Steckverbinder für die E-Mobilität

Zuverlässige Schnittstellen unter Extrembedingungen

17. September 2025, 8:30 Uhr | Irina Hübner
Bild 1. Beispiel für einen IP67- Hybridsteckverbinder für DC/DC-Wandler.
© Suyin Europe

E-Mobilität stellt die Verbindungstechnik vor Herausforderungen: Hohe Ströme, komplexe Signalübertragung und extreme Umweltbedingungen treffen auf Miniaturisierung, EMV-Schutz und Nachhaltigkeit. Gefragt sind Steckverbinderlösungen, die technische Exzellenz mit konstruktiver Intelligenz kombinieren.

Diesen Artikel anhören

Mit dem technologischen Wandel hin zu elektrifizierten Fahrzeugen steigen auch die Anforderungen an die darin verbaute Verbindungstechnik. Insbesondere Steckverbinder müssen hohen Strömen und wechselnden thermischen und mechanischen Belastungen standhalten, dabei platzsparend konstruiert sein und zugleich eine verlässliche Signalübertragung gewährleisten. Hinzu kommen anspruchsvolle Anforderungen an EMV-Verhalten, Schutzarten, Montagefreundlichkeit und Nachhaltigkeit.

»Mit der Transformation zur Elektromobilität steigen die Anforderungen an Steckverbinder deutlich an«, betont Tibor Kovacs, Managing Director bei Suyin Europe, Spezialist für Entwicklung und Fertigung anwendungsspezifischer Steckverbinderlösungen, unter anderem für Hersteller von E-Fahrzeugen und Ladesäulen. »Höhere Ströme, komplexere Elektronik und zunehmend kompaktere Einbauräume fordern individuelle Lösungen. Gerade im Ladebereich steigen die Anforderungen stetig. Wir liefern etwa für ungekühlte 375-A-Stationen mit Suyin-Steckverbindern konfektionierte Ladekabel, die sogar 800 A im Boost-Modus übertragen.«

Die Anforderungen an Steckverbinder gehen damit weit über mechanische Stabilität hinaus. EMV-Schutz, hohe Vibrationsfestigkeit und thermische Beständigkeit sind ebenso relevant wie platzsparende Bauformen oder funktionale Integration mehrerer Schnittstellen in einem Bauteil. Gerade letzteres kann Montageaufwand, Fehleranfälligkeit und Bauteilvielfalt deutlich verringern.

Bild 2. Beispiel für einen CCS2-375-A-DC-Ladekabel-Steckverbinder.
Bild 2. Beispiel für einen CCS2-375-A-DC-Ladekabel-Steckverbinder.
© Suyin Europe

Zuverlässigkeit unter extremen Bedingungen

Im elektrischen Antriebsstrang, an Batteriemodulen oder in Ladeeinheiten wirken thermische, mechanische und chemische Belastungen zugleich auf die Schnittstellen ein. »Neben Schutzarten wie etwa IP67 müssen viele Steckverbindungen je nach Applikation mehrere Tausend Steckzyklen absolvieren. Beim Laden beispielsweise fordert die Norm bis zu 10.000 Zyklen«, erläutert Kovacs. Kontaktunterbrechungen durch Vibrationen oder Mikrobewegungen (Microfretting) sind dabei kritisch. Durch geeignete Geometrien und Beschichtungen wie PdNi oder Gold lässt sich solchen Risiken wirksam begegnen.

Die Herausforderung liegt nicht nur in der physischen Robustheit, sondern auch in der Langzeitstabilität der elektrischen Parameter, insbesondere bei sensibler Signalübertragung unter EMV-Kriterien. Fehlerhafte Kontakte, die zu intermittierenden Störungen führen, können schwer zu diagnostizieren sein und den Betrieb erheblich beeinträchtigen.

Kein Standard für alle Fälle: Der kundenspezifische Weg

Viele dieser Herausforderungen in Kombination lassen sich oft nicht mit Katalogware bewältigen. »Standardprodukte stoßen bei der E-Mobilität schnell an Grenzen. Unsere Lösungen sind daher stets anwendungsspezifisch und exakt auf Einbausituation, Belastungsprofil und Funktionsumfang zugeschnitten«, so Kovacs. So entwickelt Suyin etwa Hochstromkontakte für AC-Ladesockel, die platzsparend in Leiterplatten eingelötet werden, statt mit separaten Strom- und Signalleitungen verbunden zu sein.

Insert-Molding-Technologien sorgen für besonders stabile Geometrien bei dünnwandigen Komponenten. Zusätzliche Features wie geführtes Blindstecken, codierte Verriegelung (Poka Yoke), ergonomische Steckwinkel oder kombinierte Signal-/Power-Schnittstellen lassen sich projektindividuell integrieren. All das zahlt auf einen optimierten Total Cost of Ownership ein: geringerer Montageaufwand, reduzierter Materialbedarf, niedrigere Fehlerquoten und effizientere Lagerhaltung.

Elektromagnetische Verträglichkeit von Anfang an mitdenken

Ein durchdachtes EMV-Design beginnt nicht erst mit der Integration von Ferritkernen oder Abschirmhülsen, sondern bereits bei der physischen Konzeption der Steckverbindung. »Wir achten bereits in der Entwurfsphase auf abgeschirmte Kontaktzonen, geschlossenes Geometrie-Design und EMV-gerechte Layoutführung bei differenziellen Signalen«, erklärt Kovacs. Damit lassen sich Abstrahlung verringern und die Störfestigkeit deutlich erhöhen.
Suyin prüft EMV-relevante Parameter bereits frühzeitig, stimmt sie mit dem Kunden ab und validiert diese in Prototypen. So können auch in hochfrequenten Umgebungen, etwa im Zusammenspiel von Ladeeinheit, Wechselrichter und Steuergeräten, stabile Schnittstellen sichergestellt werden.

Kompakt, aber leistungsfähig: Miniaturisierung mit Hochstrombelastung

Gerade in der Leistungselektronik ist Miniaturisierung ein zentrales Thema. Die Herausforderung: Trotz schrumpfender Baugrößen müssen hohe Stromstärken sicher übertragen werden. »Hochleitfähige Legierungen wie CuCrZr oder CuAg, kombiniert mit thermisch belastbaren Isolatoren und angepasster Geometrie, ermöglichen hier neue Lösungen«, sagt Kovacs. Auch Insert Molding spielt eine Schlüsselrolle für mechanische Stabilität bei reduzierten Wandstärken.

Thermische Entkopplung und elektrisch getrennte Signal- und Strompfade im selben Gehäuse helfen, Hitzenester zu vermeiden und die Zuverlässigkeit sensibler Baugruppen zu erhöhen. Kombinierte Steckgesichter mit Signal- und Powerkontakten sparen Bauraum und reduzieren die Teileanzahl.

Materialien und Dichtkonzepte: Qualität beginnt im Detail

Für die geforderte Langzeitzuverlässigkeit setzt Suyin auf Hochleistungskunststoffe mit hoher CTI-Klassifizierung. Zusätzliche Betriebssicherheit entsteht durch O-Ringe, Mehrkammerdichtungen, spezielle Vergussmassen oder umspritzte Geometrien. »Auch mehrfache Kontaktfedern, mechanische Codierungen und geeignete Schmierstoffe gegen Reibkorrosion tragen zur Funktionssicherheit bei«, führt Kovacs aus.

Alle eingesetzten Materialien werden auf Beständigkeit gegen Medien wie Bremsflüssigkeit, Kühlmittel oder Reinigungschemikalien hin geprüft. Die Validierung erfolgt nach Kundenanforderung und internationalen Normen.

Best-Practice: Individualisierung macht den Unterschied

Ein Entwicklungsprojekt betraf die Leistungssteigerung eines bestehenden Hochstromsteckers von 75 auf 120 Ampere – bei unveränderter Einbausituation und Rückwärtskompatibilität. »Durch gezielte Anpassungen von Kontaktdesign, Beschichtung und Material konnten wir innerhalb von fünf Wochen einen funktionierenden Prototypen liefern. Die Serienreife folgte kurze Zeit später«, berichtet Kovacs.

Ein weiteres Beispiel betraf die Integration eines Hochstromkontakts direkt in die Leiterplatte einer Wallbox. Dies reduzierte Kabelverbindungen, Bauraum und Materialeinsatz erheblich – bei gleichzeitiger Steigerung der Montageeffizienz. Nachhaltigkeit bedeutet bei Suyin nicht nur Materialeinsparung, sondern Effizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Auch ein IP67-Hybridsteckverbinder für DC/DC-Wandler zeigt, was mit kundenspezifischem Design möglich ist: vier 200-A-Stromkontakte, acht Signalkontakte, integrierte Stromschienen per Umspritzung, Anschluss via M8-Bolzen mit 25 Nm Anzugsdrehmoment, umgesetzt auf engstem Raum mit optimierter EMV-Performance durch integrierte Kondensatoren.

Partnerschaftlich von der Idee bis zur Serie

Suyin begleitet OEMs und Zulieferer durch alle Entwicklungsphasen: vom Designentwurf über Simulation, Prototyping und Testing bis zur Serienproduktion. »Unser eigenes Werkzeug- und Anlagenengineering, Prüflabore nach ISO 17025 und erfahrene Entwicklungsteams in Europa und Asien sorgen für schnelle, robuste Ergebnisse«, bekräftigt Kovacs. Prototypen sind oft in unter fünf Wochen verfügbar, Serienteile je nach Komplexität und anwendungsspezifischer Anforderung an die Produktvalidierung binnen 12 bis 42 Wochen.

Die Kommunikation erfolgt engmaschig und transparent und Projektparameter werden lückenlos dokumentiert. Besonders bei sicherheitsrelevanten Komponenten stellt dies einen entscheidenden Faktor dar.

Blick nach vorn: Modular, vernetzt, ressourceneffizient

Zukünftige E-Mobilitätsplattformen stellen neue Anforderungen: Schnittstellen müssen sich in modulare Fahrzeugarchitekturen einbetten, bidirektionales Laden und Condition Monitoring müssen möglich sein. Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an CO2-Reduktion, Materialeffizienz und Recycling.

»Die Verbindungstechnik der Zukunft muss nicht nur technisch, sondern auch ökologisch und wirtschaftlich überzeugen«, resümiert Kovacs. Dafür braucht es Entwicklungspartner, die mehr bieten als nur Steckverbinder, nämlich passgenaue Systemlösungen für die Mobilität von morgen.

Fazit: Individuelle Verbindungsstrategien für anspruchsvolle Applikationen

Die Zukunft der E-Mobilität erfordert Verbindungstechnik, die mehr kann als nur Standard. Mit einem integrativen Entwicklungsansatz, hoher Fertigungstiefe und gelebter Kundennähe bieten Entwicklungspartner wie Suyin passende Antworten auf komplexe Anforderungen. Die Kombination aus technologischer Exzellenz, Erfahrung und partnerschaftlichem Projektmanagement wird dabei zum Schlüssel zu nachhaltiger Wettbewerbsfähigkeit, auch und gerade unter Extrembedingungen.

 

Der Autor

Patrick Schulze
ist Journalist für Wordfinder.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!