»Herausforderungen sind extrem komplex«

Wie sich unsichere Lieferketten bestmöglich managen lassen

26. Mai 2025, 15:00 Uhr | Andreas Knoll
Vertrieb und Supply Chain Management arbeiten bei Heitec Hand in Hand: Links Steffen Rückl, Leiter Vertrieb Europa, rechts Sebastian Büchner, Leiter Supply Chain Management.
© Heitec

Wir leben in einer Phase großer Unsicherheiten und weltwirtschaftlicher Turbulenzen, die beträchtliche Konsequenzen für die globalen Lieferketten haben. Worin bestehen die Auswirkungen konkret, und wie lässt sich ihnen begegnen? Steffen Rückl und Sebastian Büchner von der Heitec AG nehmen Stellung.

Diesen Artikel anhören

Markt&Technik: Welchen Unwägbarkeiten und Risiken unterliegen die Lieferketten heutzutage und in absehbarer Zukunft?

Sebastian Büchner, Leiter Supply Chain Management: Die Herausforderungen, denen die Lieferketten heutzutage unterliegen, sind extrem komplex und facettenreich und haben unterschiedlichste Ursachen. Wenn man sich die aktuelle Lage anschaut, sind zuallererst politische Instabilitäten, drohende Handelskriege, geopolitische Spannungen, Zölle und alle damit verbundenen Verzögerungen zu nennen. Dazu kommen Rohstoffknappheiten und schwindende Verfügbarkeiten durch politische Entscheidungen und Umweltfaktoren sowie Kostendruck: So führen regulatorische Veränderungen, neue Gesetze und Vorschriften sowie steigende Umwelt- und Sozialstandards zu höheren Kosten in den Lieferketten. Parallel erhöhen schärfere Nachhaltigkeitsanforderungen den »Druck« auf die Unternehmen, nachhaltiger zu wirtschaften.

passend zum Thema

Heitec
Der Standort von Heitec in Eckental.
© Heitec

Auch das Risiko globaler Gesundheitsrisiken mit ihren vielfältigen Auswirkungen steigt, wie wir es schon von Covid-19 her kennen. Das gilt ebenso für Cyberangriffe und Ähnliches: Durch die zunehmende Digitalisierung der Lieferketten werden diese anfälliger für Angriffe, was zu Datenverlusten und Betriebsunterbrechungen führen kann. All dies trägt nicht gerade zur Beruhigung der Lieferketten bei: Eine noch stärker schwankende Nachfrage bringt die globalen Lieferketten ins Ungleichgewicht, was in Panikkäufen, mangelnder Materialverfügbarkeit und unplanbarem Geschäft resultieren kann.

Wie lassen sich in den heutigen, von weltpolitischen Spannungen und protektionistischen Tendenzen geprägten Zeiten die Lieferketten sichern?

Sebastian Büchner: Es gibt verschiedene Instrumentarien, um Lieferketten zu stabilisieren und mehr Resilienz zu erzeugen: Schlüsselelement ist ein strategisches Bestandsmanagement unter anderem mit definierten Sicherheitsbeständen und Pufferlagern, um kurzfristige Engpässe zu kompensieren. Flexible Logistiklösungen wie etwa alternative Transportwege und multimodulare Transportlösungen erhöhen die Anpassungsfähigkeit an wechselnde Szenarien. Eine engere Zusammenarbeit mit Partnern – etwa in Partnernetzwerken – hilft, Probleme frühzeitig zu erkennen und durch Synergien gemeinsam Lösungen zu finden. Zudem verbessert die Digitalisierung durch Echtzeit-Tracking und KI-gestützte Analysen die Vorhersagbarkeit und Steuerung der Lieferketten. Ferner lassen sich mit erprobten Risikomanagement-Strategien Methoden entwickeln, um potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren, zu bewerten und Maßnahmen zur Minderung festzulegen. Ergänzend können detaillierte und abgestimmte Dispositionsstrategien das Bestandsmanagement und die Materialverfügbarkeit optimieren. Last but not least ist die Rückkehr zum »Local Sourcing« eine Option.

Welche Strategie verfolgt Heitec diesbezüglich?

Sebastian Büchner: Wir setzen verstärkt auf lokale Partner und Lieferanten sowie auf ein strategisches Bestandsmanagement und Second Sources, wo immer es möglich und wirtschaftlich ist. Wir verwenden digitale Beschaffungstools und haben ISO 27001 in Bezug auf Datensicherheit eingeführt. Um ein optimales Bestandsmanagement und die nötige Flexibilität zu erreichen, kommen detaillierte Dispositionsstrategien zur Anwendung. Auch der Aufbau strategischer, nachhaltiger und zuverlässiger Business-Partnerschaften in der Beschaffung ist ein maßgeblicher Faktor.

Hochregal
Ein Hochregallager bei Heitec in Eckental.
© Heitec

Inwieweit sehen Sie einen Trend zu Nearshoring?

Steffen Rückl, Leiter Vertrieb Europa: Produktionen werden immer mehr dorthin verlagert, wo sie benötigt werden. Angesichts der weltpolitischen Entwicklungen und von Phänomenen wie etwa Zöllen, Transportkosten, Lieferverzögerungen und entsprechenden Gesetzen wird dies unter wirtschaftlicher Betrachtung immer wichtiger, als Beispiel sei eine Produktion in den USA für den US-Markt genannt.

Welche Konsequenzen hat Nearshoring für Ihr Unternehmen als Dienstleister?

Steffen Rückl: Wir sind hier glücklicherweise sehr breit aufgestellt und dadurch flexibel. Nearshoring führt in der Konsequenz zum Aufbau zusätzlicher globaler Standorte, um weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier breit aufgestellt zu sein, ist das Ziel, um mehr Wachstum zu generieren.

Fertigung
Der Fertigungsbereich von Heitec in Eckental nach dem Umbau, der eine Optimierung des Materialflusses, eine größere Produktionsfläche für Systeme und mehr Lagerkapazitäten gebracht hat.
© Heitec

Welche Strategie verfolgt Ihr Unternehmen als Reaktion auf Nearshoring?

Steffen Rückl: Um den US-Markt zu bedienen, ist ein US-Standort denkbar.

Als Dienstleister bringt Ihr Unternehmen anders als Hersteller nicht ständig neue (Standard-)Produkte hervor. Was folgt daraus?

Steffen Rückl: Fundamentale Säulen unseres Geschäftsmodells als Lösungs- und Serviceanbieter sind die sehr enge Bindung zu den Kunden und der Aufbau von Partnernetzwerken.

Wo sehen Sie weitere Herausforderungen?

Steffen Rückl: Wenn man so global und breit aufgestellt ist, besteht eine Herausforderung in der Aufrechterhaltung einheitlicher Standards an den verschiedenen Produktionsstandorten. Denn: In den verschiedenen Ländern existieren unterschiedliche gesetzliche Rahmenbedingungen, und eine perfekt ausgebaute Infrastruktur ist auch nicht überall gegeben.

Wie begegnet Heitec diesen Herausforderungen?

Steffen Rückl: Unser Unternehmen zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität und Kundenorientierung aus, indem wir individuell auf spezifische Anforderungen eingehen und maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Durch enge Zusammenarbeit, offene Kommunikation und agile Prozesse passen wir uns schnell an Veränderungen an und stellen sicher, dass wir unsere Kunden stets optimal unterstützt werden. Unser Ziel ist es, nicht nur zu reagieren, sondern proaktiv innovative und passgenaue Lösungen zu entwickeln, die echten Mehrwert schaffen.

In Zukunft werden wir verstärkt auch Nearshoring in unsere Strategie einbeziehen.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu HEITEC AG

Weitere Artikel zu Embedded

Weitere Artikel zu Industrie-Computer / Embedded PC

Weitere Artikel zu Embedded-Systeme

Weitere Artikel zu Supply Chain