Neben der Sprachassistenz gehören auch reale Berührungen zum Bedienkonzept moderner Infotainmentsysteme. In der Regel kommen bei einem derartigen Touch-Bedienkonzept nachfolgende Eingabemöglichkeiten zum Einsatz:
Mit dem Touchpad, etwa auf der Mittelkonsole, lassen sich die Anzeigen des Media-Displays intuitiv verändern. Per Mehrfingergeste können die angezeigten Inhalte verschoben oder – etwa bei der Navigationskarte – vergrößert werden. Ein haptisches Feedback bestätigt dabei jede Eingabe und erlaubt es dem Fahrer, den Blick stets auf der Straße zu halten. Da das Touchpad auch handschriftliche Eingaben erkennt, können Adressen oder Telefonnummern schnell eingegeben werden. Die Bedienelemente am Lenkrad ermöglichen die Steuerung des Infotainments, des Kombi-Instruments und des Head-up-Displays beispielsweise per Finger-Wischbewegungen – mit beiden Händen fest am Lenkrad.
Mit der neuen Infotainmentgeneration und den Möglichkeiten, welche der neue Mobilfunk-Konnektivitäts-Standard 5G in den kommenden Jahren bieten wird, können Hersteller und Drittanbieter eine Vielzahl vernetzter Dienstleistungen anbieten. Dazu zählen unter anderem Navigationsfunktionen durch die Car-to-X Kommunikation, wie beispielsweise Informationen über den Fahrbahnzustand oder herannahende Rettungsfahrzeuge.
Ein weiteres, bereits existierendes Angebot ist die Fahrzeugortung, die das Wiederfinden des geparkten Fahrzeugs erleichtert und zusätzlich eine Nachricht übermittelt, falls das geparkte Fahrzeug angerempelt oder abgeschleppt wird. Andere Anwendungen informieren über die rechtzeitige Abfahrtszeit, um pünktlich beim nächsten Termin anzukommen – sogar unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage. Die zusätzlichen Apps lassen sich bedienerfreundlich als Icons auf dem Bildschirm platzieren und, wie auch alle anderen Hauptapplikationen, frei auf dem Startbildschirm des Infotainmentsystems anordnen. Darüber hinaus können auf Wunsch auch Online-Inhalte wie aktuelle Benzinpreise oder die Parkplatzverfügbarkeit im Parkhaus visualisiert werden.
Im Smartphone-Zeitalter erwarten Kunden darüber hinaus ein nahtloses und intelligentes Zusammenspiel ihres Fahrzeugs mit unterschiedlichsten Geräten des Internet of Things (IoT). Smartphones können bereits heute mitsamt ihren Anwendungen in moderne fahrzeugseitige Infotainmentsysteme integriert werden und ermöglichen so ein ganzheitliches Mobilitätserlebnis von »Tür zu Tür«. Über mobile Endgeräte können dabei etwa Adressen oder Points of Interest (POI) direkt an das Fahrzeug übermittelt werden. Die Anwendungen sind intuitiv bedienbar sowie lernfähig und können Zielvorschläge unterbreiten, die auf den Nutzergewohnheiten basieren. Ist der Fahrer etwa immer in einem bestimmten Zeitraum auf dem Weg ins Büro, wird die Arbeitsadresse automatisch werktags zu der jeweiligen Uhrzeit als Navigationsziel vorgeschlagen.
Durch Vorhersage-Funktionen antizipieren moderne Infotainmentsysteme künftig die nächsten Nutzeraktivitäten. Wer beispielsweise häufig dienstags auf dem Nachhauseweg mit einer bestimmten Person telefoniert, bekommt an dem Wochentag die Telefonnummer auf dem Display vorgeschlagen. Wer regelmäßig zu einer bestimmten Zeit zu einem Radiosender mit Nachrichten wechselt, bekommt das ebenfalls als Vorschlag. Und wenn das Navigationssystem eine öfter befahrene Route erkennt, wird schon im Hintergrund die Navigation zu dem Ziel gestartet. Gleichzeitig bietet das System beispielsweise dem Fahrer relevante Wegpunkte entlang der Route an, etwa das Fitnessstudio.
Der Fahrer muss dann lediglich den Vorschlag bestätigen und schon stehen ihm alle Informationen zur Strecke inklusive Stauwarnungen zur Verfügung. Künstliche, lernfähige Intelligenz verwandelt das Auto so nach und nach zu einem persönlichen Assistenten. Darüber hinaus können die Fahrer in Zukunft die Anzeigen im Armaturenbrett, Head-up-Display sowie der Mittelkonsole individuell auswählen und die angezeigten Informationen definieren.
Infotainmentsysteme werden individuell konfigurierbaren Sound für jeden einzelnen Fahrzeuginsassen ermöglichen. Die Fahrzeuginsassen können dann etwa die Lautstärke, den Basspegel oder den Surround-Sound an dem jeweiligen Sitzplatz individuell einstellen (Bild 2).
»Individual Sound Zones« schaffen im gesamten Fahrzeuginnenraum eine ideale Umgebung für Gespräche – wichtige Geräusche werden verstärkt, unerwünschte Nebengeräusche reduziert. Künftig nutzen Infotainmentsysteme auch biometrische Analysen sowie GPS- und Kalendersynchronisationen. Abhängig von Aufenthaltsort, Zeitplan und Erschöpfungszustand wird dann die Audiowiedergabe entsprechend angepasst – für eine konzentrierte und entspannte Ankunft am gewünschten Zielort.
Ein weiteres Ausstattungsmerkmal der nächsten Generation von Infotainment-systemen ist die durch Augmented Reality (AR) ergänzte Kartendarstellung. Das Videobild der Frontkamera wird dabei um hilfreiche Navigationsinformationen erweitert. So können beispielsweise Hinweispfeile oder Hausnummern direkt in das Live-Bild auf dem Touchscreen eingeblendet werden (Bild 3).
Das erleichtert dem Fahrer die Suche nach einer Hausnummer oder das Auffinden der richtigen Seitenstraße. Durch die Kombination aus Online- und Festplattendaten ist die Onboard-Navigation auch ohne Online-Verbindung funktionsfähig.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Entwicklung und Implementierung von Infotainmentprodukten ist heutzutage die intensive und integrierte Zusammenarbeit zwischen Infotainmentanbieter und Automobilhersteller. Während ältere Produkte über Schnittstellen und genormte Anschlüsse eingebunden und damit separat entwickelt werden konnten, müssen moderne Systeme vollständig in die gesamte Fahrzeug-Infrastruktur implementiert werden. Somit funktioniert das bislang etablierte Modell einer Zusammenarbeit mit geteilten Aufgaben heute nicht mehr. Eine schnelle und reibungslose Entwicklung und Integration von Innovationen erfordert einen intensiven Dialog und einen permanenten Gedanken- und Ideenaustausch.
Der Autor
Günther Kraft
hat in Heilbronn Physikalische Technik studiert. Seit Oktober 2000 arbeitet er im Bereich Engineering bei Harman in Karlsbad. Seit März 2015 ist er Vice President, CoC System Development.