Die Harting Technologiegruppe hat 2023 eigenen Angaben zufolge zum zweiten Mal einen Umsatz leicht über eine Milliarde Euro erwirtschaftet. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet man jedoch eine eingetrübte Wirtschaftsentwicklung aufgrund der gesunkenen Auftragseingänge.
Nach dem Rekordergebnis von 1.059 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2021/22 erzielte das Espelkamper Unternehmen im Geschäftsjahr 2022/2023 einen Umsatz von 1.036 Milliarden Euro (-2,2 Prozent) – es fand also laut Philip Harting, CEO der Harting Technologiegruppe eine Seitwärtsbewegung nach den vorhergehenden Boomjahren statt.
Dabei stellte sich die Umsatzverteilung in den Regionen uneinheitlich dar, was die zunehmende Volatilität und die unterschiedlichen geopolitischen Rahmenbedingungen widerspiegele. Die Region Americas profitiere von wirtschaftspolitischen Anreizen – wie dem Inflation Reduction Act – und wuchs um 12 Millionen Euro (+9 Prozent) auf 159 Millionen Euro, während Asien durch den derzeit schwachen chinesischen Markt um 24 Millionen Euro schrumpfte (-9 Prozent).
Deutschland blieb mit 277 Millionen Euro (+2 Prozent) nahezu stabil. EMEA (Europa ohne Deutschland) hingegen verzeichnete einen Umsatzrückgang um 18 Millionen Euro (-5 Prozent) auf 355 Millionen Euro.
Der Personalbestand sank zum Stichtag 30. September 2023 um 241 Mitarbeitende von 6.446 auf 6.205 – im Wesentlichen bedingt durch den Verkauf von Harting Systems (-160 MA) und die Stilllegung der Gesellschaften in Russland (-61 MA).
»Mit unseren Investitionen in Höhe von 76 Millionen Euro, welche deutlich über den Abschreibungen liegen, stärken wir unsere Produktion, Entwicklung sowie Organisationsstrukturen und Prozesse. Dazu gehören Kapazitätserweiterungen in Rumänien (Agnita), eine neue E-Mobility-Linie in Mexiko und das aktuell eröffnete neue Werk in Vietnam«, so Philip Harting.
Zudem seien erhebliche Mittel in die weitere Digitalisierung und Automatisierung von Produktion und Prozessen geflossen – auch an den Standorten Espelkamp und Rahden. »Unsere Ziele sind klar: Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, deutlicher Kostensteigerungen, sowie überbordender Regulierung, müssen wir uns mehr denn je robust und nachhaltiger aufstellen«, so Harting.
Es gelte konsequent weiter zu automatisieren und zu digitalisieren sowie die Kosten von Gaslieferungen zu senken und langfristigen Zugriff auf Rohstoffe zu wettbewerbsfähigen Kosten sicher zu stellen. Nur so könne das Unternehmen die Grundlagen für weiteres Wachstum schaffen – welche im zunehmenden Maße im Ausland liegen.
Aber auch in Deutschland habe der Elektro-Mittelstand große Chancen durch seine innovativen Lösungen der Klima-Wende sowie der Nachhaltigkeit Vorschub zu leisten, wie Harting anhand mehrerer Beispiele aus seinem Unternehmen deutlich machte. So entwickle und liefere die Harting Technologiegruppe die Connectivity für die All-Electric-Society – für eine elektrifizierte und dekarbonisierte Welt.
Nicht zuletzt der Ukraine-Krieg und die darauffolgende Energiekrise habe das Unternehmen darin bestärkt, die Energie- und Wärmeversorgung des Unternehmens auf eine unabhängige und vor allem klimaneutrale Grundlage zu stellen. »Nachdem wir bereits seit über zehn Jahren zu 100 Prozent auf Ökostrom setzen, werden wir mit dem Erwerb einer weiteren Biogasanlage in Espelkamp mittels einer Direktanbindung an unsere Produktion nun auch zu 100 Prozent unabhängig vom Gasnetz und können dabei gleichzeitig den Carbon-Footprint um 1.200 Tonnen pro Jahr reduzieren«, berichtet Harting über eine Investition in zweistelliger Millionenhöhe.
Bis 2027 will die Unternehmensgruppe den CO2-Ausstoß auch weltweit um 60 Prozent senken und 2030 Klimaneutralität herstellen. Dazu investiert Harting auch im Geschäftsjahr 2023/24 erneut rund 75 Millionen Euro in die Entwicklung neuer Connectivity-Lösungen für die Dekarbonisierung, Digitalisierung und Automatisierung, in Strukturen und Prozesse sowie die weitere Globalisierung durch markt- und regionalspezifische Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten.
Trotz aller Anstrengungen, die das Unternehmen zur Zukunftssicherung unternehme, sieht Harting für das laufende Geschäftsjahr eine eingetrübte Wirtschaftsentwicklung und aufgrund der um gut zehn Prozent gesunkenen Auftragseingänge ein Unterschreiten der Milliarden-Euro-Marke. Man plane mit einem Umsatzrückgang im hohen einstelligen Prozentbereich. Dabei versucht das Unternehmen so gut es geht – mit einer flexiblen Produktionssteuerung sowie punktuell eingesetzter Kurzarbeit – gegenzusteuern.
Es werden ständig weitere Maßnahmen vor dem Hintergrund der akuten Entwicklungen geprüft. Trotz der aktuell herausfordernden Situation und einer möglicherweise über 2024 hinausgehenden Stagnation schaut Harting langfristig optimistisch in die Zukunft: »Ein Teil unserer Unternehmensvision lautet: Wir wollen ein Weltunternehmen werden. Und aufgrund der stetigen Entwicklung in den letzten drei Jahren steht für mich fest: Wir müssen ein Weltunternehmen werden. Diesen Weg gehen wir mutig, konsequent und voller Hoffnung.«