Agile Methodik

Mit Sicherheit kritisch?

4. Juli 2013, 15:15 Uhr | Bernhard Sechser und Otmar Seckinger
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Sicherheitsanforderungen versus agile Entwicklung?

ISO 26262 stellt zahlreiche Detailforderungen an Arbeitsweisen, Werkzeuge und Methoden der Entwicklung. Auf diesem Weg sollen systematische Fehler vermieden werden. So müssen

  • Werkzeuge, beispielsweise Code-Generatoren, qualifiziert,
  • Codier-Richtlinien, die zum Beispiel implizite Typkonversionen verbieten, eingesetzt und
  • die Software durch geeignete Verfahren, wie etwa Datenflussanalysen, verifiziert
  • werden.
  • Keiner der genannten Punkte widerspricht direkt einem agilen Vorgehen. Das Problem besteht darin, die Umsetzung dieser Detailanforderungen sicherzustellen (Bild 2).
  • Aus ISO 26262 ergeben sich außerdem zusätzliche Produkte und Dokumente, die entstehen und gepflegt werden müssen, zum Beispiel
  • eine Gefahrenanalyse zur Abschätzung des Pro­dukt­risikos,
  • ein funktionales Sicherheitskonzept, um Risiken zu vermeiden oder wenigstens zu reduzieren,
  • Analysen wie FMEA oder FTA, um das Gesamtkonzept abzusichern.
Bild 2. Anonymisierter Vergleich der Einführung von agilen Methoden bei zwei Automobil-Zulieferern ohne und mit ISO-26262-Anforderungen.
Bild 2. Anonymisierter Vergleich der Einführung von agilen Methoden bei zwei Automobil-Zulieferern ohne und mit ISO-26262-Anforderungen.
© Method Park

Keines dieser notwendigen Ergebnisse wird explizit von agilen Methoden angesprochen. Scheinbar widersprechen diese sogar dem Grundsatz „working software over comprehensive documentation“. In der Praxis ist das allerdings nur ein Schein-Widerspruch: Die Dokumente lassen sich ohne weiteres über das „Product Backlog“ sowie durch Spezifikation in der „Definition of ­Done“ von der Entwicklung einfordern.
In sicherheitskritischen Projekten müssen die Sicherheitsanforderungen und -architekturen frühzeitig definiert werden. Daher ist es erforderlich, die notwendigen Iterationen innerhalb des Projekt-Lebenszyklus anders zu planen. Im klassischen V-Modell sollte die Entwicklung der Anforderungen und der Architektur abgeschlossen sein, bevor mit Umsetzung und Test begonnen wird. Die agilen Vorgehensweisen hingegen propagieren ein inkrementell iteratives Vorgehen. Als Konsequenz daraus fällt es schwer, bei sicherheitskritischen Projekten ein „Continuous Delivery“ bzw. ein „Responding to Change“ umzusetzen.


  1. Mit Sicherheit kritisch?
  2. Definition: agile Entwicklung
  3. Anforderungen einer ISO-26262-konformen Entwicklung
  4. Sicherheitsanforderungen versus agile Entwicklung?
  5. Selbstorganisierende Teams in eine Sicherheitskultur integrieren
  6. Unterstützung einer sicherheitsrelevanten Entwicklung
  7. Die Autoren

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