Schutz von Flughäfen

Drohne holt Drohne im Netz vom Himmel

1. Februar 2023, 7:44 Uhr | Heinz Arnold
Die Abfangdrohne hat die illegale Drohne im Netz eingefangen. 
© Frequentis

Unautorisierte Drohnen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit sicher vom Himmel zu holen – das gelingt Abfangdrohnen mit Hilfe von Netzen.

Diese »FALKE«-Abfangdrohne ist mit zwei Abschusseinrichtungen ausgerüstet, von denen aus sie Netze auf gegnerische Drohnen abschießt, um sie dann sicher auf den Boden zu bringen. Das geschieht, ohne die eingefangene Drohne zu beschädigen – sie kann dann später untersucht werden. Bis zu 20 m weit kann die 18 kg schwere »FALKE«-Abwehrdrohne ihre 3 m x 3m großen Netze verschießen. 

Dabei muss es sich nicht gleich um einen ernsthaften Drohnenangriff handeln. Wenn Kleindrohnen unbefugt über Flugplätzen auftauchen, können die Triebwerke von Verkehrsflugzeugen sie schnell einsaugen. Schwere Unfälle wären die Folge. Solche Vorfälle können Flugplätze schon einmal für drei Tage lahmlegen, wie 2018 in Gatwick geschehen. Doch auch ein Ausfall von Stunden führt zu hohen wirtschaftlichen Schäden. 

Dieses Szenario soll das Drohnenabwehrsystem »FALKE« (kurz für »Fähigkeit des Abfangens von in gesperrte Lufträume eindringenden Kleinfluggeräten durch zivile Einsatzmittel«) verhindern. Die Abschusseinrichtungen für die Netze funktionieren ausschließlich mit Druckluft, nicht mit Explosionsmunition, weshalb die FALKE-Drohnen in Umgebungen Einsatz finden können, in denen Explosionsgefahr besteht.

Wie viele Drohnen-Vorfälle gibt es an Flughäfen?

Dass Drohnen in Flughäfen auftauchen, kommt gar nicht so selten vor. 153 Vorfälle gab es in Deutschland im vergangenen Jahr. Deshalb hat die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (HSU) zusammen mit Industriepartnern im Rahmen des Projekts »FALKE« das Drohnenabwehrsystem auf Basis der Netze entwickelt.  

Es geht hier vor allem um den zivilen Schutz. Deshalb kommen militärische Abschusseinrichtungen nicht in Frage. Denn das Abwehrsystem wurde für die Bundespolizei entwickelt, um angemessen und mit sicheren Mitteln auf Drohnen reagieren zu können, die unbefugt in für Drohnen gesperrte Gebiete wie Flughäfen eindringen. »Dabei darf die Polizei aber nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen«, sagte Dr. Ralf Heynicke, wissenschaftlicher Laborleiter an der Professur für Elektrische Messtechnik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, der für das Projekt zuständig ist.

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Die illegale Drohne wurde im Netz eingefangen und sicher am Boden abgelegt.
Die illegale Drohne wurde im Netz eingefangen und sicher am Boden abgelegt.
© Frequentis

Es gibt aber auch durchaus ernsthafte Bedrohungen. So sind an den Orten, an denen in Deutschland ukrainische Soldaten ausgebildet werden, vermehrt Drohnen gesichtet worden. Kein Wunder, dass sich auch die Bundeswehr für das System interessiert.  

Für die Abwehr von konkreten Gefahren an Flughäfen sind grundsätzlich die Polizeien der Länder originär zuständig. An 13 Flughäfen nimmt die Bundespolizei die Luftsicherheitsaufgaben wahr und ist insbesondere für die Überwachung des gesamten Flugplatzgeländes und der Schutzmaßnahmen bei besonders gefährdeten Flügen und Luftfahrtunternehmen zuständig.

Eine große Herausforderung für die Konstrukteure von »FALKE« war das »Incident Management«. Auf den Flughäfen haben Behörden wie die Deutsche Flugsicherung, die Bundespolizei und der Flughafenbetreiber genau abgegrenzte Kompetenzen. Innerhalb von Augenblicken können die Zuständigkeiten beim Eindringen einer illegal operierenden Drohne wechseln. Die österreichische Firma Frequentis entwickelte einen elektronischen Ablauf, der die gesamte Alarmkette umfasst und alle Vorgänge und technischen Abläufe gerichtsfest protokolliert. 

Die Abfangdrohne arbeitet mit KI

Die Abfangdrohne schießt ihre Netze auf die illegale Drohne.
Die Abfangdrohne schießt ihre Netze auf die illegale Drohne.
© HSU/Bettina Solzbacher

Ist eine unauthorisierte Drohne erkannt worden, wird sie die »FALKE«-Drohne, auch »Counter Unmanned Air System« (CUAS) genannt, sicher vom Himmel holen. Den Einsatz von CUAS steuert ein KI-System. Das soll es den Behörden zu jeder Tag- und Nachtzeit ermöglichen, einen hochdynamischen Abfangvorgang automatisiert durchzuführen. Die Verantwortung bleibt jedoch uneingeschränkt beim leitenden Bundesbeamten vor Ort. Er überwacht permanent den automatisierten Abfangvorgang des CUAS und kann diesen jederzeit kontrolliert abbrechen. Ist die Gefahr vorüber, kann schnellstmöglich in einer gemeinsamen Lageabstimmung zwischen den Verantwortlichen am Flughafen die Wiederaufnahme des Flugverkehrs abgestimmt werden.

Der Flughafen Hamburg stellte im Rahmen des Projekts sein Betriebsgelände für Feldtests zur Verfügung. So konnte der Drohnen-Abfangprozess unter möglichst realistischen Bedingungen in einer komplexen Testumgebung erprobt werden: von der Detektion der Drohne über die Verifizierung als potenzielle Gefahr bis hin zum abschließenden Abfangen. Die Projekt-Erkenntnisse sollen dazu dienen, die durch Drohnen entstehenden Risiken im Verantwortungsbereich eines Flughafenbetreibers zukünftig weiter zu minimieren

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat das Projekt »FALKE« mit rund 1,8 Millionen Euro gefördert. Projektpartner sind die Bundespolizei, DFS Deutsche Flugsicherung, Deutsche Lufthansa, Flughafen Hamburg, Frequentis Comsoft, Hensoldt Avionics und Hensoldt Sensors. Assoziiert sind ferner die Behörde für Wirtschaft und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg (BWI) und der National Coordinator for Security and Counterterrorism of the Ministry of Justice and Security of the Netherlands (NTCV).


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