Ghosns Rauswurf

Der Nissan-CEO als Brutus?

23. November 2018, 8:08 Uhr | Heinz Arnold
Die französische Presse sieht Carlos Ghosn als Caesar, dem Nissan-CEO Hiroto Saikawa gibt sie in der Rolle des Brutus.
© Uli Deck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nissan hat wie erwartet Carlos Ghosn aus seinem Amt als Verwaltungschef entfernt. Er wollte Nissan und Renault stärker integrieren, Nissan zog die Notbremse.

Diesen Artikel anhören

Nissan wollte aber nicht integriert werden. Deshalb wäre ein Merger zwischen beiden Firmen kaum in Frage gekommen. Die französische Regierung aber wollte die Kooperation laut der französischen Wirtschaftszeitung »La Tribune« aber irreversibel machen.

»Caesars« Pläne

Ghosn arbeitete offenbar an einer neuen Struktur unter eine Holding-Firma. Nissan wiederum befürchtete, dass darüber sein Einfluss auf Nissan ungebrochen fortbestanden hätte, Nissan selber zu wenig gewinnen und die Selbständigkeit endgültig verlieren könnte.

Da traf es sich offenbar gut, dass Ghosn und seine Vertraute innerhalb von Nissan Finanzmanipulationen durchgeführt hatten. Ghosn habe sein Gehalt zu niedrig angegeben, teure Grundstücke in Rio de Janeiro und Beirut habe Nissan für Ghosn gekauft, er hätte Familienurlaube auf Firmenkosten bestritten. Ein Schaden von über 40 Mio. Dollar hätte sich angehäuft.

Dass dieses Fehlverhalten intern erst seit April aufgeklärt wurde und jetzt – zu einem aus Sicht des Management von Nissan günstigen Zeitpunkt in der Verhaftung Ghosns gipfelte – wirft auch auf Nissan selber ein ungünstiges Licht. Hätten die Good-Gouvernance-Richtlinien funktioniert, hätte der Skandal schon viel früher aufgedeckt werden müssen. Deshalb ermittelt die japanische Staatsanwaltschaft in dieser Affäre auch gegen Nissan.

»Brutus« greift ein

Das Management von Nissan sah sich offenbar unter Zeitdruck, denn Ghosn wollte seine Pläne schon im Frühling öffentlich vorstellen. Im März wär der zwanzigste Geburtstag der Partnerschaft zwischen Renault und Nissan gefeiert worden.

Nissan-CEO Hiroto Saikawa, ehemaliger Protégé von Ghosn, wollte offenbar einen Befreiungsschlag einleiten, viel zu lange sei das Unternehmen der Herrschaft einer einzigen übermächtigen Person unterworfen gewesen, er hat von der »dunklen Seite der Ära Ghosn« auf der Pressekonferenz vergangenen Montag nah der Verhaftung des in Japan ehemals als Retter von Nissan gefeierten Managers  gesprochen. Die französische Presse hat daraufhin Saikawa schon mal den Spitznahmen Brutus verpasst.

Die ganze Angelegenheit ist also auch hochpolitisch. Immerhin hält der französische Staat 15 Prozent an Renault. Diese Beteiligung war Nissan und Japan immer ein Dorn im Auge gewesen. Ghosn wiederum hatte die Staatsbeteiligung an Renault ebenfalls eher als Bremse für seine Pläne gesehen. Die französische Regierung habe wiederum die Ernennung von Hiroto Saikawa als CEO und die Japanisierung des Managements von Nissan eher mit wenig Vergnügen gesehen, schreibt »La Tribune«.

Währenddessen sitzt Ghosn immer noch in Japan in Haft. Thierry Bolloré führt als Stellvertreter die Geschäfte, Renault hat Ghosn, gegen den in Frankreich nichts Vorläge, seiner Ämter nicht enthoben.

Es wird interessant sein zu beobachten, wie Thierry Bolloré sich im Interessendschungel zwischen den beteiligten Unternehmen sowie den nationalen Empfindlichkeiten zurechtfinden wird und ob er genügend diplomatisches Geschick entwickelt, um die Allianz retten zu können.

Die Wirtschaftsminister von Frankreich und Japan haben unterdessen bereits gemeinsam verkündet, die Allianz weiter fortführen zu wollen. Das alleine sagt allerdings wenig. Zumal die französische Regierung die Beteiligung an Renault sicherlich nicht aufgeben will. 

 

 



Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Nissan Center Europe

Weitere Artikel zu Renault Deutschland AG

Weitere Artikel zu MITSUBISHI MOTORS Deutschland GmbH