Schon im letzten Jahr gab es Gerüchte, das iPhone 5S könnte möglicherweise auch Qualcomms 9625-Modem mit Träger-Aggregation einsetzen. Das legitime Argument gegen dieses Gerücht war, dass zu dieser Zeit noch kein Mobilfunk-Provider Träger-Aggregation eingesetzt hat, um die Vorteile dieser fortschrittlichen Technologie zu nutzen. Dies hat sich nun geändert, da jeder der vier großen Mobilfunk-Provider in den USA (dem relevantesten Markt für Apple neben China) Träger-Aggregation ausrollt. Verizon nennt es XLTE, T-Mobile nennt es Breitband-LTE, Sprint nennt es Spark, und AT&T hat keinen Namen dafür gefunden, aber Ende des Jahres soll der Rollout abgeschlossen sein.
Als Qualcomm das in einem 28-nm-Prozess gefertigte Modem MDM9625 ankündigte, war Stand der Dinge ein zugehöriger Transceiver mit der Bezeichnung WTR1605L. Damit das MDM9625 jedoch volle Träger-Aggregation unterstützen kann, ist ein neuerer Transceiver mit der Bezeichnung WTR1625L in Kombination mit dem Receiver WFR1620 erforderlich, die beide in einem 65-nm-HF-CMOS-Prozess gefertigt werden. Das Ketegorie-4-LTE-Modem unterstützt 150 Mbit/s im Downlink, was 50 % schneller ist als das MDM9615 im iPhone 5S, 5C und 5.
Der 1625L kann jede Band-Kombination auf dem Markt unterstützen. Es wird interessant sein, zu sehen, wie viele Modelle des iPhone 6 erforderlich sind, um alle Provider in den von Apple belieferten Ländern zu unterstützen. Es scheint unwahrscheinlich, dass man in der Lage sein wird, alles mit einer Version zu erschlagen, dies wird wohl noch zwei oder drei Generationen dauern. Eine Werbung der China Telecom legt nahe, dass es zumindest ein umfassendes Modell für alle chinesischen Provider geben wird. Als Leistungsverstärker dürfte ein neues Multimode-Multiband-Modul von Skyworks zum Einsatz kommen, das ebenfalls zahlreiche Bänder unterstützt.
Natürlich gibt es auch Gerüchte, das iPhone 6 würde sogar Qualcomms neueste Errungenschaft, das in 20 nm gefertigte Modem MDM9635 einsetzen. Dies macht keinen Sinn, solange LTE Kat. 6 mit 300 Mbit/s Downlink-Geschwindigkeit nicht von den Telekom-Providern unterstützt wird. Ein iPhone nur für den Leuchtturm-Markt Südkorea zu bauen, kann nicht wirtschaftlich sein.
Andere jüngste Fortschritte von Qualcomm betreffen den Transceiver WTR3925, der die Funktionalität des WTR1625L und WFR1620 in einem einzigen Chip integriert und in einem 28-nm-Prozess gefertigt wird. Dadurch werden natürlich erhebliche Einsparungen beim Leiterplattenplatz und Stromaufnahme erzielt, aber vermutlich verhindert eine Kombination von Volumen-Verfügbarkeit, Preis und Time-to-Market, dass Apple schon jetzt dieses Design einsetzen kann. Der WTR3925 ist nur ein Teil von dem, was Qualcomm "RF360"-Satz von HF-Front-End-Lösungen nennt. In dieser Serie sind auch der QFE11xx-Envelope-Tracker, der QFE15xx für eine dynamische Antennenanpassung (er soll z.B. einen Impedanz-Wechsel bedingt durch die Art der Gerätebenutzung kompensieren), der QFE23xx-Leistungsverstärker und Antennenswitch-Modul sowie der QFE27xx, der den QFE23xx mit Filtern und Duplexern in dem gleichen Modul integriert, enthalten.
Apples Konkurrenten HTC und Samsung haben einen Teil dieser Lösungen implementiert, wobei Samsung einen QFE11xx im Galaxy S5 und HTC einen QFE15xx im HTC One M8 einsetzt. ZTE beabsichtigt, den QFE23xx-Leistungsverstärker zu verwenden. Beim Samsung Galaxy Alpha/S5 Prime soll gerüchteweise das 9635-Modem eingebaut werden, was einen Transceiver WTR3925L erzwingen würde. Von allen Optionen des RF360-Sets glauben wir, dass Apple einen Envelope-Tracker QFE11xx einsetzen wird, um die Versorgungsspannung der Leistungsverstärker auf der Basis der Amplitude der Wellenform dynamisch anpassen zu können, was Energie spart. Der Mangel an anderen Qualcomm-Komponenten ist nicht unbedingt beunruhigend, da Apple dazu neigt, Leistungsverstärker, Filter, Switches, Duplexer und Antennenschalter von rennomierten Anbietern wie Skyworks, Avago, Murata, TriQuint und RF Micro Devices zu verwenden.
In Zukunft sollte die weitere Verwendung der neuesten Lösungen von Qualcomm nicht selbstverständlich sein. Apple hat vor kurzem Basisband-Entwickler von Broadcom eingestellt, was dazu führen könnte, dass eine eigene Basisband-Lösung entwickelt wird. Eine mildere Interpretation könnte sein, dass sie einfach mehr Know-how in diesem Bereich entwickeln oder ihr Patent-Portfolio erweitern wollen, um mehr Munition in Patentstreitigkeiten für Wireless-Kommunikation zu haben. Angesichts der Tatsache, dass Apple immer nach einer Diversifizierung seiner Lieferanten strebt, um Abhängigkeiten zu reduzieren, dürfte man auch anstreben, nicht für immer von Qualcomm abhängig zu bleiben - genau das ist nämlich gegenwärtig der Fall.
Elektroniknet-Prognose: LTE-Modem MDM9625 Cat. 4, Transceiver WTR1625L, Receiver WFR1620 (Hersteller von allen Komponenten Qualcomm)