Alternative Speichertechnologien fürchtet Kioxia nicht?
Es war interessant zu beobachten, wie sich die 3DXPoint-Typen entwickelt haben. Meiner Meinung nach war es zu erwarten, dass sich die Positionierung neben den etablierten Lösungen DRAM und NAND als große Herausforderung darstellen würde. Wie es aussieht, wird hier die Entwicklung für den Massenmarkt so nicht mehr weitergeführt, weil sich diese Speichertypen offensichtlich nicht wirtschaftlich fertigen lassen. Außerdem sind die Fertigungsprozesse schwierig. Auch bei anderen Alternativen wie MRAM und FeRAM zeichnet sich ebenfalls aufgrund von nicht konkurrenzfähigen Zellgrößen – zumindest was die Stand-alone-Speicher-ICs angeht – der große Durchbruch nicht ab. Sie mit geringeren Speicherkapazitäten als Embedded Memory auf Controllern und SoCs zu integrieren kann aber durchaus sinnvoll sein.
In welche Richtung wird Kioxia die NAND-Speicher weiter entwickeln?
In verschiedene Richtungen: Eine interessante Weiterentwicklung sind unsere XL-Flash-Typen. Hier kommt eine neue Variante der NAND-Topologie zum Einsatz: Die Verbesserungen resultieren aus den kleineren Pages, die auf hohe Lesegeschwindigkeiten für entsprechend hochperformante Anwendungen hin ausgelegt ist. Mit diesen Storage-Class-Memory-Bausteinen (SCM) füllen wir die Lücke, die sich zwischen DRAMs und SSDs auftut. Jetzt lassen sich viele Daten, die bisher in DRAMs gespeichert wurden, in den XL-Flash-Typen ablegen. Sie sind also eine kosteneffiziente Möglichkeit, um den erforderlichen Datentransfer zwischen den DRAMs und den Flash-SSDs sowie die Latenzzeit zu reduzieren.
Die erste Generation der XL-Flash-Speicher basierte auf SLC-Zellen; im August dieses Jahres haben wir die zweite Generation vorgestellt, die 2 Bits pro Zelle (MLC) speichern kann und bis zu 256 Gbit Speicherkapazität erreicht. Das wird in Richtung TLC weitergehen. Damit sinken die Kosten pro Bit weiter, und das macht XL-Flash preislich gegenüber DRAMs noch attraktiver. Gleichzeitig sind sie sehr robust, was für die Zielmärkte Datenzentren und Hyperscaler ebenfalls ein wichtiges Kriterium ist. Sie werden ab nächstem Jahr in Stückzahlen produziert. Die XL-Flash-Speicher werden sich die Lücke zwischen den SSDs und den DRAMs erobern.
Basieren die Speicherzellen auf der BiCS-Technologie?
Ja, auch sie basieren auf der BiCS-Technologie. Da kommt Kioxia zugute, dass hier die Flash-Speicherzellen vor 35 Jahren erfunden wurden; wir kennen uns sowohl in der Front-End- als auch in der Back-End-Fertigung, also dem Packaging, sehr gut aus und können auf eine umfangreiche Erfahrung zurückblicken. Vor allem verfügen wir über eine umfangreiche Datenbasis darüber, wie sich die NAND-Flash-Speicher unter unterschiedlichen Bedingungen verhalten, etwa bezüglich des Cell-Übersprechens, der Schreib-/Löschzyklen, der Alterung und des Datenerhalts. Das ist wesentlich, um sie auf die verschiedenen Einsatzfälle hin zu optimieren und bei hohen Ausbeuten wirtschaftlich fertigen zu können.
Das wäre eine Richtung, die NAND-Flash-Speicher weiter zu skalieren. Welche weiteren Richtungen gibt es?
Wir untersuchen, ob sich die Speicherzelle verbessern lässt. Die Idee ist, sie praktisch zu teilen, indem die Charge-Trap-Röhre halbiert wird. Dann entstehen auf gleicher Fläche zwei Halbröhren und pro Zelle zwei Halbzellen. Das würde noch einmal einen weiteren Freiheitsgrad eröffnen. Diese »TwinBiCS«-Zelle wäre wieder ein großer Sprung nach vorne, der die Speicherdichte nochmal physikalisch verdoppeln würde.
Aber wir ziehen auch ganz andere Ebenen in Betracht: Im Juni dieses Jahres haben wir die ersten XFMExpress-Karten mit PCI 4.0 auf den Markt gebracht, die in Kapazitäten von 256 und 512 GB zur Verfügung stehen. Die beiden PCIe-4.0-Lanes können 4 GB/s übertragen. Damit sind sie leistungsfähiger als e-MMCs oder BGA-SSDs. Sie bringen aber noch einen Vorteil: Weil ein spezieller Sockel entwickelt wurde, der auf die Leiterplatte gelötet wird, müssen sie nicht mehr wie die e-MMCs und BGA-SSDs auf die Leiterplatte gelötet werden. Denn die 18 mm × 14 mm × 1,4 mm großen XFMExpress-Karten lassen sich in die Sockel einfach einrasten. Jetzt können Systeme einfach aufgerüstet oder repariert werden.
Der Speicher-IC-Markt hat sich innerhalb kurzer Zeit komplett gedreht und befindet sich im Abschwung. Wie wird Kioxia auf die gegenwärtige Marktsituation reagieren?
Die Nachfrage sinkt aus den bekannten Gründen, alle Speicher-IC-Hersteller reagieren jetzt mit Produktionskürzungen. Zumindest bei Kioxia haben die angekündigten Maßnahmen jedoch nichts mit der Kürzung langfristig geplanter Investitionen zu tun. Die Produktion aller neuen BiCS-Generationen wird wie geplant hochgefahren und auch in unseren neuen Fabs Zug um Zug aufgenommen.
Kioxia Halle B4, Stand 459