Die hohen Datenraten in der Kommunikationstechnik stellen Entwickler vor echte Herausforderungen. Dass ein Hochleistungsoszilloskop für Design und Validierung unverzichtbar ist, wird schnell klar, aber dann: Echtzeit- oder Sampling-Oszilloskop? Experten von Keysight beleuchten die Unterschiede.
Von Joachim Vobis, Keysight Technologies
Heutige High-End-Kommunikationselektronik arbeitet oft mit Datenraten von einigen Gbaud bis über 50 Gbaud. Das gilt für industrielle Elektronik wie für Consumergeräte gleichermaßen. Die physikalischen Eigenschaften von Halbleitern, Leiterplatten, Kabeln und anderen Bauteilen machen es schwer, ein Gerät zu konstruieren, das mit der gewünschten niedrigen Bit- bzw. Symbolfehlerrate (BER oder SER) arbeitet. Während ein Messgerät für die Bitfehler- oder Symbolfehlerrate die Qualität einer digitalen Verbindung über alles misst, liefert ein Oszilloskop Einblick in die Details eines Signals und erlaubt so dem Ingenieur festzustellen, an welcher Stelle des Designs er Veränderungen vornehmen muss, um eine Verbesserung der Übertragung zu erreichen.
Praktisch alle Hochleistungsoszilloskope…
…arbeiten nach einem von zwei Bauprinzipien: Echtzeitoszilloskop und Äquivalentzeitoszilloskop (auch Sampling-Oszilloskop genannt). Beide gibt es in Bandbreiten von einigen GHz bis etlichen zig GHz. Ihr Preis pro GHz unterscheidet sich allerdings erheblich.
Warum also nicht einfach das Gerät kaufen, das die meisten GHz fürs Geld bietet?
Obwohl viele Anwender primär an die Bandbreite denken, ist diese doch nur eines der wesentlichen Kriterien, die man für eine bestimmte Aufgabe beachten muss. Das primäre Ziel eines Oszilloskops ist, seinem Anwender Einblick in die Funktion eines Testobjekts zu verschaffen. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie die unterschiedlichen Aspekte der Leistung eines Oszilloskops die Genauigkeit der Messergebnisse beeinflussen und wie diese den Ingenieur zu richtigen oder falschen Schlüssen bringen.
Über den Daumen gepeilt kosten Sampling-Oszilloskope pro GHz Bandbreite…
...etwa halb so viel wie Echtzeitoszilloskope. Anders herum gesehen erhält man fürs gleiche Geld bei einem Sampling-Oszilloskop doppelt so viel Bandbreite (oder sogar mehr) wie mit einem Echtzeitoszilloskop.
Der Grund für diesen Preisunterschied…
...liegt im Aufbau der Geräte, in der Art, wie sie ihre Daten erfassen. Beide Funktionsprinzipien haben ihre Stärken und ihre Grenzen. Für manche Anwendungen kann man beide Oszilloskoptypen einsetzen, für manche Anwendungen aber muss man einen bestimmten Oszilloskoptyp einsetzen, der Natur des zu messenden Signals wegen.
Die gravierendsten Unterschiede im Überblick:
Kriterien | Echtzeit-Oszilloskop | Sampling-Oszilloskop |
Natur des zu messenden Signals | einmalig oder periodisch | periodisch für Jitter- oder Interferenzmessungen |
Augendiagramm-Messungen an nichtperiodischen Datenströmen möglich | ||
Externer Takt/Trigger | nicht erforderlich (kann mit Taktrückgewinnung per Software arbeiten) | Takt/Trigger aus dem Testobjekt erforderlich (wahlweise Taktrückgewinnung per Hardware möglich) |
Eigenrauschen | einige Millivolt | weniger als 1 Millivolt |
Auflösung des A/D-Wandlers | weniger Bits | mehr Bits |
Wiedergabetreue der Kurvenform | sehr gut | ausgezeichnet |
Speichertiefe | GSamples/Messkurve | MSamples/Messkurve |
Einzelereignisse und Glitches | können erfasst werden | können nicht erfasst werden |
elektrische Signale | bis zu 4 Kanäle | bis zu 16 Kanäle |
optische Signale | 1 (mit externer O/E-Umsetzung) | bis zu 32 Kanäle |
TDR/S-Parameter | nicht verfügbar | bis zu 16 Kanäle |
Bauform | fest (aufrüstbar) | modular oder kompakt |
Konformitätstest | viele Standards | einige Standards |
Traditionell setzt man Echtzeitoszilloskope…
…zum Messen serieller Übertragungsstandards wie etwa PCI Express oder USB ein. Mittlerweile verfügen Echtzeitoszilloskope über Bandbreiten über 60 GHz, daher verwendet man sie oft zur Analyse von Signalen, wie man sie in Hochgeschwindigkeitsanwendungen wie etwa Ethernet oder OIF-CEI findet.
Sie tasten das Eingangssignal im Bereich von GSa/s ab (im Vergleich zu kSa/s bei Sampling-Oszilloskopen).
Wenn es darum geht, einen seltenen Glitch zu erfassen, wie er beispielsweise durch defekte Halbleiter oder Softwarefehler verursacht werden kann, sind sie dafür das ideale Werkzeug.
Sampling-Oszilloskope hingegen…
…sind seit langem Werkzeug der Wahl für Entwicklungsingenieure, deren Hauptaugenmerk die Signaltreue ist. Mit der hohen Bandbreite des Sampling-Oszilloskops, seinem niedrigen Eigenrauschen und seinem niedrigen Eigenjitter kann man schnelle FPGAs/ASICs charakterisieren oder Kommunikationssignale analysieren, wie sie etwa zwischen einem Server und einem Switch in einem Rechenzentrum oder zwischen Routern im Internet laufen.