EMV- und Funkanlagenrichtlinie

Herausforderung Combined Equipment

20. Dezember 2021, 10:54 Uhr | Nicole Wörner
Konformitätsbewertungsmethoden für Funkanlagen
© EMC Test NRW

Combined Equipment – dieser Begriff birgt hinsichtlich der EMV- und Funkanlagenrichtlinie einige Stolpersteine, die Entwickler auf der Rechnung haben sollten. Welche das sind und warum Ladestationen eigentlich Funkgeräte mit Fahrzeugladefunktion sind, erläutern die Experten von EMC Test NRW.

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Von: Andreas Grünwaldt und Jörg Bärenfänger, EMC Test NRW

Trends und Schlagworte wie CASE (Connected, Autonomous, Shared, Electric), Industrie 4.0, Digitalisierung, 5G und nicht zuletzt der Klimawandel und die zwingend erforderliche Verringerung des weltweiten CO2-Ausstoßes treiben die Entwicklungen aller Industriebereiche schnell voran. Damit verbunden ist der Zwang zur Kommunikation zwischen allen Produkten. Fahrzeuge müssen untereinander und mit ihrer Umwelt kommunizieren (V2V, V2G), industrielle Produkte geben ihre Betriebsdaten an übergeordnete Stellen im Unternehmen oder ihre Hersteller weiter. Und auch die Energieversorgungsnetze müssen – durch die zu erwartende Elektrifizierung des Fahrzeugbestandes und der damit verbundenen steigenden Anforderung an ein dezentrales Energiemanagement – intelligenter und effizienter gesteuert werden.

All diese Kommunikationen haben eins gemein: Die zeitnahen und stetig verfügbaren Datenflüsse nutzen als Kommunikationsweg fast ausschließlich funkbasierte Technologien, denn nur damit kann die erforderliche Vernetzung einfach und kostengünstig erfolgen. Während wir uns im privaten Umfeld schon an alle möglichen kabellosen Kommunikationsformen gewöhnt haben (WLAN, Bluetooth, Zigbee, …), setzen sich diese immer stärker und schneller auch in industriellen Anwendungen durch. Gefühlt gibt es mittlerweile kein elektrotechnisches Produkt mehr, das nicht „nach Hause telefonieren“ kann.

Anforderungen der CE-Kennzeichnung

Mit Blick auf die CE-Kennzeichnung in Europa stellen wir nachfolgend einen Überblick möglicher Herangehensweisen vor. Stellvertretend für Produkte mit funkbasierter Kommunikation zeigen wir am Beispiel einer Fahrzeug-Ladestation richtlinienkonforme Vorgehensweisen. Natürlich gilt diese auch für alle Produkte, die Funktechnologien nutzen.

Die anzuwendende Funkanlagen-Richtlinie 2014/53/EU (FuARL/RED) legt einen Regelungsrahmen für die Bereitstellung auf dem EU-Markt und die Inbetriebnahme von Funkanlagen fest. Als Begründung der Umsetzung der Funkanlagenrichtlinie in Europa ist neben 74 (!) weiteren Gründen folgender genannt:

„(6) Wenn Geräte zum Zweck der Kommunikation oder der Ortung bestimmungsgemäß Funkwellen ausstrahlen oder empfangen, dann liegt eine systematische Nutzung von Funkfrequenzen vor. Damit die Funkfrequenzen effizient genutzt und keine funktechnischen Störungen verursacht werden, sollten sämtliche derartigen Geräte von dieser Richtlinie erfasst werden.“

Der Begriff „Funkanlage“

Im Artikel 2 ist der Begriff der Funkanlage eindeutig beschrieben: „Ist… ‚Funkanlage‘ ein elektrisches oder elektronisches Erzeugnis, das zum Zweck der Funkkommunikation und/oder der Funkortung bestimmungsgemäß Funkwellen ausstrahlt und/oder empfängt, oder ein elektrisches oder elektronisches Erzeugnis, das Zubehör, etwa eine Antenne, benötigt, damit es zum Zweck der Funkkommunikation und/oder der Funkortung bestimmungsgemäß Funkwellen ausstrahlen und/oder empfangen kann;…“.

Damit kann eine Ladestation, die über einen RFID-Kartenleser oder ein WLAN-Modul zur Kommunikation verfügt auf den ersten Blick als Funkgerät mit Fahrzeugladefunktion bezeichnet werden.

Weil die Funkanlagenrichtline im europäischen Regulierungsrahmen (NLF: New legislative framework) eine vertikale Richtlinie darstellt, definiert sie als wesentliche Anforderungen im Artikel 3 neben den funktechnischen Anforderungen auch Anforderungen an den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Menschen und Tieren, sowie ein angemessenes Niveau an elektromagnetischer Verträglichkeit. Damit „übernimmt“ die Funkanlagenrichtlinie die Aufgaben der Niederspannungsrichtline 2014/30/EU (NSR) und auch der EMV-Richtline 2014/30/EU (EMVRL). Im Falle der Niederspannungsrichtlinie mit Wegfall der unteren Spannungsgrenzen. Zusätzlich können noch weitere Richtlinien Anwendung finden, sie müssen dann neben der Funkanlagenrichtlinie in der EU-Konformitätserklärung berücksichtigt werden.

Konformitätsbewertungsmethoden für kombinierte Geräte (Combined Equipment)
Konformitätsbewertungsmethoden für kombinierte Geräte (Combined Equipment)
© EMC Test NRW

  1. Herausforderung Combined Equipment
  2. Integrationstiefe der Funkeinrichtungen
  3. Umsetzung von EU-Richtlinien in Unternehmen
  4. Darauf kommt es jetzt an

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