Imagination stellt die Ur-6-Familie im Januar 2010 zur Lizenzierung zur Verfügung. Darauf folge 6 Monate später die G6x30-Serie, die auf Rechenleistung und nicht auf Siliziumfläche optimiert wurde und eine bessere Kompressionstechnologie zusätzlich zu mehr FP16-ALUs beinhaltete. Das bedeutete, dass die in den iPhone 5S eingesetzte G6430 von der Ankündigung bis zum Verkauf in einem realen Gerät 14 Monate brauchte. Würde Apple tatsächlich die GX6450- oder GX6650-GPU einsetzen, würde diese Zeit auf 9 Monate schrumpfen.
Nichtsdestotrotz hat Apple bezüglich der Adaption einer potenziellen GX6x50-GPU auch viele Vorteile. Durch den 10-%-Anteil an Imagination ist es der wichtigste Mitsprecher, es ist mehr als wahrscheinlich, dass sie einen frühen Zugang zu allen technischen Informationen haben. Dazu ist die Ähnlichkeit der GPU-Architektur zu ihrem Vorgänger vergleichsweise hoch, was bedeutet, dass die Integration einfacher sein dürfte als bei dem Wechsel von der Serie 5 zur Serie 6. Einige der DVFS-Verbesserungen wurden insbesondere in Reaktion auf das Kundenfeedback eingebaut. Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass Apple einer der Kunden war, die ein solches Feedback gegeben haben.
Ein wichtiger Aspekt ist jedoch die GPU-Beschleunigung aus Software-Sicht. Durch die „Metal-Shader“-Programmiersprache (ein Verweis auf die "Metal-Codierung" oder niedrige Programmierebene, welche direkt die Hardware anspricht) soll der Treiber-Overhead, der erheblich sein kann, bei der Software-Entwicklung eliminiert werden. Aus gleichem Grund stellte AMD sein eigenes Grafik-API, Mantle, vor. Es ist auch der Grund dafür, dass Videospiel-Konsolen in der Lage sind, trotz der viel leistungsfähigeren PC-Hardware erfolgreich zu sein. Mit diesem Ansatz könnte Apple die Grafik-Darstellung beschleunigen, ohne die GPU an sich zu aktualisieren.
Angesichts dessen vermuten wir, dass Apple auf eine 6-Cluster-GPU-Konfiguration setzt, unabhängig davon, ob die neue Architektur G6x50 zum Einsatz kommt oder nicht. Durch den Übergang von einer 28-nm- zu einer 20-nm-Fertigung und der Annahme, dass die CPU-Cores nur wenig wachsen werden, dürfte Apple die zusätzliche Chip-Fläche primär für den GPU-Ausbau nutzen. Dies ist gerade im Hinblick auf Konkurrenzgeräte mit Adreno-430 und Kepler-192 sowie den höheren Auflösungen von iPhone 6 und iPad Air 2 notwendig. Es wird spannend sein, zu sehen, ob Apple mit dem Einsatz der G6x50 neue Maßstäbe für Time-to-Market eines neuen Produktes setzen wird. Wir sagen einfach mal „Ja“, bei Apple scheint der Slogan „Nichts ist unmöglich“ noch zutreffender zu sein als bei einem japanischen Automobilhersteller.
Elektroniknet-Prognose: 6-Cluster-GPU des Typs Imagination PowerVR GX6650, getaktet mit 433 MHz. GPU-Rechenleistung: 83.2/166.3 GFlops (FP32/FP16)