Systemdesign / Fachinterview embedded-KI

Von der Anwendung, über Algorithmen auf die Hardware

12. April 2019, 10:29 Uhr | Dr. Constantin Tomaras, Ressortredakteur für Systemdesign, DESIGN&ELEKTRONIK
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Fortsetzung des Artikels von Teil 6

Embedded-KI als Fortschritt

D&E: Den Anwendungsfall vorausschauende Wartung eines Motors, empfinde ich als ein relativ beherrschbares Szenario. Worin besteht der Mehrwert einer kleinen embedded-Plattform dazu?

FS: Je nach Anwendungsfall bietet der Einsatz einer embedded-Platform einen mehr oder weniger großen Vorteil. Ein Mehrwert besteht beispielsweise in der Möglichkeit, durch intelligente Algorithmen und Verarbeitung lokaler Daten, in bestimmten Situation sehr schnell reagieren zu können: ohne den zeitaufwändigen Umweg über eine Edge- und Cloud-Plattform mit hohen Latenzen. Dadurch kann eine erhebliche Reduktion der Reaktionszeit erreicht werden.

Ein weiterer Mehrwert besteht darin, nicht-direkt messbare Größen lokal zu berechnen und diese abgeleiteten, berechneten Größen zusätzlich in eine Cloud-Plattform zu schicken: das erhöht die Informationsausbeute eines lokalen Sensors. Für die Cloud-Plattform passiert dies alles transparent; dort stellt dies lediglich einen zusätzlichen (virtuellen) Sensor dar. Diesen Ansatz kennen Sie unter dem Stichpunkt Softsensorik. Durch intelligente Algorithmen können sich physikalische Modellbeschreibungen adaptiv an die lokalen Umweltbedingungen anpassen und somit die Genauigkeit zur Laufzeit immer weiter erhöhen. Dies passiert völlig lokal auf der embedded-Plattform und führt somit nicht zu einer Erhöhung der Komplexität des Gesamtsystems, wie bei einer geschlossenen Cloud-Berechnung.

Darüber hinaus bietet eine embedded-Plattform den Mehrwert, die Sensordaten direkt lokal in höchster Abtastrate zu verarbeiten. Unter dieser Verdichtung der Daten, kann die zu übertragende Datenmenge sehr stark reduziert werden und damit auch die Kosten für eine Cloud-Plattform. Die Verdichtung der Daten kann bis zu folgendem Beispiel reichen: eine intelligente Anomalieerkennung oder Change-Detection auf der embedded-Plattform analysiert die Sensordaten. Nur bei Änderungen oder bestimmten Zuständen wird diese Information inklusive der entsprechenden Rohdaten an die darüber liegende Plattform übertragen. Diese kann dann die eigentliche Planung, beispielsweise von Wartungsarbeiten oder globale Optimierung eines Fertigungsprozesses, durchführen.

DL: So eine embedded-Plattform ist für Retro-Installationen als ein universeller Anomalie-Detektor bzw. Fehlerindikator bestens geeignet. Der Installationsaufwand ist überschaubar, die Bedienung ist zielführend.

D&E: Wie aufwendig gestaltet sich die Skalierung oder Portierung solcher embedded-KI-Systeme auf Anwendungsebene: welche weiteren Anwendungen scheinen mit dem Werkzeugkasten für das Motorproblem beherrschbar, wie hoch wird der Anpassungsaufwand tatsächlich?

FS: Bezüglich der Portierung solcher embedded-KI-Systeme kann ich sagen, dass wir zurzeit an einer Bibliothek arbeiten, die für unterschiedliche Anwendungsszenarien geeignete KI-Algorithmen bereitstellt. Dadurch wird die Umsetzung und Implementierung solcher Algorithmen im industriellen Umfeld erleichtert und auch der Umfang der Anwendungsfälle weiter erweitert.

DL: Die beiden embedded Plattformen - COG und iCOMOX - sind für die Überwachung des Maschinenzustands, als auch für die Überwachung der strukturellen Integrität bestens geeignet. Die iCOMOX-Plattform beinhaltet vier verschiedene Sensormodalitäten. Im Idealfall soll die embedded-KI durch die entsprechende lokale Datenanalyse auch selbst entscheiden können, welche Sensoren für die jeweilige Applikation relevant sind und welche ANN-Topologie (Artificial Neuronal Networks) auch bestens dafür geeignet ist. Das bedeutet die intelligente Skalierbarkeit der Plattform. Momentan ist es immer noch der Fachexperte, der die Entscheidung darüber trifft, obwohl die von uns eingesetzte KI-Methode sich bereits mit einem geringen Aufwand für diverse CbM-Applikationen skalieren lässt.


- Herr Dr. Sawo, Herr Dr. Lukashevich vielen Dank für das Gespräch und Ihre Zeit! (ct)

 

Referenzen

[1] http://www.shiratech-solutions.com/wp-content/uploads/2019/02/Shiratech_ICOMOX.pdf
[2] https://www.analog.com/en/design-center/evaluation-hardware-and-software/evaluation-boards-kits/ev-cog-ad4050.html#eb-overview


  1. Von der Anwendung, über Algorithmen auf die Hardware
  2. Reaktionsfähigkeit & Hardware-Auswahl
  3. Implementierung
  4. Validierung & Verifikation
  5. System-Optimierung
  6. Hardware-Plattform | EV-COG-AD4050LZ / EV-GEAR-MEMS1Z
  7. Embedded-KI als Fortschritt

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