Automotive-Industrie

Auch Analog ist knapp

5. September 2021, 17:28 Uhr | Iris Stroh
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Corona wirkt bis heute – nur aus anderen Gründe

In der ersten Jahreshälfte 2021 beruhte das Problem der Halbleiterknappheit vor allem auf Engpässen bei den Kapazitäten für die Prozessierung der Wafer. Aus der Sicht von IHS besteht die gute Nachricht darin, dass die Unterbrechungen aufgrund des Brandes in der Naka-Fabrik von Renesas und aufgrund des Sturms in Texas, die die Fabriken von NXP, Infineon und Samsung beeinträchtigten, weitgehend behoben sind. Das heißt aber nicht, dass jetzt genügend Frontend-Kapazitäten verfügbar sind, nur sind die Auswirkungen heute geringer als in der ersten Jahreshälfte.

Jetzt kommt aber ein großes Aber, Amsrud weiter: »In der ersten Hälfte des Jahres 2021 verursachten Kapazitätsengpässe in den Wafer-Fabs die größten Störungen und erhielten deshalb auch die größte Aufmerksamkeit. Jetzt, da sie sich verbessert haben, erhalten andere Engpässe beispielsweise bei der Beschaffung von Leadframes, Substraten und Harzen Aufmerksamkeit.«

COVID-19 wirkt sich weiterhin auf die Lieferkette aus

Im Gegensatz zu den Kapazitätsengpässen in den Wafer-Fabriken, die sich vor allem auf MCUs für Kraftfahrzeuge auswirkten, betreffen die Kapazitätsengpässe bei der Montage alle Halbleiter, einschließlich Sensoren, Stromversorgung und diskrete Bauteile. Montage- und Teststandorte befinden sich vor allem in China, Südkorea, Japan, Singapur, den Philippinen, Indonesien, Thailand, Vietnam und Malaysia. Mit Ausnahme von Singapur und Malaysia liegt die Durchimpfungsrate in vielen dieser Länder nach Angaben des Center from Strategic and International Studies bei unter 6 Prozent.« Amsrud ist überzeugt, dass aufgrund der steigenden Infektionsraten weiter Probleme durchaus möglich sind. Er fordert, dass sowohl die Kapazitäten der Wafer-Fabs als auch im Assembly/Packaging-Bereich erweitert werden müssen. Er fügt allerdings hinzu, dass in diesen Bereichen die Gewinnspannen deutlich unter denen der Front-End-Fertigung liegen, so dass die Unternehmen eher zögern, die Kapazitäten spekulativ zu erweitern. Hinzu kommt der bereits erwähnte Mangel an Anlagen, für die die Vorlaufzeiten teilweise auf 40 Wochen ansteigen. Hierfür ist eine Teufelsspirale verantwortlich: Einer der Hauptgründe für die verlängerten Vorlaufzeiten sind die Halbleiterengpässe.

In der Summe geht IHS Markit, dass sich die Halbleiterknappheit im gesamten Automobilsektor nun bis ins erste Quartal 2022 und möglicherweise bis ins zweite Quartal ausdehnen wird. Sowohl Intel als auch Infineon haben davor gewarnt, dass die Situation das ganze Jahr 2022 über andauern könnte. Auch wenn sich die Wafer-Kapazität verbessert hat, ist die Situation immer noch mit Herausforderungen behaftet.

Die globale Prognose für die Light-Vehicle-Produktion im Jahr 2021 liegt nach letzten IHS-Markit-Veröffentlichungen im August nun bei 80,78 Mio. Einheiten. Dies entspricht einem Anstieg von 8,3 Prozent gegenüber dem Stand von 2020. Amsrud: »Die Produktionsausfälle aufgrund von Unterbrechungen in der Halbleiter-Lieferkette werden auf 1,44 Mio. Einheiten im ersten Quartal und 2,60 Mio. Einheiten im zweiten Quartal geschätzt. Die sichtbaren Ausfallzeiten in Q3 belaufen sich auf 1,60 Mio. Stück. Das unterstreicht unsere Einschätzung, dass es auch in Q3 zu Störungen kommen wird, und zwar in immer größerem Umfang. Auch wenn wir nicht erwarten, dass die Ausfälle so hoch sein werden wie in Q2, so scheint es doch sehr wahrscheinlich, dass die Auswirkungen in einer Größenordnung von 1,8 bis 2,1 Mio. Einheiten für das Quartal liegen werden, wenn die Ausfallrate, die wir derzeit sehen, bis September anhalten sollte«, so Amsrud weiter.

Die Analysten gehen davon aus, dass das vierte Quartal ebenfalls problematisch wird, einschließlich das erste Quartal 2022. Das zweite Quartal 2022 könnte dann endlich der Punkt sein, an dem es zu einer Stabilisierung des Angebots kommt.

Rechnet man die Schätzungen für das 3. und 4. Quartal zusammen zu den bereits in der ersten Jahreshälfte festgestellten Verlusten, so würde sich das mit Halbleiterknappheit verbundene Risiko für das Gesamtjahr nach Schätzungen von IHS Markit auf 6,3 bis 7,1 Mio. Einheiten weltweit belaufen.


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