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Migration auf zonale E/E-Architektur läuft nur langsam an

3. Februar 2023, 9:02 Uhr | Iris Stroh
E/E-Architektur
So entwickeln sich die E/E-Architekturen zwischen 2018 und 2034
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Experten von S&P Global haben analysiert, inwieweit die OEMs in den verschiedenen Regionen der Welt auf neue E/E-Architekturen setzen. 2022 waren es gerade mal 2 Prozent der Neufahrzeuge, bis 2034 soll der Anteil auf 38 Prozent ansteigen – traditionelle OEMs hinken hinterher.

Die E/E-Architekturen sind im Wandel. Auch wenn in den meisten der heutigen Fahrzeuge immer noch für jede Funktion eine eigene ECU vorgesehen ist, war bereits vor einigen Jahren klar, dass es so nicht weitergehen kann. Der nächste Schritt bestand darin, auf eine Domänen-Architektur zu wechseln, bei der es einen Domänenrechner für alle Funktionen aus einem Bereich gibt, sprich einen Domänen-Controller für ADAS, einen für Body/Komfort etc. Das eigentliche Ziel lautet aber »Zonenarchitektur« - wobei es natürlich auch Zwischenschritte zwischen den einzelnen Ansätzen gibt.

Welche Gründe sprechen für einen Wechsel bei den E/E-Architekturen? Klar, mit zum Teil mehr als 120 ECUs und der damit schwer beherrschbaren Komplexität und dem damit verbundenen Verdrahtungsaufwand war eine Konsolidierung notwendig. Dr Richard Dixon, Senior Principal Analyst, E/E & Semiconductor bei S&P Global, sieht aber noch weitere Vorteile in einer zonalen E/E-Architektur, wie einfachere OTA-Updates oder die Möglichkeit, dass OEMs neue Geschäftsmodelle entwickeln und neue bezahlte Dienstleistungen einführen können. Dazu kommt noch folgender Vorteil: »Mit einer Reduzierung der ECUs sinkt der Verdrahtungsaufwand, der Kabelbaum wird kleiner, das damit verbundene Gewicht sinkt und eine automatisierte Fertigung des Kabelbaums wird möglich«, so Dixon weiter. Er hält es für möglich, dass mit einer zonalen E/E-Architektur das Gewicht des Kabelbaums um 30 bis 50 Prozent reduziert werden kann, für BEVs ein echtes Argument, denn das spiegelt sich direkt in einer größeren Reichweite wider.

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Regionaler Vergleich
In den unterschiedlichen Regionen findet die Migration auf eine zonale E/E-Architektur mit verschiedenen Geschwindigkeiten statt.
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Tesla ist führend

Tesla hat laut Dixon bereits 2017 bei seinem Model 3 eine Zonenarchitektur einführt. Das Unternehmen habe es auch geschafft, neue Geschäftsmodelle zu etablieren, beispielsweise indem es über bezahlte OTA-Aktivierungen Funktionen freischalten lässt, die L3/L4-Autonomitätsfunktionen ermöglichen. Dixon: »Beim Model 3 konnte aber auch im Vergleich zum Vorgängermodell, dem Model S, die ECU-Anzahl um 50 Prozent reduziert werden, und gleichzeitig der Kabelbaum um die Hälfte reduziert werden. Damit wurde eine Assembly-Zeit von 10 Stunden pro Fahrzeug erreicht.« Tesla nehme eine absolute Führungsposition ein, wenn es um Fortschritte bei der E/E-Architektur geht, Dixons sieht Tesla im Vergleich zum Rest der OEMs um fünf bis zehn Jahre voraus.

Die Vorteile sind eindeutig, dennoch laut Dixon läuft die Adaption schleppend. Laut seiner Aussage nutzten im letzten Jahr lediglich 10 Prozent der produzierten Fahrzeuge ein zonale E/E-Architektur, bis 2034 soll dieser Anteil auf 38 Prozent steigen.

Der Elektrifizierungsfaktor macht den Unterschied

Die Analyse der OEMs hat laut Dixon ganz klar gezeigt, dass die Migration auf die neue zonale E/E-Architektur entscheidend von der Antriebstechnik abhängt. Die Analyse bestätigt: Unternehmen, die nicht schon lange Zeit auf dem Markt sind, haben die Entwicklung schneller vollzogen. Dixon: »EV-Start-ups wie Tesla oder Nio und EV-Brands wie Zeekr oder ARCFOX haben kein Problem mit der Legacy und können direkt mit fortschrittlichen E/E-Architekturen durchstarten.«

Die S&P Global-Analyse hat die Migrationsgeschwindigkeit in Richtung zonale E/E-Architekturen in den verschiedenen Regionen verglichen. Nordamerika liegt ganz klar vorn - dank Tesla. Aus der Sicht von Dixon folgt Jeep aus dem ehemaligen FCA-Konzern (Fiat Chrysler Automobiles) an zweiter Stelle, Ford und GM wiederum würden später folgen.

China wiederum ist aus der Sicht von Dixon ein schneller »Adopter«. Die OEMs dieser Region würden ambitionierte Roadmaps analog zu Tesla verfolgen. »Europa liegt hinter China, hier spielen allerdings Einschränkungen aufgrund der bestehenden Legacy eine entscheidende Rolle«, so Dixon weiter. Die MEB-Plattform von VW ist Domänen-zentriert. Beim Übergang auf eine zonale Architektur führen seiner Aussage nach die Unternehmen BMW, Volvo und die frühere PSA.« Japan und Korea wiederum setzen seiner Aussage nach überhaupt nicht auf eine Zonenarchitektur.


  1. Migration auf zonale E/E-Architektur läuft nur langsam an
  2. Zonale E/E-Architektur: gute Idee, aber schwerer als gedacht umzusetzen

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