Der globale Chip-Engpass

Eine Chronologie unglücklicher Ereignisse

20. Juli 2021, 14:06 Uhr | Karin Zühlke
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2021 – eine Chance für Wachstum in globalen Lieferketten

Nach einem turbulenten Jahr 2020 schien es 2021 für einige Branchen Licht am Ende eines langen, langen Tunnels zu geben. Im neuen Jahr zeigten sich die Unternehmen optimistisch durch den Rollout von 5G, den Wiederaufschwung des Automobilsektors, einen erhöhten Bedarf an Rechenzentren und die zunehmende Abhängigkeit von KI und IoT, was Wachstum für Unternehmen bedeuten würde. Die ursprünglich auf die Pandemie zurückzuführenden Engpässe verschärften sich jedoch durch Nachfragewachstum, Rohstoffknappheit und Katastrophen weiter.

Im 1. Quartal 2021 waren die Lagerbestände der Distributoren zu gering und die Versorgung der Endkunden bei einer Vielzahl von Komponenten sehr knapp. Die zahlreichen Engpässe verursachten ein reduziertes Wachstum und führten zu einem Konkurrenzkampf der Hersteller um die Ressourcen. Das erste Quartal führte zu einer weiteren Eintrübung der globalen Märkte mit dem Ausblick für das 2. Quartal 2021, dass ein weiter anhaltender Konkurrenzkampf zwischen den Chipherstellern prognostiziert wurde, um Aufträge in einer Vielzahl von Branchen zu erfüllen – ein Konkurrenzkampf, der Unternehmen dazu zwingen würde, ihre Produktionslinien zu reduzieren oder ganz stillzulegen.

Die Halbleiterproduktion wurde weiter in Mitleidenschaft gezogen, als das Naka-Werk von Renesas in Japan innerhalb eines kurzen Zeitraums zwei schwere Rückschläge einstecken musste, was die Wafer-Knappheit, die ursprünglich im Jahr 2019 begann, weiter verschärfte. Im Februar 2021 verursachte ein Erdbeben einen Stromausfall, der die Produktion vorübergehend unterbrach, jedoch nur minimale Auswirkungen hatte. Der zweite Schlag traf dieselbe Anlage, als im März ein Brand ausbrach. Der Brand betraf ein Gebäude, in dem zwei Drittel der darin produzierten Wafer für die Automobilproduktion vorgesehen waren, wodurch sich zusätzliche Probleme für die Automobilhersteller ergaben.

Im Februar kam es zu einer weiteren Unterbrechung in der Chiplieferkette, als Texas weitreichende Stromausfälle und Stromabschaltungen aufgrund des Wintersturms Uri verzeichnete. Die großen Hersteller Samsung, NXP und Infineon stellten wegen des Sturms in Texas den Betrieb ihrer Werke ein. Das Ausmaß der Störung wird erst nach und nach bekannt werden.

Die Auswirkungen der Trockenheit in Taiwan verzögerten ebenfalls die Markterholung und könnten die Knappheit im 2. Quartal 2021 exponentiell verschärfen. Die taiwanischen Werke und Foundries produzieren etwa 53 % des weltweiten Halbleitermarktes, und vier der zehn Foundries haben Einrichtungen in Taiwan.

Fusion
Globaler Chip-Foundry-Marktanteil
© Bilder: Fusion

Die bisherigen Ereignisse im Jahr 2021 verdeutlichen den Abwärtstrend, in dem sich die globalen Märkte befinden – und der sich leider durch Engpässe, Katastrophen und Rohstoffmangel noch verstärkt. »Der Chip­engpass, der voraussichtlich bis Ende 2022 andauern wird, wurde durch Materialknappheit bei verschiedenen Rohstoffen erschwert – eine baldige Entspannung scheint für die Chiphersteller nicht in Sicht zu sein«, so Stefan Kober, Director of Sales in der DACH-Region bei Fusion Worldwide.

Blick in die Zukunft

Die geografische Diversifizierung der Chipherstellung ist eine Möglichkeit, für die sich die Unternehmen in einem strategischen Schritt entscheiden, um die Lieferketten zu sichern und eine langfristige Lösung inmitten der Turbulenzen der Halbleiterindustrie zu bieten. In ihren Initiativen, genau dies zu tun, haben US-Unternehmen die Biden-Administration aufgefordert, in die heimische Halbleiterfertigung zu investieren, um Lieferkettenschocks und Engpässe abzufedern sowie die Abhängigkeit von Asien zu verringern, wo 75 % der Chips produziert werden. Die Halbleiterindustrie könnte 50 Mrd. US-Dollar zur Erweiterung der US-Chipfertigung erhalten, wenn Präsident Bidens Infrastrukturvorschlag nach Prüfung vom Kongress genehmigt wird.

Zwei der weltgrößten Chiphersteller, das US-amerikanische Unternehmen Intel und das taiwanische Unternehmen TSMC, planen den Bau neuer Halbleiterwerke in den USA. Im Jahr 2020 kündigte TSMC an, zwölf Milliarden US-Dollar für den Bau einer Produktionsstätte in Arizona bereitzustellen, deren Produktion voraussichtlich 2024 beginnen wird. Daraufhin kündigte Intel seinen Plan an, zwei Produktionsanlagen in Arizona zu bauen und eine weitere in New Mexico aufzurüsten (kumulative Ausgaben von 23,5 Mrd. USD), die voraussichtlich 2023 betriebsbereit sein werden. Laut Intel sollen diese Werke eine Alternative zu den asiatischen Werken darstellen.

Der anhaltende Handelskrieg zwischen den USA und China ist ein weiterer Grund, warum die Chiphersteller die geografische Diversifizierung anstreben. Seit 2018 haben die Zölle einen Rückgang der chinesischen Halbleiterimporte um 5,36 Mrd. US-Dollar verursacht, was »Unsicherheit mit sich bringt, und wenn es Unsicherheit gibt, besteht das Risiko massiver Unterbrechungen der Lieferketten«, sagt Kober.

Die Zollerhöhungen im Laufe der Jahre und unvorhersehbare Umstände haben viele Unternehmen in einer Vielzahl von Branchen, die von Chips abhängig sind, vor schwierige Herausforderungen gestellt. Die Produk­tionsstättenerweiterungen und weiteren Investitionen in Halbleiterwerke stellen keine endgültige Lösung dar und lassen sich keineswegs kurzfristig umsetzen, aber sie bieten zumindest einen kleinen Lichtblick.


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