Quantencomputing

Liegt die Zukunft im Untergrund?

7. Juni 2021, 10:00 Uhr | Tobias Schlichtmeier
Ein internationales Forscherteam untersuchte die Auwirkungen von natürlicher Radioaktivität auf Quantenschaltkreise.
© F. Valenti, KIT

Ein deutsch-italienisches Forscherteam untersucht den Einfluss natürlicher Radioaktivität auf Quantenbits. Die Frage: Bleiben supraleitende Schaltkreise unter Tage länger stabil? Antworten suchen sie im Felsmassiv des Gran Sasso.

Supraleitende Schaltkreise sind eine der führenden Technologien beim Entwickeln von Quantencomputern. Supraleitend bedeutet, dass die Schaltkreise bei tiefen Temperaturen ihren elektrischen Widerstand verloren haben. Hierbei wird die Information in supraleitenden Qubits gespeichert.

Das Qubit spielt für Quantencomputer die gleiche Rolle wie das Bit bei klassischen Computern. Es kann jedoch, abgesehen von den Werten Null und Eins, theoretisch unendlich viele Überlagerungszustände einnehmen. Eine der größten Herausforderungen der Forschung liegt darin, dass supraleitende Qubits ihren Zustand lediglich für sehr kurze Zeit bewahren können, da sie durch verschiedene Einflüsse wie Radioaktivität gestört werden.

Eine Arbeitsgruppe des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des italienischen Istituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN) gingen nun der Sache auf den Grund – in einem Untergrundlabor im Gesteinsmassiv des Gran Sasso in den Apenninen. Im »Laboratori Nazionali del Gran Sasso« ist es den Forschenden gelungen, die Bausteine der Qubits vor den Auswirkungen natürlicher Radioaktivität zu schützen und damit deren Stabilität deutlich zu verbessern.

»Die unterirdischen Anlagen befinden sich unter 1.400 Metern Fels, dadurch wird die natürliche Radioaktivität durch kosmische Strahlen um den Faktor eine Million reduziert«, erläutert Francesco Valenti, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Ioan Pop am KIT. »Radioaktivität induziert gleichzeitige Fehler in Schaltkreisen auf demselben Chip. Das ist für Quantenprozessoren besonders nachteilig, denn deren Fehlerkorrektur basiert darauf, dass bei einem Fehler in einem der Qubits die anderen die Information noch erhalten können«.

INFN-Forscherin Laura Cardani fasst die Ergebnisse zusammen: »Unsere Studie zeigt, dass eine signifikante Verbesserung mit dem Betrieb in einer Umgebung mit sehr geringer Radioaktivität zu erreichen ist«. Bezüglich der nächsten Schritte betont Ioan Pop, dass es wichtig ist, mehr Verständnis für die genauen Prozesse zu erlangen, durch die Radioaktivität Quantenschaltungen verschlechtert, und damit zu beginnen, Quantenprozessoren unter der Erde zu betreiben.  

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