger Massenproduktionsfähigkeit, weshalb das immense Potenzial von LBS nicht überall bekannt ist. LBS ist derzeit das einzige Display-Konzept für AR, das Millionen von Nits an Helligkeit ermöglicht.«

Er muss es wissen. Denn er beschäftigt er sich schon seit 1994 mit MEMS-Spiegeln, zuerst im Fraunhofer ISIT, dann hat er zusammen mit seinem Kollegen Thomas von Wantoch 2018 OQmented gegründet. Er hält die MEMS-Spiegel für den wesentlichen Kern der LBS-Technik und ist überzeugt, die derzeit ausgereifteste Technik für die Fertigung von MEMS-Spiegeln auf 8-Zoll-Wafern anbieten zu können; vor Bosch, Infineon oder ST fürchtet er sich jedenfalls nicht.

Das liegt vor allem an der selbst entwickelten Wafer-Level-Vakuum-Packaging-Technik, die einen wesentlichen Differenzierungsfaktor zum Wettbewerb darstelle. Das verspricht erstens eine geringe Baugröße, vor allem aber lassen sich viele Mini-Projektoren parallel auf einem Wafer fertigen, was zu einer sehr kosteneffektiven Produktion in hohen Stückzahlen führt – wie aus der IC- und Wafer-Level-Packaging-Fertigung bekannt. Zudem kommt OQmented – ebenso wie TriLite – ohne eine zusätzliche Relaisoptik in der AR-Brille aus, was noch geringere Komplexität, Größe, Gewicht und Kosten bedeutet. »Ein Schlüssel ist, dass wir vom ASIC über die Optik und den MEMS-Spiegel alles unter einem Dach haben, um die gesamte Light-Engine integrieren zu können«, freut sich Hofmann. »Damit erreichen wir eine Baugröße für den Projektor von nur einem halben Kubikzentimeter!«

Inzwischen ist OQmented der LaSAR Alliance (Laser Scanning for Augmented Reality) beigetreten, die STMicroelectronics 2020 mit dem Ziel gegründet hat, ein Ökosystem aufzubauen, um die LBS-Technologie für den Einsatz in AR-Brillen voranzutreiben. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten neben ST der Equipment-Hersteller Applied Materials, Waveguide-Spezialist Dispelix, Osram und Fertigungsmaschinen-Hersteller Mega1. Inzwischen sind weitere Firmen hinzugekommen.

Wer allerdings nicht dabei ist: TriLite. »Wir begrüßen es, dass es eine Allianz gibt, die ein LBS-Ökosystem schaffen will, denn das führt zu einer zunehmenden Akzeptanz der LBS-Technik für AR-Brillen«, sagt dazu Peter Weigand. »Für uns stellt sich die Frage allerdings nicht, wir haben ja bereits ein funktionierendes Ökosystem dafür geschaffen.«

Details zu der Technik und der Stratege der beteiligten Unternehmen lesen Sie in einer der kommenden Markt&Technik-Ausgaben. 

Die besonderen microLEDs von Porotec

Porotoec hat das nanoporöse Material »ProGaN« entwickelt, das sich über einen elektrochemischen Prozess sehr einfach und kostengünstig als Schicht zwischen dem Substrat und der LED-Struktur abscheiden lässt. Das löst ein Problem, das bisher der kostengünstigen Fertigung von microLEDs entgegenstand. Denn bisher muss jedes Display-Pixel aus roten, grünen und blauen Subpixeln aufgebaut werden, damit das resultierende Display-Pixel die gewünschte Farbe emittieren kann. Die blauen und grünen LEDs müssen aber auf Basis eines anderen Materials (InGaN) hergestellt werden als die roten (AlInGaP), was für die Produktion der Displays sehr aufwendig ist. Eine Möglichkeit gibt es, die InGaN-LEDs auch rot leuchten zu lassen: relativ viel Indium in die InGaN-Epitaxie-Schicht einzubringen. Allerdings führt das zu mechanischen Spannungen und Defekten, die wiederum die Lichtausbeute reduzieren, was dann unterm Strich auch nicht viel bringt.

Das nanoporöse Material von Porotec nimmt dagegen das Indium wie ein Schwamm auf, ohne dass mechanische Spannungen entstehen. Besonders interessant ist, dass nun keine drei Subpixel für den Aufbau eines Display-Pixels mehr erforderlich sind. Denn jedes Pixel kann Licht in jeder Farbe zwischen 400 und 800 nm emittieren. Welche Farbe erscheint, ist von der Wahl des Materials, der Pixel-Architektur und dem jeweiligen Treiber-Schema abhängig. »Dynamic Pixel Tuning« (DPT) nennt Porotec diese Technik, in der sie die »PoroGaN«-LEDs herstellt. Die wichtige Nachricht für microLEDs für AR-Brillen: Eine PoroGaN-LED ersetzt drei bisherige Subpixel-LEDs. Die Pixel können mit Kantenlängen bis hinunter zu 1 bis 2 µm hergestellt werden.
Porotec ist überzeugt, damit die größten zwei Probleme der microLEDs gelöst zu haben: Sie ließen sich künftig kostengünstig fertigen, und sie skalieren, würden also trotz sinkender Pixelgröße genügend Helligkeit für den Einsatz in AR-Brillen erreichen.

Im Oktober vergangenen Jahres hatte Porotec das erste DPT-microLED-Display vorgestellt, das erste der Welt, auf dem eine einzige microLED Licht aller Farben emittieren kann. Keine Subpixel sind da erforderlich. »Unsere Technologie hat die fundamentalen Probleme der traditionellen microLEDs hinsichtlich Qualität, kostengünstiger Produktion und – am wichtigsten – hinsichtlich der Systemintegration gelöst«, sagte dazu Tongtong Zhu, CEO und Mitgründer von Porotec. Er ist überzeugt, dass die DTP-Technik nicht nur die Bildschirmtechnik für AR-, VR- und MR-Brillen, sondern auch für Wearables, Fernseher- und Signage-Bildschirme revolutionieren werde.


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