Viele Trennverstärker, die für Strommessungen ausgelegt sind, lassen dem Entwickler die Wahl zwischen den zwei linearen Eingangsspannungsbereichen ±50 mV und ±250 mV. Welcher Bereich der richtige für die jeweilige Anwendung ist, hängt von der Höhe des zu messenden Stroms und vom Messwiderstand ab. Generell gilt, dass Systeme mit hohen Strömen einen Trennverstärker mit einem kleineren Eingangsspannungsbereich benötigen. Für Systeme mit relativ niedrigen Strömen kann dagegen der größere 250-mV-Eingangsspannungsbereich die bessere Wahl sein, um so einen größeren Signal-Rauschabstand zu erzeugen.
Eingangsspannungsbereich festlegen
Dieser Schritt ist eine Abwägung. Auf der einen Seite soll der lineare Eingangsbereich des Verstärkers voll ausgenutzt werden, was sich durch einen hohen Messwiderstand erreichen lässt. Auf der anderen Seite soll die Temperaturdrift des Messwiderstands gering sein, um die Messung nicht zu verfälschen – dazu muss der Widerstandswert des Shunts unter einer gewissen Grenze bleiben. Dieser Punkt ist wichtig, da Messwider-stände ihren Widerstandswert entsprechend der Temperaturdrift-Angabe durch Eigenerwärmung verändern, sobald die Verlustleistung die Hälfte der Nennleistung des Widerstands erreicht. Hieraus wiederum resultiert ein Verstärkungsfehler. Damit die Eigenerwärmung nicht zu einer übermäßigen Drift des Messwiderstands führt, empfiehlt es sich oftmals, die tatsächliche Verlustleistung im Messwiderstand auf höchstens ein Achtel seiner Nennleistung zu begrenzen.
Mit welchem Wert für den Messwiderstand man am besten arbeitet, lässt sich mit dem ohmschen Gesetz (Formel 1) und der am Messwiderstand anfallenden Verlustleistung (Formel 2) abschätzen:
Beispielrechnung
Als Fallbeispiel soll der zu messende Strom nominell 18 A und maximal 52 A betragen. Als idealer Messwiderstandswert, bei dem die beiden möglichen Eingangsspannungsbereiche bei Maximalstrom voll ausgesteuert werden, ergibt sich nach Formel 1:
Die nächstgelegenen Standardwerte sind:
Nutzt man solche Widerstände, ist die Spannungsdifferenz am Messwiderstand etwas erhöht und fällt leicht außerhalb des linearen Eingangsspannungsbereichs:
In der Regel ist der Eingangsspannungsbereich bei Trennverstärkern etwas größer als ihr linearer Eingangsbereich. Für diesen Bereich, der bei ±250-mV-Bausteinen bis zu ±280 mV und bei ±50-mV-Versionen bis zu ±56 mV betragen kann, ist die Genauigkeit des Trennverstärkers im Datenblatt nicht angegeben. Die Ausgangsspannung ist hier aber ähnlich genau wie im linearen Bereich. Für manche Anwendungen mag es daher akzeptabel sein, wenn die Genauigkeitsanforderung beim maximalen Strom gegenüber den Messungen beim Nennstrom etwas gelockert werden.
Als nächstes wird mit den Standard-Widerstandswerten und dem Nennstrom die Verlustleistung im Messwiderstand berechnet. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Messwiderstand für eine Verlustleistung von 3 W ausgelegt ist.
Im Fall der ±50-mV-Berechnung liegt die anfallende Verlustleistung unter einem Achtel der spezifizierten Verlustleistung. Bei Messungen bis zur Höhe des Nennstroms ist keine signifikante Drift durch Eigenerwärmung zu erwarten. Bei der ±250-mV-Berechnung liegt die anfallende Verlustleistung bei mehr als der Hälfte des spezifizierten Wertes. Bei Messungen bis zum Nennstrom kann es durchaus zu einer nennenswerten Temperaturdrift kommen.
Um nicht auf den kleineren Eingangsspannungsbereich ausweichen zu müssen, können Kühlmaßnahmen für den Messwiderstand ergriffen werden: eine große Kühlflächen auf der Leiterplatte, passive Kühlkörper oder Lüfter. In Anwendungen mit sehr hohen Strömen lässt sich der Eingangsbereich maximieren, indem man das Eingangssignal mithilfe eines Operationsverstärkers an den Full-Scale-Eingangsbereich des Trennverstärkers anpasst [3].
In den meisten Anwendungen, in denen hohe nominelle Ströme zu messen sind, empfiehlt sich dagegen die Verwendung eines Trennverstärkers in der Art des AMC1302 oder AMC3302 von Texas Instruments mit dem kleineren Eingangsbereich von ±50 mV.
Als letzter Schritt muss sichergestellt sein, dass auch beim maximalen Strom die anfallende Verlustleistung die spezifizierte Nennleistung des Messwiderstands nicht übersteigt.
Damit liegt man 10 % unterhalb der spezifizierten Grenze.
Literatur
[1] Zertifikatsübersicht für Trennverstärker von Texas Instruments: https://www.ti.com/support-quality/certifications-and-standards/isolation-certifications.html
[2] Raghavendra, R.: Simplify your isolated current and voltage sensing designs with single-supply isolated amplifiers and ADCs. TI E2E Support-Forum, 26. Oktober 2020.
[3] Shunt-Based, 200A Peak Current Measurement Reference Design Using Isolation Amplifier. Technische Dokumentation TiDA-00445, Texas Instruments, März 2016.
Der Autor
Alex Smith
ist Applikationsingenieur in der Arbeitsgruppe für Präzisions-Analog-Digital-Umsetzer von Texas Instruments und hat sich auf Trennverstärker spezialisiert. An der University of Arkansas in Fayetteville studierte Smith Elektrotechnik (Electrical Engineering) und schloss mit dem B.Sc. ab.