Auch wenn neue Projekte wegen des Chip-Mangels vorübergehend ausgebremst werden, gehen die Entwicklungsaktivitäten bei Single Pair Ethernet dynamisch voran. In den Fokus rückt z.B. die hybride Übertragung, die auf zunehmend großes Kundeninteresse stößt.
Single Pair Ethernet hat das Potenzial, einen großen Teil der heute verwendeten Bus-Netzwerke in der Automatisierung zu ersetzen. Wie hoch die Erwartungen an die zweiadrige Übertragungstechnologie sind, zeigt die rasant wachsende Anzahl an Herstellern, die Komponenten wie Steckverbinder und Kabel für ihre Kunden parat hält.
»Jedoch werden wir alle einen etwas längeren Atem brauchen als zunächst angenommen«, sagt Matthias Fritsche, Leiter des Arbeitskreises Technik im SPE Partner Network e.V. Nicht die Skepsis der Anwender setzt der jungen Technologie Grenzen, sondern die mangelnde Verfügbarkeit der Chips. »Wegen der Halbleiterknappheit ist es derzeit sogar schwierig, Bemusterungen durchzuführen.« Das bremst neue Projekte vorübergehend aus. Unbeeinflusst davon laufen aber die Entwicklungsaktivitäten weiter!
Wie beim klassischen Ethernet auch handelt es sich bei Single Pair Ethernet um eine dynamische Technologie. So arbeiten die Steckverbinder-Hersteller unter anderem eng mit der Arbeitsgruppe IEEE 802.3 zusammen, um bereits die nächsten Standards zu definieren, etwa für eine höhere Datenübertragungsrate und größere Übertragungslängen. Aber nicht nur diese Parameter spielen bei SPE eine wichtige Rolle, sondern ebenso eine gemeinsame Power- und Datenübertragung.
Power over Dataline - oft nicht gewünscht
Bei Single Pair Ethernet steht dafür die Ethernet-Technik „Power over Dataline“ (PoDL) bereit, mit der sich bis zu 50 W an das Gerät bringen lassen. Das ist weitestgehend ausreichend für alle Arten von Sensoren und eine große Menge an Aktoren, wie Stellmotoren und Ventile.
»Allerdings ist die Nutzung von PoDL nicht trivial«, gibt Matthias Fritsche zu bedenken. Dann die PoDL-Technik ist für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen gedacht und erfordert einen höheren Aufwand bei der Elektronik, welcher in vielen SPE-Anwendungen nicht zu rechtfertigen ist. »Man kann hier durchaus Parallelen zu ‚Power over Ethernet‘ ziehen«, erklärt der SPE-Experte, »welches sich in industriellen Anwendungen nicht in der Breite durchgesetzt hat.«
Daten und Power über eine Schnittstelle
Für Single Pair Ethernet gibt es eine einfachere Möglichkeit, Power und Daten hybrid zu übertragen. Dazu hat das SPE Partner Network von Beginn an eine hybride Schnittstelle in M8-Bauform auf den Weg gebracht, die zugeschnitten ist auf die Anbindung der Sensoren. Mit einem SPE-Kontaktpaar und zwei zusätzlichen Power-Kontakten kann diese Schnittstelle bis zu 60 V/8 A übertragen. »Diese Funktion trifft derzeit auf ein immer größer werdendes Anwenderinteresse«, berichtet Matthias Fritsche, der davon ausgeht, dass sich der hybride SPE-Steckverbinder im Bereich der Sensorik und auch Aktorik durchsetzen wird.
Hybrid-Steckverbinder für hohe Leistungen
Ergänzend dazu – für einen größeren Leistungsbereich – kündigt sich nun der nächste Entwicklungsschritt bei Single Pair Ethernet an: Auf Vorschlag von TE Connectivity, Gründungsmitglied im SPE Industrial Partner Network, wird derzeit gerade ein Steckverbinder-Entwurf in den Normungsprozess (IEC 63171-7) eingebracht, bei dem in einer M12-Schnittstelle neben dem Datenpaar zusätzlich bis zu fünf Power-Kontakte integriert sind. Damit wird SPE besonders interessant für z.B. den Einsatz in DC-Servoantrieben. Eric Leijtens, Produkt Manager für Industrial Communication von TE Connectivity, erklärt: »Mit einer Datenkapazität bis 1 Gbit/s und einer Leistungsspanne bis 11 kW als Ein-Kabel-Lösung stehen somit die Möglichkeiten für die verschiedensten Anwendungsbereiche in der industriellen Automation offen; wichtig ist uns dabei, dass wir diese Lösung normungsunterstützt industrieweit tragen und so für die entsprechende Marktakzeptanz sorgen.«
Fazit: Sollte sich SPE durchsetzen, wird die Technologie auch das Thema „Hybridübertragung“ weiter voranbringen. Dass der Markt eine hybride Übertragung will, zeigt sich aktuell auch darin, dass der Vorschlag von TE auf breite Zustimmung trifft. Erstmals scheint es einen Konsens bei Single Pair Ethernet zu geben, denn auch der Wettbewerb – die Single Pair Ethernet System Alliance – unterstützt ganz offiziell diesen neuen Normentwurf.
Mehr Informationen zum Thema Hybrid-Übertragung bietet der folgende Fachartikel von Ralf Moebus, Head of Product Management Industrial Communication von U.I. Lapp GmbH zum Thema "Power over Dataline vs. Hybridübertragung": https://www.elektroniknet.de/e-mechanik-passive/verbindungstechnik/single-pair-ethernet-power-inklusive.194520.html (Stand: 23.03.2022)