Projektionsoptik machts möglich

AR-Brillen für den Massenmarkt

11. April 2023, 9:00 Uhr | Heinz Arnold
© Jean_De_Vlas/stock.adobe.com

AR-Brillen sind für den Konsummarkt – benötigen aber absolute Spitzentechnik, um hohen Tragekomfort, gute Bildqualität und einen akzeptablen Preis bieten zu können. TriLite ist überzeugt, dass Projektionsoptiken dabei die entscheidende Rolle spielen werden.

Diesen Artikel anhören

Augmented-Reality(AR)-Brillen blenden den Nutzern zusätzliche Informationen ins Sichtfeld ein – und zwar möglichst, ohne das Bild der realen Welt zu stören. Das ist ein großer Unterschied zu Virtual-Reality(VR)-Brillen, die den Nutzer vollständig in die virtuelle Welt abtauchen lassen.

Dagegen müssen AR-Brillen die virtuelle Welt mit der realen Welt kombinieren, und zwar so, dass sich beide nicht stören, sondern ergänzen. AR-Brillen werden im Alltag getragen, sie sollen deshalb so leicht und elegant sein wie ganz normale Brillen. Werden keine Informationen eingeblendet, muss die Brille vollkommen transparent sein. Sollen aber Informationen eingeblendet werden, müssen sie gut sichtbar sein, sowohl in geschlossenen Räumen wie Produktionsumgebungen oder Lagern als auch unter direkter Sonneneinstrahlung bei Außenarbeiten oder auf Skipisten.

Die technischen Anforderungen an die beiden Brillentypen sind deshalb sehr unterschiedlich. Daraus ergeben sich all die weiteren Spezifikationen für die AR-Brillen, die, wenn sie nicht eingehalten werden können, den Traum von der AR-Consumer-Brille schon von vorneherein platzen ließen.

Zu den essenziellen Forderungen gehört eine geringe Leistungsaufnahme, damit die Batterien nicht nach zwei Stunden in die Knie gehen. Zudem muss die Latenz, also die Zeit vom Einblenden des Videos bis zu »Photon out«, das dann auf der Netzhaut landet, gering sein. Denn sonst passt die Bewegung des Kopfes nicht genau mit dem zusammen, was der Träger auf der Brille sieht, ihm wird schlecht (Motion-Sickness).

Und einen ganz wesentlichen Punkt gilt es zudem zu beachten, ohne den auch die beste Technik nichts bringt: Die optischen Einheiten und die Elektronik müssen sich aus erschwinglichen und in hoher Stückzahl zur Verfügung stehenden Komponenten zusammensetzen lassen, und zwar mithilfe von Standardprozessen auf Standardmaschinen.

Erst dann können AR-Brillen zu Preisen auf den Markt gebracht werden, die für den Endanwender akzeptabel sind.

Weigand Peter
Weigand, CEO von TriLite: »Die Algorithmen unseres »TriLite Calibration Module« kompensieren die Störungen der Bildqualität, die dadurch entstehen, dass die optischen Komponenten nicht exakt positioniert sind.«
© TriLite

»Die technischen Anforderungen liegen deshalb im Consumer-Markt besonders hoch, genau umgekehrt, als das normalerweise der Fall ist«, erklärt Peter Weigand, seit zweieinhalb Jahren CEO des Startups TriLite.

Wie also muss ein Bildschirm aussehen, der sich dazu eignet, in die AR-Brillen integriert zu werden? »Es gibt keinen, jedenfalls keinen Panel-basierten«, lautet die überraschende Antwort von Peter Weigand. »Denn eine Panel-basierte Bildwiedergabetechnik, die auf realen LEDs, Laserdioden oder DLPs aufbaut, führt im Falle der AR-Brillen zu eklatanten Nachteilen. Egal ob es sich um die Liquid-Crystal-on-Silicon(LCoS)- oder die bis vor Kurzem so gehypte microLED-Technik handelt.«

Denn die Panels sind kompliziert zu fertigen, also teuer. MicroLEDs müssten mit Pixel-Abständen von ungefähr 3 µm gebaut werden! Zudem kommen sie um eine physikalische Tatsache nicht herum: Ihre Helligkeit ist von der Pixel-Fläche abhängig – je größer, desto heller. Um ein bei Tageslicht und Sonneneinstrahlung ausreichend helles Bild zu realisieren, sind relativ große Pixel erforderlich.

Künftige AR-Brillen-Generationen werden noch deutlich hellere Bilder fordern, die Panel-basierten Bildschirme müssten also notgedrungen mitwachsen. »Dafür fehlt aber der Platz, die Technik skaliert einfach nicht und ist damit auch nicht zukunftsfähig«, so Weigand.

Deshalb hat TriLite von Anfang an einen anderen Weg beschritten: Das Bild wird nicht über die Ansteuerung fester Pixel auf einem real vorhandenen Display erzeugt, sondern es wird projiziert.

Der eigens entwickelte Laser-Beam-Scanner (LBS), TriLite hat ihn auf den Namen »Trixel 3« getauft, bildet den Kern der AR-Brille. Der Prototyp ist bereits für die Produktion in hohen Stückzahlen optimiert. Bei darauf basierenden AR-Brillen sitzt Trixel 3 im rechten Brillenbügel und koppelt den Strahl in den »Waveguide« ein, zunächst in den Input-Coupler, bei dem es sich um ein kleines, nanostrukturiertes Feld mit der Größe von einigen Quadratmillimetern handelt. Auf dem Weg zum Output-Coupler weitet der Waveguide den Strahl auf dessen größeres Format auf.

Der Output-Coupler koppelt den Strahl aus dem Glas aus und projiziert ihn auf die Netzhaut des Auges. Dadurch entsteht eine große »Eyebox«. Das ist wichtig, denn wäre sie klein, so würden schon winzige Pupillenbewegungen dazu führen, dass der Blick des Brillenträgers am projizierten Bild vorbeigeht und er keine Informationen sieht. Das kann mit der großen Eyebox nicht passieren: Die darauf basierenden Brillen müssen nicht aufwendig angepasst werden, und wenn sie beim Tragen etwas verrutschen, merkt das der Betrachter nicht.

Für ihn sieht es einfach so aus, als ob im natürlichen Bild zusätzliche Informationen eingeblendet werden, ohne die Wahrnehmung der realen Welt zu stören. Und falls keine zusätzlichen Informationen erforderlich sein sollten, ist vom nanostrukturierten Feld nichts mehr zu sehen, es verhält sich im inaktiven Zustand vollkommen transparent. Um die Strukturierung der Gläser kümmern sich Spezialisten wie beispielsweise Corning oder Schott.

Das zeigt schon: Viele verschiedene Elemente müssen harmonisch zusammenwirken, damit eine AR-Brille für den Konsumgütermarkt so funktionieren kann, dass die Endanwender sie akzeptieren. Schon wie das vom LBS projizierte Licht in das Brillenglas eingekoppelt wird, ist eine Wissenschaft für sich.


  1. AR-Brillen für den Massenmarkt
  2. Direct Coupling

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu elektroniknet

Weitere Artikel zu Vision und Augmented Reality