Viele Produkthersteller stehen nunvor dem Problem, dass sie sich in der Vergangenheit eher weniger um den zusätzlichen Aufwand der Konformitätsbewertung nach Funkanlagenrichtlinie gekümmert haben. Selbst heute noch werden Funkeinrichtungen eingebaut oder deren Einbau vorgesehen, ohne dass es in den Unternehmen festgelegte Verfahren gibt, wie die implementierte Funktechnologie zu behandeln ist.
Klassisch werden zur Konformitätsbewertung z.B. die Maschinenrichtlinie in Verbindung mit der EMV- und der Niederspannungsrichtlinie herangezogen. Oder, je nach Produktart, nur die EMV- und Niederspannungsrichtlinie. Eine zusätzlich integrierte Funkschnittstelle wird häufig als reines Zukaufteil angesehen und entsprechend nachrangig behandelt.
Die deutschen Industrieverbände VDMA und ZVEI haben mit Gültigkeit der Funkanlagenrichtline entsprechende Leitfäden herausgebracht, die anschaulich die Problematik beschreiben. Der aktuelle Leitfaden des ZVEI zu Beleuchtungsprodukten ist eine gute Lektüre zu diesem Thema.
Im Wesentlichen zielen die Industrieleitfäden auf die auch im offiziellen Leitfaden zur Funkanlagenrichtlinie getroffene Fallunterscheidung des permanenten oder nicht permanenten Einbaus ab. Darin wird die Kombination aus Funkeinrichtung und Nicht-Funkprodukt nur dann zu einer Funkanlage, wenn eine Funkeinrichtung in das Nicht-Funkprodukt integriert und dauerhaft am oder im Nicht-Funkprodukt befestigt ist. Ist das nicht der Fall, gelten die Funkeinrichtung und das Nicht-Funkprodukt als separate Endprodukte und nur die Funkeinrichtung unterliegt der Funkanlagenrichtlinie.
Der letztere Weg, Funkeinrichtungen als „nicht permanent eingebaut“ oder als Zukaufteile mit dann voller Verantwortung des späteren Installateurs oder Betreibers zu deklarieren, geht unseres Erachtens an den Schutzzielen der Richtlinien komplett vorbei und ist nicht zu empfehlen. Zumal bei daraus möglicherweise entstehenden Produkthaftungsfällen immer das Produkt des Herstellers im Vordergrund steht und nicht z. B. der später montierte GPS-Empfänger. Formal mag ein derartiges Vorgehen zwar vom Hersteller des Produktes als angemessen eingestuft werden, und er ist gerichtlich möglicherweise schwer belangbar, aber der Imageschaden kann durchaus beachtlich sein. So könnte sich z.B. ein vom nachträglich eingebauten GPS-System fehlgeleitetes Fahrzeug im Garten eines Wohnhauses wiederfinden. Erwartungsgemäß wird dann ein Bild des üblicherweise gut einem Hersteller zuzuordnenden Fahrzeugs weite Verbreitung in den Medien finden.
Dieses Vorgehen ist zwar durch die entsprechenden Dokumente abgedeckt, aber gerade die weichen Beschreibungen „nicht leicht zugänglich“ oder „nicht leicht zu entfernen“, werden sicherlich bei einer möglichen gerichtlichen Auseinandersetzung in einem Produkthaftungsfall für die eine oder andere Überraschung sorgen.
Für den Fall, dass die Funkeinrichtung zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens auf dem EU-Markt fest und dauerhaft in ein Produkt eingebaut ist, d. h. so, dass sie nicht leicht zugänglich und leicht zu entfernen ist, wird dieses Produkt als ein einzelnes Produkt angesehen, ist also eine Funkanlage im Sinne der Funkanlagenrichtlinie. Eine weitere Möglichkeit einer getrennten Konformitätsbewertung von Produkt und Funkeinrichtung wird in einem vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) als Hilfestellung herausgegebenen Leitfaden EG 203 367 eröffnet.