Alarmstimmung wegen Nexperia

VDA warnt vor Stopps in der Automobilproduktion

21. Oktober 2025, 20:08 Uhr | Heinz Arnold
Hildegard Müller, Präsidentin des VDA: »Sollte die Unterbrechung nicht kurzfristig behoben werden, drohen erhebliche Produktionseinschränkungen, gegebenenfalls sogar Produktionsstopps.«
© VDA

Die deutsche Automobilindustrie steht erneut vor einem möglichen Engpass bei der Halbleiterversorgung – der VDA warnt vor Produktionsstillständen.

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Nach Informationen des VDA hat der niederländische IC-Hersteller Nexperia seine Kunden am 10. Oktober darüber in Kenntnis gesetzt, dass er die Belieferung der Automobilzulieferkette »nicht mehr in Gänze gewährleisten« könne.

»Die Mitteilung beschreibt eine Abfolge von Ereignissen, die dazu führt, dass das Unternehmen die Lieferung seiner Chips einschränken muss«, erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. 

2019 hatte die chinesische Wingtech Nexperia übernommen. Die Chips von Nexperia sind in einer Vielzahl elektronischer Steuergeräte verbaut – von Motorsteuerungen über Sicherheitssysteme bis hin zu Infotainment-Elementen. Damit sitz Nexperia an einer zentralen Position innerhalb der Halbleiter-Lieferkette für die globale Automobilindustrie.

Branche reagiert mit Sorge

Die Nachricht hat in der Industrie erhebliche Besorgnis ausgelöst. Nach den massiven Lieferproblemen während der Corona-Pandemie und den geopolitischen Spannungen rund um Taiwan und China gilt die Versorgung mit Halbleitern nach wie vor als Schwachpunkt in den Lieferketten der europäischen Hersteller. »Sollte die Unterbrechung nicht kurzfristig behoben werden, drohen erhebliche Produktionseinschränkungen, gegebenenfalls sogar Produktionsstopps«, warnte Müller.

Der VDA steht eigenen Angaben zufolge in engem Austausch mit den betroffenen Unternehmen, der Bundesregierung und der Europäischen Kommission. Ziel sei es, »schnelle und pragmatische Lösungen« zu finden, um die Lieferengpässe abzufedern. Denkbar sind kurzfristige Umrüstungen auf alternative Chiptypen oder Umverteilungen von Lagerbeständen zwischen Herstellern.

Nexperia im geopolitischen Spannungsfeld

Nexperia mit Hauptsitz in Nijmegen produziert jährlich Milliarden Standardhalbleiter, darunter Dioden, Transistoren und integrierte Schaltungen. Das Unternehmen beliefert nicht nur die Autoindustrie, sondern auch die Konsumelektronik, Industrieautomation und Energietechnik. Durch die Wingtech-Übernahme 2019 und den daraus resultierenden engen Verbindungen nach China steht Nexperia seit einiger Zeit im Fokus europäischer und amerikanischer Behörden.

Am 7. Oktober 2025 entschied die Unternehmenskammer des niederländischen Berufungsgerichts, dass begründete Zweifel an einer ordnungsgemäßen Unternehmensführung bei Nexperia unter der Leitung des ehemaligen CEO Zhang Xuezheng bestehen. Er von seinem Amt suspendiert. 

Außerdem ordnete die Kammer an, dass nahezu alle Stimmrechte an den Nexperia-Aktien, die mittelbar von Wingtech Technology gehalten werden, einem von der Kammer bestellten unabhängigen Verwalter unterstellt  werden. Die niederländische Regierung mache sich Sorgen um die Verfügbarkeit von Halbleiterprodukten, die für die europäische Industrie von entscheidender Bedeutung sind.

Keine Chips mehr von Nexperia China

Als Antwort auf die niederländischen Maßnahmen untersagte das chinesische Handelsministerium am 4. Oktober 2025 Nexperia den Export von in China produzierten ICs. Auch Subunternehmern wurde der Export bestimmter Komponenten und Baugruppen untersagt, die in China hergestellt wurden. Jetzt droht wieder einmal eine Knappheit.

Trennung von der Mutter?

Ein paar Tage später hatte laut Reuters die chinesische Niederlassung von Nexperia erklärt, dass sie das Recht habe, unabhängig von der niederländischen Muttergesellschaft zu agieren.

»Wir wissen, dass Mitarbeiter von Nexperia China Meldungen streuen, in denen behauptet wird, dass Nexperia und die niederländische Regierung den chinesischen Markt aufgegeben hätten und dass die Fabrik nun unter einer neuen Einheit betrieben werde. Das ist falsch«, erklärte der niederländische Chiphersteller daraufhin gegenüber Reuters. Die Geschäfte liefen normal weiter.

Im Moment seht es allerdings nicht so aus, als ob bei Nexperia Normalität herrschte.


 


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