Kühlkörper – unterschätzte Bauteile

Präzision ist entscheidend

14. März 2025, 8:00 Uhr | Bernward Seeberg, Leiter Entwicklung / Head of Engineering Alutronic
© Alutronic

In der Praxis und bei EMS gelten Kühlkörper oft als eine Art notwendiges Übel: sperrig, schwer zu montieren und nicht immer einfach, in ein Design zu integrieren. Tatsächlich ist ihre Bedeutung für die Funktionsfähigkeit und Lebensdauer elektronischer Systeme jedoch immens.

Diesen Artikel anhören
Alutronic
Bernward Seeberg, Leiter Entwicklung / Head of Engineering Alutronic „Die Montage von Kühlkörpern gilt oft als ungeliebt und aufwändig. Hier setzen wir an und sorgen für ein einfach und sicher zu montierendes, zuverlässiges und kostengünstiges Bauteil.“
© Alutronic

Schon die mechanisch und thermisch einwandfreie Fixierung von Kühlkörpern wird als Herausforderung oft unterschätzt. Die Montage erfolgt meist manuell, was nicht nur kostenintensiv, sondern auch fehleranfällig und daher in der Elektronikbranche häufig unbeliebt, weil aufwändig ist.

Zwei wesentliche Aspekte müssen beachtet werden:

  1. Mechanische Stabilität – Kühlkörper müssen so ausgelegt und fixiert werden, dass sie Vibrationen, mechanischen Belastungen und Umwelteinflüssen standhalten.
  2. Thermische Effizienz – Die optimale Wärmeübertragung muss sichergestellt sein, um Hotspots zu vermeiden und eine gleichmäßige Wärmeableitung zu gewährleisten. Thermische Simulation ermöglicht es, bereits in der Entwicklungsphase das optimale Kühlkörperdesign zu bestimmen. Faktoren wie Luftströmung, Materialwahl und die Kombination mit Heatpipes oder Lüftern können so gezielt optimiert werden.
     

Die Herausforderung bei der Montage

Diese liegt neben der häufig nicht unerheblichen Masse in der doppelten Befestigung des Kühlkörpers zur Fixierung seiner selbst einerseits und zur Wärmeübertragung andererseits. In der Statik als Teilgebiet der Newtonschen Mechanik spricht man in diesem Fall von »statisch unbestimmten bzw. überbestimmten Systemen«. Dieses hat zumindest zwei Konsequenzen:

Der Kühlkörper kann sich zumindest in der Theorie nicht bewegen, etwaige Verformungen z. B. durch Wärmedehnung müssen vom gesamten System aufgenommen werden.

Damit die oben genannten Verformungen möglichst klein gehalten werden, sollten die Abmessungen des Kühlkörpers möglichst eng toleriert sein, um nicht noch zusätzliche mechanische Spannungen in den Verbund der Bauteile mit einzubringen.

Kleine Kühlkörper werden i. d. R. direkt oder mittels wärmeleitenden Pads auf das zu entwärmende Bauteil geklebt, mit diesem verschraubt oder per Halteclip an diesem fixiert. Große Kühlkörper werden zusätzlich mittels Schraubkanälen, Bolzen, Distanzstücken o. ä. am Gehäuse verschraubt.

Warum Strangpressprofile nicht ausreichen

Die meisten Kühlkörper bestehen aus stranggepresstem Aluminium, einem Material, das sich durch hervorragende Wärmeleitfähigkeit, geringes Gewicht und hohe Korrosionsbeständigkeit auszeichnet. Die Herstellung über das Strangpressverfahren erlaubt komplexe Geometrien, ist jedoch hinsichtlich Maßhaltigkeit und Oberflächengüte nicht perfekt: Hierbei wird ein sogenannter Pressbolzen auf eine Verarbeitungstemperatur von ca. 450°C erwärmt und anschließend mittels eines Stempels durch ein Werkzeug, die Matrize, gepresst – vergleichbar mit der Herstellung von Spritzgebäck.

Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in der Möglichkeit, bei geringen Werkzeugkosten auch komplizierte Formen produktiv herzustellen, welche z. B. über große Aspektverhältnisse (i. e. Rippenhöhe zu -abstand), Hohlkammern oder Schraubkanälen verfügen.

Ein Nachteil dieses Verfahrens liegt, wie bei nahezu sämtlichen Verfahren der Umformtechnik, in der geringen Genauigkeit, welches zu hohen Fertigungstoleranzen führt. Diese Grenzabmaße und Formtoleranzen sind in den Normen DIN EN 12020-2 und DIN EN 755-9 festgelegt und werden durch den Hersteller auf der Profilzeichnung angegeben. Falls im Einzelfall geringere Toleranzen erforderlich sind, wird in Abstimmung mit Kunden und Lieferanten die technisch und wirtschaftlich beste Lösung gefunden.

Darüber hinaus können sich an der Profiloberfläche werkzeug-, material- und prozessbedingt unterschiedliche Oberflächenqualitäten bilden. Diese beinhalten z. B. Riefen, Stegabzeichnungen oder Streifen und sind nicht grundsätzlich als Fehler oder Mangel einzustufen.

Als Material kommen im Normalfall Aluminium-Knetlegierungen der Zusammensetzung AlMgSi mit der Normbezeichnung EN AW-6060 oder EN AW-6063 zum Einsatz, welche sich neben anderen metallurgischen Eigenschaften durch eine gute Umformbarkeit, hohe Korrosionsbeständigkeit, gute Eloxierfähigkeit und eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit auszeichnen.

Die oben genannten Aspekte haben zur Konsequenz, dass Kühlkörper insbesondere in den Bereichen nachbearbeitet werden sollten, in denen geringe Maß- sowie Form- und Lagetoleranzen eine wichtige Rolle spielen, also insbesondere dort, wo die Fixierung des Kühlkörpers z. B. am Gehäuse und die Anbindung der elektronischen, zu entwärmenden Bauteile realisiert werden soll.

Dieses »Finishing« erfolgt im Regelfall mechanisch, also zerspanend z. B. durch Fräsen, Bohren, Schleifen mittels moderner CNC-Bearbeitungsmaschinen, dazu kommt eine umfassende Oberflächenbearbeitung, nach der der Kunden ein schlüsselfertiges Bauteil erhält.

Kühlkörper sind integraler Bestandteil des Designs

Ein durchdachtes Kühlkonzept ist also keine Nebensache, sondern essenziell für die Funktionsfähigkeit elektronischer Systeme. Wer frühzeitig auf eine maßgeschneiderte Kühlstrategie setzt, spart langfristig Kosten. 


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Alutronic Kühlkörper GmbH & Co KG

Weitere Artikel zu Kühler, Lüfter, Klimatisierung