Erfolg von SiC sichern

Technische Herausforderungen und Lieferketten

11. Mai 2023, 6:00 Uhr | Von Ajay Sattu
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Der Bereich der Elektroautos und erneuerbaren Energien stellt sehr hohe Anforderungen an die Leistungshalbleiter. Bauteile aus Siliziumkarbid (SiC) können diese erfüllen. Darüber hinaus ist es nötig, eine robuste durchgängige Lieferkette zu haben, um einen nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten.

Wide-Bandgap-Halbleiter (WBG) wie Siliziumkarbid (SiC) sind für moderne Anwendungen, insbesondere im Automotive-Bereich und bei erneuerbaren Energien, unverzichtbar. Da unsere Welt auf nachhaltige Energiequellen umsteigt, ist die Bedeutung der Effizienz größer denn je. Eine Möglichkeit, Schaltvorgänge effizienter zu gestalten, besteht darin, die Kupfer- und Schaltverluste zu verringern. Dafür sind höhere Zwischenkreisspannungen (DC-Bus) erforderlich, und die Halbleitertechnologien müssen sich weiterentwickeln, um Schritt zu halten. Denn sie sind von entscheidender Bedeutung, um die Verpflichtungen der Unternehmen hinsichtlich geringerer CO2-Emissionen zu erfüllen.

Im Industriesektor sorgen Fortschritte bei MOSFETs und Leistungsmodulen dafür, die Energieeffizienz und die Systemkosten in vielen Systemen zu verbessern. Zwei Bereiche, die davon besonders profitieren, sind die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (EVs) und alternative/erneuerbare Energieanwendungen wie die Solarenergie

Die deutlich geringeren Leitungs- und Schaltverluste bedeuten, dass SiC-basierte Leistungselektronik weniger Wärme erzeugt. Zusammen mit der Fähigkeit, bei Sperrschichttemperaturen (Tj) von bis zu +175 °C zu arbeiten, bedeutet dies, dass sich der Bedarf an thermischen Maßnahmen wie Lüfter und Kühlkörper erheblich reduziert. Damit lassen sich wiederum Größe, Gewicht und Kosten des Systems einsparen und eine höhere Zuverlässigkeit auch bei anspruchsvollen, platzbeschränkten Anwendungen gewährleisten.

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Technische Herausforderungen

Kosten und Leistungsfähigkeit sind in vielen industriellen Anwendungen ein gemeinsamer Nenner. Entwickler stehen vor der Herausforderung, mehr Leistung aus Solarwechselrichtern herauszuholen, ohne dass sie größer werden, oder die mit der Energiespeicherung verbundenen Kühlkosten zu reduzieren. Erschwingliches Laden ist die Voraussetzung für mehr EVs. Entscheidend ist jedoch, über eine DC-Wallbox oder DC-Schnellladen schneller laden zu können, ohne zusätzlich kühlen zu müssen.

Im Automotive-Bereich ist die Effizienz untrennbar mit der Reichweite des Fahrzeugs sowie mit der Größe, dem Gewicht und den Kosten der Bordelektronik verbunden. Hier verbessern Leistungsmodule mit SiC-MOSFETs anstelle von Silizium-IGBTs in EVs/HEVs die Fahrleistung erheblich – neben den Vorteilen, die sich aus dem verbesserten Energiemanagement für CPUs, LED-Beleuchtung und Karosserieelektronik ergeben.

Der Traktionswechselrichter steht im Mittelpunkt, da er sich auf die Gesamteffizienz des Fahrzeugs auswirkt und somit die Reichweite bestimmt. In Anbetracht des Fahrprofils wird ein leichtes Fahrzeug die meiste Zeit unter Schwachlastbedingungen betrieben, sodass die Vorteile der Effizienzsteigerung durch SiC- gegenüber IGBT-Lösungen allgemein anerkannt sind. Außerdem muss das On-Board-Ladegerät (OBC) so klein wie möglich sein. Kleinere Formfaktoren lassen sich nur mit WBG-Bauteilen erzielen, weil sie hohe Schaltfrequenzen ermöglichen. Jedes Watt weniger Verluste ermöglicht es dem Fahrzeug, die Gesamtfahrleistung zu verbessern und die Reichweitenangst zu verringern.

Vorteile von SiC in der Anwendung

Jede Energieumwandlung in Fahrzeugen und industriellen Anwendungen ist auf halbleiterbasierte Schalter und Dioden angewiesen, um effizient zu sein und die Umwandlungsverluste zu reduzieren. Folglich hat die Halbleiterindustrie daran gearbeitet, die Leistungsfähigkeit von siliziumbasierten Halbleiterbauelementen – insbesondere von IGBTs, MOSFETs und Dioden – zu verbessern. Dies hat zusammen mit Neuerungen bei den Wandlertopologien zu mehr Leistungsfähigkeit als je zuvor geführt.

Zahlreiche Anwendungen profitieren von den Vorteilen der SiC-Technologie
Bild 1. Zahlreiche Anwendungen profitieren von den Vorteilen der SiC-Technologie.
© Onsemi

Da diese etablierten Halbleiterbauelemente an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stoßen, wird ein neues Material benötigt. Wide-Bandgap-Materialien wie Siliziumkarbid und Galliumnitrid (GaN) versprechen viel für die Zukunft. Die Nachfrage nach höherer Leistungsfähigkeit, Leistungsdichte und Zuverlässigkeit elektrischer Systeme treibt die technologischen Möglichkeiten der SiC-Technologie voran (Bild 1).

Unabhängig davon, ob es sich um die Einsatzprofile von EV-Antrieben, Solarwechselrichtern oder EV-Ladegeräten handelt, bieten SiC-basierte MOSFETs und Dioden eine höhere Leistungsfähigkeit und geringere Kosten auf Systemebene als herkömmliche IGBTs und Dioden auf Siliziumbasis. Die breite Bandlücke von SiC ermöglicht höhere kritische Felder als Silizium, was sich in einer höheren Sperrspannung von 1700 und 2000 V widerspiegelt.

Halbleiter mit großer Bandlücke (Wide Bandgap, WBG) wie Siliziumkarbid bieten zahlreiche Vorteile in leistungselektronischen Systemen
Bild 2. Halbleiter mit großer Bandlücke (Wide Bandgap, WBG) wie Siliziumkarbid bieten zahlreiche Vorteile in leistungselektronischen Systemen.
© Onsemi

Darüber hinaus hat SiC von Natur aus eine höhere Elektronenbeweglichkeit und Sättigungsgeschwindigkeit als Silizium, sodass sich die Bauteile bei wesentlich höheren Frequenzen und Sperrschichttemperaturen betreiben lassen. Beides ist von großem Vorteil. Darüber hinaus können SiC-Bauelemente bei höheren Frequenzen mit geringen Verlusten schalten, was die Größe, das Gewicht und die Kosten der zugehörigen passiven Bauelemente wie Induktivitäten und Kondensatoren reduziert (Bild 2).
 
Die deutlich geringeren Leitungs- und Schaltverluste bedeuten, dass SiC-basierte Leistungselektronik weniger Wärme erzeugt. Zusammen mit der Fähigkeit, bei Sperrschichttemperaturen (Tj) von bis zu +175 °C zu arbeiten, bedeutet dies, dass sich der Bedarf an thermischen Maßnahmen wie Lüfter und Kühlkörper erheblich reduziert. Damit lassen sich wiederum Größe, Gewicht und Kosten des Systems einsparen und eine höhere Zuverlässigkeit auch bei anspruchsvollen, platzbeschränkten Anwendungen gewährleisten.

Bedarf an höheren Spannungen

Wie erwähnt, weisen SiC-Bauelemente eine höhere Sperrspannung von 1700 und 2000 V auf. Bei einer gegebenen Leistung würden höhere Spannungen die Anforderungen an die Ströme und damit die Kupferverluste verringern. Bei Anwendungen im Bereich erneuerbarer Energien, wie z. B. Photovoltaik-Systemen, wurde die Zwischenkreisspannung der PV-Paneele von 600 auf 1500 V erhöht, um die Effizienz zu steigern. In ähnlicher Weise gibt es einen Übergang von einem 400-V-Bus in leichten EVs zu einem 800-V-Bus (und in einigen Fällen zu einem 1000-V- Bus), um die Effizienz zu steigern und die Ladezeiten zu verkürzen. In der Vergangenheit wurden Bauelemente mit einer Nennspannung von 750 V für 400-V-Busspannungen verwendet, doch jetzt sind höhere Spannungen wie 1200 und sogar 1700 V erforderlich, um einen zuverlässigen Betrieb in diesen Anwendungen zu gewährleisten.

Um diesem Bedarf an höheren Durchbruchspannungen gerecht zu werden, hat Onsemi eine Reihe planarer 1700-V-MOSFETs der Serie EliteSiC M1 entwickelt, die für schnelles Schalten optimiert sind. Einer der ersten verfügbaren Bausteine ist der NTH4L028N170M1 mit einer UDSS von 1700 V und erweiterten UGS von −15/+25 V. Der Baustein bietet einen typischen RDS(on) von 28 mΩ. Die neuen 1700-V-MOSFETs können mit Sperrschichttemperaturen von bis zu +175 °C betrieben werden, um Kühlkörper erheblich verkleinern oder ganz entfernen zu können. Der NTH4L028N170M1 verfügt über einen Kelvin-Source-Anschluss am vierten Pin (TO-247-4L-Gehäuse), der die Einschaltverluste und das Gate-Rauschen verbessert. Ebenfalls erhältlich ist eine D2PAK-7L-Konfiguration, die die parasitären Komponenten des Gehäuses weiter reduziert. In Kürze soll ein SiC-MOSFET im TO-247-3L- und D2PAK-7L-Gehäuse mit 1700 V/1000 mΩ für hochzuverlässige Hilfsstromversorgungen in EV-Lade- und Anwendungen für erneuerbare Energien verfügbar sein.

Neben den SiC-MOSFETs hat Onsemi auch eine Reihe von SiC-Schottky-Dioden mit 1700 V entwickelt. Mit diesem Nennwert bieten die Bauelemente der D1-Familie einen größeren Spielraum zwischen der maximalen wiederkehrenden Sperrspannung (URRM) und der maximalen Sperrspannung der Diode. Insbesondere bieten sie eine maximale Durchlassspannung (UFM) von 1,75 V und niedrige Leckströme in Sperrrichtung auch bei hohen Temperaturen. Entwickler können so einen stabilen Betrieb bei hohen Spannungen und hohen Temperaturen erzielen. Die neuen Dioden (NDSH25170A, NDSH10170A) sind im TO-247-2L-Gehäuse und als Bare-Die sowie in einer 100-A-Version erhältlich, die nicht im Gehäuse verfügbar ist.

Überlegungen zur Lieferkette

Da die Verfügbarkeit von Bauteilen die Lieferketten in einigen Sektoren behindert, ist es wichtig, bei der Auswahl neuer Bauteile oder Technologien die Lieferfähigkeit zu berücksichtigen. Um eine zuverlässige Belieferung der Kunden zu gewährleisten und das schnelle Wachstum zu unterstützen, hat Onsemi im August 2021 den SiC-Materiallieferanten GTAT übernommen. Dies soll nicht nur die Lieferkette stärken, Onsemi profitiert auch von der technischen Erfahrung von GTAT. Nach eigener Aussage ist Onsemi derzeit der einzige Großlieferant mit einer durchgängigen Lieferfähigkeit, welche SiC-Boule-Wachstum in großen Stückzahlen, Substrat, Epitaxie, Bauelementefertigung, integrierte Module und diskrete Gehäuselösungen umfasst.

Um das erwartete Wachstum bei SiC in den nächsten Jahren zu unterstützen, plant Onsemi, die Kapazität bei der Substratfertigung um das Fünffache zu erhöhen und erhebliche Investitionen in den Ausbau der Bauelemente- und Modulkapazitäten zu tätigen, um diese bis 2023 an allen Standorten zu verdoppeln. Danach wird sich die Kapazität bis 2024 noch einmal fast verdoppeln, mit der Möglichkeit einer weiteren Verdopplung der Kapazität in der Zukunft.

Fazit

Siliziumkarbid bietet eine Leistungsfähigkeit, die es Entwicklern ermöglicht, die Anforderungen anspruchsvoller moderner Anwendungen zu erfüllen, wie z. B. im Automotive-Bereich, bei erneuerbaren Energien und in der Industrie – insbesondere hinsichtlich der Leistungsdichte und der thermischen Aspekte.

Auch wenn die Technologie noch nicht ausgereift ist, bedeuten die ständige Weiterentwicklung und die Fortschritte in wichtigen Anwendungsbereichen, dass sich auch SiC weiterentwickeln muss, um diesen steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Ein Beispiel ist die Forderung nach höheren Durchbruchsspannungen, die Onsemi mit seinen neuen 1700-V-SiC-MOSFETs und -Dioden erfüllt hat. Darüber hinaus entwickelt Onsemi derzeit eine 2000-V-SiC-MOSFET-Technologie, um kommende Anwendungen in der Solartechnik, bei Halbleitertransformatoren (Solid State Transformer) und elektronischen Stromkreisunterbrechern zu unterstützen.

 

Der Autor

 

Ajay Sattu von On Semiconductor
Ajay Sattu von On Semiconductor.
© Onsemi

Ajay Sattu

leitet das Produktmarketing im Geschäftsbereich Industrial Power Solutions bei Onsemi.

 

 

 


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