Die Bedeutung von Ingenieuren der Elektrotechnik

Berufsbilder und Veränderungen bis 2015

18. Januar 2011, 14:53 Uhr | Von Dr.-Ing. Michael Schanz und Dr. Frank Stefan Becker / Jens Würtenberg, Elektronik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Branchen, Tätigkeitsfelder und Unternehmenstyp

Präsenz in breitem Branchenspektrum

Neben dem technischen Gebiet, in dem Elektroingenieure arbeiten, sind es das Tätigkeitsfeld, die Branche, aber auch der Unternehmenstyp, die das Berufsbild von Elektroingenieuren kennzeichnen.

Die Elektrobranche nimmt die meisten Elektroingenieure nach ihrem Studium auf. Immerhin wählen 17 Prozent der Berufseinsteiger eine Stelle als Doktorand an Hochschulen oder Forschungsinstituten. Ähnlich wie Software- bzw. IT-Experten als Dienstleister in allen möglichen Unternehmen tätig sind, so sind Elektroingenieure in einer Reihe von weiteren Branchen tätig – Tendenz steigend.

Verteilung von Berufseinsteigern
Bild 5. Verteilung von Berufseinsteigern über die Branchen, je nach Vertiefungsrichtung im Studium.
© VDE

Dies untermauert auch einen generellen Trend, der nunmehr seit rund 20 Jahren besteht und auf absehbare Zeit weitergeht: der wachsende Ingenieuranteil in den Unternehmen – insbesondere in den für Ingenieure traditionellen Branchen. Der VDE hat ebenso eine breite Verteilung von Elektroingenieuren mit demselben Vertiefungsgebiet über die Branchen festgestellt (Bild 5).

Beim Unternehmenstyp unterscheidet man beispielsweise zwischen öffentlichem Dienst oder Hochschule und einem Unternehmen der freien Wirtschaft. Auch die Unternehmensgröße ist ein Merkmal des Berufsbildes: Zum Image von kleinen und mittleren Unternehmen zählen Elektroingenieure mehr Flexibilität, einfachere Unternehmensstrukturen und stärkeres Mitspracherecht. Das Image von großen Unternehmen wird eher durch bessere Karriere-Entwicklungsmöglichkeiten, internationaleres Arbeiten, stabile Arbeitsplätze, höhere Gehälter und die höhere Arbeitsteiligkeit bestimmt. Obwohl die überwiegende Mehrheit von 61 Prozent in Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern beschäftigt ist, fänden 66 Prozent der Befragten ein KMU als Arbeitgeber reizvoller.

Tätigkeitsfeld als entscheidendes Berufsmerkmal

Das Berufsmerkmal, welches die Arbeit und das Tagesgeschäft von Ingenieuren am meisten bestimmt, ist das Tätigkeitsfeld. Der VDE fragt regelmäßig die Verteilung von beschäftigten Elektroingenieuren über die Tätigkeitsfelder ab. Die gewählte Einteilung und die Begriffe beruhen auf einem Konsens von Vertretern verschiedener großer Unternehmen. Diese sind in den Unternehmen zwar ähnlich, aber selten identisch. Je kleiner die Unternehmen, desto stärker ist die Zusammenlegung der Tätigkeitsfelder. Das klassische Einsatzgebiet für Elektroingenieure in den ersten Berufsjahren ist die Forschung/Entwicklung an Hochschulen und Forschungsinstituten.

Insbesondere der wachsende Anteil von Ingenieuren im Vertrieb spiegelt die steigende Komplexität heutiger Systeme wider – ein Trend, der wohl noch etliche Jahre anhalten wird.

Überragender Platz von F&E in den ersten Berufsjahren

Die deutsche Wirtschaft benötigt und beschäftigt Elektroingenieure mit theoretischen als auch mit eher praxisorientierten Ausbildungsschwerpunkten. Das Verhältnis von Fachhochschulabsolventen zu Universitätsabsolventen beträgt rund 3:2 und ist über die verschiedenen Tätigkeitsfelder derart verteilt, dass sich teilweise typische Bereiche für Universitätsabsolventen (Forschung/Entwicklung) oder Fachhochschulabsolventen (Planung/Projektierung, Produktion/Montage und Qualitätssicherung) hervorheben. In anderen Tätigkeitsfeldern wie Marketing/Vertrieb, Produktplanung/Engineering oder bei den IT- und anderen Dienstleistungen findet man hingegen keine Präferenz der Unternehmen für den Typ des Hochschulabschlusses. Der VDE erwartet, dass sich 2015 eine ähnliche Aufteilung für Bachelor- und Masterabschlüsse ergibt.

Einstiegsgehälter in Unternehmen

Das mittlere Einstiegsgehalt für Elektroingenieure liegt derzeit bei rund 42 000 Euro. Wenn sich der Trend der letzen fünf Jahre fortsetzt, dürften Elektroingenieure im Jahr 2015 mit einem mittleren Einstiegsgehalt um die 48 000 Euro pro Jahr rechnen. Das individuelle Einstiegsgehalt hängt allerdings von etlichen Faktoren ab.
Am größten fällt der Unterschied im Einstiegsgehalt beim Abschluss mit einer Promotion aus (+25 Prozent gegenüber Universitätsabschluss). Man muss natürlich beachten, dass es sich um Experten handelt, die bereits drei bis fünf Jahre mehr fachliche und auch berufliche Erfahrung aufweisen als Universitätsabsolventen. Ein Fachhochschulabsolvent liegt im Mittel 6 Prozent unterhalb eines Absolventen mit Universitätsabschluss. Zukünftig dürften diese Unterschiede auch bei den Abschlüssen Bachelor, Master und Dr.-Ing. bestehen bleiben. Größere Differenzen im Einstiegsgehalt liegen auch bei der Unternehmensgröße (+12 Prozent gegenüber dem Mittelwert). Aber auch Region und Branche bedeuten Unterschiede beim Einstiegsgehalt. In der Chemie-, der Energie- und der Automobilbranche erzielen Berufseinsteiger die höchsten Gehälter.

Elektroingenieurinnen

Förderprogramme und Angebote zur „Work Life Balance“

17 Prozent der kürzlich vom VDE befragten Unternehmen und 70 Prozent der Hochschulen (als Arbeitgeber) bieten mittlerweile Förderprogramme für Frauen. Dabei stehen Mentoring und Karriereberatung an erster Stelle. Je kleiner die Unternehmen, um so weniger sind entsprechende Programme im Angebot. Ein knappes Drittel der Institutionen ergreift bei Bedarf Wiedereingliederungsmaßnahmen nach einer Auszeit. In der Rangfolge der bevorzugten Maßnahmen sind dies Fortbildungen, Coaching und Mentoring. Bei Wiedereingliederungsmaßnahmen sind die Unternehmen etwas aktiver als die Hochschulen, ebenfalls abhängig von der Größe. Jedes zweite Großunternehmen bietet Entsprechendes.

Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt heutzutage eine große Rolle. Die meisten der befragten Institutionen bieten dergleichen an. Meist werden flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten, etwas seltener Teilzeitmodelle geboten. Angebote für Home-Office-Arbeitsplätze, Betriebskindergarten und Zuschüsse für Kindergarten/Tagesmutter sind dagegen weniger häufig, aber mit steigender Tendenz vorhanden. Dabei sind die Hochschulen insgesamt kinderfreundlicher als die Unternehmen. Auch hier spielt bei den Unternehmen die Größe eine Rolle: 30 Prozent der Großunternehmen leisten sich mittlerweile Kindergärten.
Auf der Webseite des VDE www.vde.com im Bereich Karriere können Berichte zu aktuellen Berufsbildern unter „Ingenieurpraxis“ heruntergeladen werden. Außerdem werden entsprechende Artikel im VDE-Jahrbuch „Arbeitsmarkt Elektrotechnik und Informationstechnik“ veröffentlicht.

 

Die Autoren:

Frank Stefan Becker
hat in Karlsruhe Physik studiert und war anschließend Promotionsstipendiat der Max-Planck-Gesellschaft und promovierte mit einer Arbeit zur Isotopentrennung mit Lasern an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1981 trat er in den Zentralbereich Forschung und Entwicklung der Siemens AG ein, anschließend übernahm er Aufgaben im Projektmanagement und war Pressesprecher der Bereiches Halbleiter; Investor Relations und Unternehmenskommunikation (Umwelt-schutz). Ab 2003 leitete er in der Siemens Personalabteilung das Referat Bildungspolitik Hochschulen, seit 2005 ist er in der Siemens-Unternehmenskommunikation zuständig für das Unternehmensprogramm „Siemens Gene-ration21 Hochschule“. Er zeichnet verantwort-lich für Themen wie Ingenieurausbildung, Anforderungen an Absolventen, Reform der Studiengänge (Bachelor/Master) und verfasst Fachartikel zu Bildungsthemen.

frank-stefan.becker@siemens.com


Dr. Michael Schanz
war nach Abschluss seines Studiums der Elektrotechnik an der Gerhard Mercator Universität Duisburg ab 1992 zunächst als wissenschaftlicher Angestellter am Fraun-hofer-Institut für Mikroelektronische Schal-tungen und Systeme in Duisburg tätig und leitete dort mehrere Forschungs- und Ent-wicklungsprojekte im Bereich integrierter optischer Sensoren und analoger Schaltungstechnik. 1999 wurde er zum Dr.-Ing. promoviert. Seit Oktober 1999 ist er Referent des Vorstandes beim Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik, VDE in Frankfurt am Main. Seit 2005 leitet er dort die Geschäftsstellen der Fachausschüsse „Inge-nieurausbildung“, „Beruf-Gesellschaft-Technik“ sowie „Geschichte der Elektrotechnik“. Er hält mehrere Patente und wurde mit mehreren Forschungspreisen ausgezeichnet, u.a. als jüngster Wissenschaftler mit dem „Philip-Morris-Forschungspreis 1999“. michael.schanz@vde.com

michael.schanz@vde.com



  1. Berufsbilder und Veränderungen bis 2015
  2. Mitarbeiterentwicklung und Karrierepfade
  3. Branchen, Tätigkeitsfelder und Unternehmenstyp

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