Mit neuen Entwicklungen wollen Hersteller aus dem Elektronikbereich die Reichweite von E-Fahrzeugen erhöhen und sowohl Automobilzulieferern als auch OEMs sowie Fahrzeugbesitzern einen Mehrwert bieten. LEM und Semikron Danfoss haben zusammengearbeitet, um diese Ziele zu erreichen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, eine hohe Leistungsdichte in batteriebetriebenen Antrieben mit Traktionsmotor und On-/Off-Board-Ladegeräten für Elektrofahrzeuge zu erzielen. Eine davon ist die nahtlose und effiziente Integration, die andere der Einsatz möglichst platzsparender Leistungsmodule und Stromsensoren.
Durch ihre Kombination aus hoher Leistungsdichte und Effizienz ermöglichen SiC-MOSFET-Leistungsmodule kompakte Systeme und größere Reichweiten. Seit einiger Zeit arbeiten LEM und Semikron Danfoss eng zusammen, um eine Neuerung speziell für den elektrischen Antriebsstrang zu konzipieren.
Semikron Danfoss wollte seinen Kunden ein Leistungsmodul anbieten, das die Sensorfunktion vollständig integriert und gleichzeitig den Platzbedarf der Komponenten verringert. Dies vereinfacht die Montage und hält die Kosten niedrig. Nicht nur war eine Lösung mit deutlich geringerem Platzbedarf und höherem Integrationsgrad das Ziel, sondern ein All-in-One-Modul. Die beiden Unternehmen entwickelten deshalb ein Konzept, das einen Nano-Stromsensor von LEM in die Halbbrücken-Leistungsmodulplattform DCM (Direct Cooled Molded) von Semikron Danfoss integriert.
Die 1200-V-DCM1000X-Reihe basiert auf neuesten 750-V-SiC und 1200-V-SiC- MOSFETs (sowie Si-IGBTs). Damit erlaubt die Plattform eine DC-Zwischenkreisspannung von bis zu 1000 V und erfüllt den Isolationskoordinationsstandard IEC 60664-1. Die Strombelastbarkeit des Moduls lässt sich aufgrund der verwendeten Halbleiterfläche auf bis zu 800 Aeff skalieren.
Die beiden Unternehmen haben nicht nur ein völlig neues Montagekonzept entwickelt, sondern auch einen kernbasierten Stromsensor, der um 60 % kleiner ist als andere am Markt erhältliche Produkte. Das Konzept zeichnet sich durch eine hohe Bandbreite und Immunität gegen unbeabsichtigte elektromagnetische Kopplung zwischen den Leiterbahnen auf einer Leiterplatte aus und kann auf jedes Leistungsmodul, jede Sammelschiene oder jeden gemeinsamen Leiter erweitert werden, um Ströme vollständig integriert zu messen.
Der neue Nano-Stromsensor eignet sich vor allem für den Einsatz in EV-Traktionswechselrichtern, die die DCM-Plattform nutzen. Er ist auch mit anderen Leistungsmodulplattformen von Semikron-Danfoss kompatibel. Das Konzept punktet mit einem hohen Maß an Integration, lässt sich einfach montieren und erfüllt alle Isolationsanforderungen für 800-V-Batteriesysteme. Weitere Merkmale des neuen Sensors sind seine Zuverlässigkeit in anspruchsvollen Umgebungen, einschließlich Schutz vor Feuchtigkeit und Vibration, Stabilität bei hohen Temperaturen sowie hohe mechanische Robustheit.
Das DCM1000X ist ein Spritzguss- Leistungsmodul mit Strom- und Signalleitungen, die seitlich aus dem Gehäuse herausgeführt werden. Dadurch entsteht ein Freiraum zwischen der Oberseite des Gehäuses und der Gate-Treiberplatine. Die innovative Idee hinter dem Nano-Konzept war die Entwicklung eines kernbasierten Stromsensors, der in diesen ungenutzten Raum passt. Bild 1 zeigt eine Explosionsansicht der Baugruppe.
Der Nano-Sensor weist eine hohe Genauigkeit, Immunität gegen externe Felder, eine hohe Bandbreite sowie einen hohen Signal-Rausch-Abstand (Signal-to-Noise Ratio, SNR) auf – wie die meisten kernbasierten Stromsensoren. Da der Platzbedarf des Stromsensors bereits im Leistungsmodul vorhanden ist, wird kein zusätzlicher Platz im Wechselrichter benötigt.
Es müssen keine weiteren Komponenten installiert werden, um den Sensor mechanisch zu befestigen und elektrisch an die Treiberplatine anzuschließen. Der Nano-Sensor zeichnet sich durch seinen besonders hohen Inte- grationsgrad aus – auch gegenüber anderen kernbasierten Stromsensoren. Dies vereinfacht den Prozess der vertikalen Integration, senkt die Herstellungskosten und verlängert die Lebensdauer des Produkts.
LEM hat einen Magnetkern entwickelt, der die Sammelschiene mit einem doppelten Luftspalt und einem Pfad mit hoher Reluktanz umgibt. Damit lässt sich die Kernsättigung bei höheren Strömen bewältigen und die Flussdichte im Kern verringern. Dieser Magnetkern wurde mit zwei geraden ferromagnetischen Stäben umgesetzt – einer befindet sich auf der AC-Sammelschiene, der andere darunter. In den beiden Luftspalten sind Hallelemente positioniert. LEM stellte fest, dass der Spritzgussprozess
die Leistungsfähigkeit des Sensors beeinflussen kann, da dieser die Struktur des Kerns möglicherweise angreifen könnte, seinen Sättigungsgrad verringert und den magnetischen Offset erhöht. All dies kann die Gesamtgenauigkeit beeinträchtigen.
Da der Kern aufgrund von Platzbeschränkungen nicht vergrößert werden konnte, wurden die bei Danfoss vergossenen und bei LEM kalibrierten Muster während des Montageprozesses überprüft. Ziel war es, die Leistungsfähigkeit des neuen Konzepts in seiner endgültigen Konfiguration zu bestätigen, einschließlich der Genauigkeitstests bei unterschiedlichen Stromstärken und Temperaturen.
Es stellte sich heraus, dass der Spritzgussprozess die Leistungsfähigkeit des Sensors nur geringfügig beeinträchtigt, mit einem globalen Offsetfehler (magnetisch und elektrisch) von unter ±5 A und einem Empfindlichkeitsfehler kleiner 3 % (Bild 2). Ebenso bestätigten die Bandbreitemessung (Bild 3), die Messung der Sprungantwort (Bild 4a und 4b) sowie der Kurzschlusstest (Bild 5) an den vollständig vergossenen Mustern eine Reaktionszeit unter 3 µs.
Um die AC-Systemebene unter einem realen Wechselrichterbetrieb zu testen, wurde der Prototyp (A-Sample), der über die neueste Generation von SiC-MOSFETs verfügt, als eine Phase eines 3-phasigen Systems verwendet. Dieses ermöglicht schnelle Schalttransienten, um die Robustheit des Nano-Sensors gegenüber hohen dV/dt zu überprüfen.
Die folgenden elektrischen Parameter wurden für das DoE (Design of Experiment) verwendet: fsw = 10 kHz, Grundschwingung = 50 Hz, Leistungsfaktor = 1, I = 650 Aeff. Die Temperatur des Wasser-Glykol-Gemischs am Einlass wurde bei 30 °C und einer Durchflussrate von 8 l/min gehalten. Als Leistungsreferenz wurde ein Fluxgate-Stromsensor ver-wendet. Bild 6a zeigt die Testergebnisse mit einem sinusförmig modulierten Strom.
Die Ergebnisse stimmen mit den Simulations- und Kalibrierarbeiten überein und zeigen konsistente Ergebnisse bei den verschiedenen getesteten Stromstärken bis 650 A (Bild 6b).
Herkömmliche Transfer-Molding-Verfahren gestatten keine Verbindung von oben und erfordern ein Aushärten der Formmasse bei hohen Temperaturen. Aus diesen Gründen wurde der Sensor geteilt. Der magnetische Kern auf der Unterseite befindet sich im Leistungsmodul, der magnetische Kern auf der Oberseite (mit den Sensorelementen) befindet sich außerhalb des Leistungsmoduls.
Das endgültige Layout (Bild 7) ist eine Sandwich-Struktur von Leistungsmodul, Sensorelementen und Gate-Treiberplatine. Es besteht auch eine direkte Verbindung zwischen dem Sensorelement und der Gate-Treiberplatine.
Durch die Verbindung des Sensors mit der Oberseite des Gehäuses ergibt sich ein Design mit ausreichenden Abständen für Luft- und Kriechstrecken zwischen den Anschlüssen außerhalb des Gehäuses. Somit werden die Anforderungen an die Hochspannungsisolierung erfüllt und das Layout der Gate-Treiberplatine vereinfacht.
Im Inneren des Gehäuses ist der vergossene Magnetkern mit demselben Potenzial verbunden wie der Phasenanschluss. Der Querschnitt der Sammelschiene wurde geringfügig reduziert, um die Breite des Magnetkerns zu verkleinern und den Isolationsabstand zwischen Kern und angrenzenden Leitungen zu vergrößern. Diese Einschränkung hat keine Auswirkungen auf die mechanische Stabilität der Sammelschiene und verursacht auch keine thermischen Probleme, da diese sich auf einem Teil der Schiene befindet, der vergossen ist und sehr nah am flüssigkeitsgekühlten Substrat liegt.
Fabio Carastro, Senior Electrical Engineer bei Semikron Danfoss, kommentiert: »Die Kombination unseres DCM-Leistungsmoduls, der SiC-MOSFETs und des integrierten Sensors von LEM hebt Wechselrichter für Elektrofahrzeuge auf die nächste Stufe der Integration und Leistungsdichte.« »Dieses Projekt war eine große Herausforderung, und sein Erfolg beruht auf der umfassenden Zusammenarbeit mit Semikron Danfoss«, ergänzt Damien Coutellier, Senior Electronics Engineer und Nano Project Manager bei LEM.
Damien Coutellier
ist Projektmanager für Leistungselektronik bei LEM im französischen Miribel, Auvergne-Rhône-Alpes, und verfügt über mehr als sieben Jahre Erfahrung. Coutellier hat sich auf die Entwicklung und Optimierung von DC- und AC-Leistungswandlern, Steuerungsalgorithmen und elektrischen Modellen für Anwendungen in der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt und im Haushalt spezialisiert. Er verfügt über Know-how bei Stromversorgungssystemen für Elektro- und Hybridfahrzeuge und konzentriert sich dabei auf Strom-, Spanungs- und Temperatursensoren