Von der Straße ins Wohnzimmer

Die Fusion von Auto und Smart Home

17. Mai 2024, 10:48 Uhr | Autor: Ronen Smoly, Redaktion: Irina Hübner
© Argus Cyber Security

Ein vernetztes Auto, ein Smart Home und ein Smartphone betreten eine Bar... Dies könnte der Beginn eines nerdigen Technikwitzes sein, ist es aber nicht. Die Digitalisierung macht unsere Autos, Häuser und Geräte intelligenter und sorgt für deren Vernetzung. Ist das Herausforderung oder Chance?

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Autos werden damit zu mehr als nur einem Transportmittel. Sie sind Multimedia-IoT-Geräte, werden immer weiter ins Ökosystem unserer Smart Homes eingebunden und mit unseren Smartphones synchronisiert. Wie lässt sich mit den einhergehenden Chancen und Herausforderungen umgehen?

Wie Software das Auto neu definiert

Die Automobilindustrie befindet sich inmitten einer Transformation, angetrieben von Software. Software-definierte Fahrzeuge (Software Defined Vehicles, SDVs) repräsentieren einen Paradigmenwechsel in der Automobilbranche, bei dem traditionelle mechanische Komponenten durch softwaregesteuerte Systeme ergänzt oder sogar ersetzt werden. Aus architektonischer Sicht bestehen SDVs in der Regel aus einem oder mehreren Hochleistungsrechnern (HPC) und mehreren zonalen Controllern.

Die Anwendungsebene ist durch ein Fahrzeugbetriebssystem (zum Beispiel AUTOSAR, Linux) vom Hardwarelayer getrennt, was eine flexible Erweiterung und Anpassung der Software ermöglicht. Dadurch können nicht nur über den gesamten Lebenszyklus des Autos Probleme behoben und die Leistung verbessert werden, sondern auch innovative Funktionen integriert werden, die das Fahrerlebnis neu definieren. Moderne SDVs – ausgestattet mit fortschrittlicher Software und Konnektivitätsfunktionen – versprechen eine Zukunft mit mehr Sicherheit, Effizienz und Bequemlichkeit. Die Vernetzung des Autos mit dem Smart Home ist dabei ein bedeutender Schritt.

Von A nach B und nach Hause: Die Synergie von Auto und Heim

Erst Anfang des Jahres haben Samsung Electronics und die Hyundai Motor Group eine Kooperation bekanntgegeben, die die bidirektionale Kommunikation zwischen Smart Homes und vernetzten Autos ermöglicht. Das Ziel: neue innovative Anwendungen zu realisieren, die den Komfort, die Sicherheit und die Energieeffizienz sowohl im Fahrzeug als auch im Zuhause verbessern.

Autobesitzer können ihre Smart-Home-App verwenden, um das Auto von zu Hause aus zu steuern und beispielsweise das Auto zu starten, die Fahrzeugtemperatur zu steuern, Fenster zu öffnen und zu schließen oder den Ladezustand zu überprüfen. All das ist zwar auch über die App des Autos möglich, allerdings ergeben sich in der Kombination neue Anwendungsfälle, wie das automatische Vorbereiten des Autos für eine Fahrt basierend auf dem Status des Hauses. Gleichzeitig können Nutzer aus dem Auto heraus über das Infotainment-Display die Funktionen im Inneren des Hauses steuern, wie beispielsweise die Beleuchtung oder die Raumtemperatur. Auch intelligentere Szenarien sind möglich. Steht der Nutzer unerwartet 45 Minuten im Stau, kann das Fahrzeug selbstständig den Zeitplan für die Heizung im Haus anpassen, um Energie zu sparen.

Haus und Auto smart vernetzt.
Haus und Auto smart vernetzt.
© Argus

Vom Datenhighway zur Datenfalle

Während die digitalen Technologien die Leistungsfähigkeit der Autos und die User Experience deutlich steigern, machen sie das Fahrzeug im gleichen Zuge auch anfälliger für Cyber-Bedrohungen und -Angriffe. Mit über zehnmal so viel Software und Code wie bei einem modernen Flugzeug, ist es nicht verwunderlich, dass der Automobilbereich schon heute auf Platz 8 der Branchen mit den meisten Cyberangriffen steht.

Neben den vielen Konnektivitätskanälen führt die zusätzliche Verbindung mit einem Smart-Home-Ökosystem technisch gesehen einen ganz neuen, riesigen Angriffsvektor ein. Denn im Gegensatz zur Automobilindustrie, die bereits stark reguliert ist und hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards setzt, sind intelligente Heimgeräte noch nicht so weit. Die Aufmerksamkeit richtet sich gerade erst auf die Cybersicherheit von intelligenten Geräten. So startet beispielsweise die Biden-Regierung ein neues Zertifizierungs- und Labeling-Programm für die Cybersicherheit von Smart Home Geräten. Da diese von unzähligen Anbietern billig und weit verbreitet werden, ist es praktisch unmöglich, die Cybersicherheitslage eines Smart Home Ökosystems wirklich zu bewerten.

Betrachtet man allerdings die Berichterstattung über Sicherheitslücken bei Smart Home Geräten – bisher vor allem in Bezug auf verschiedene Arten von Kameras – zeichnet sich ein düsteres Bild: Sogar intelligente Glühbirnen können gehackt und dazu verwendet werden, um in das Heim-WLAN-Netzwerk einzudringen.

Die Konsequenzen, wenn dieses neue Ökosystem von intelligenten Geräten, die noch nicht für die Cybersicherheit reguliert sind, mit dem Fahrzeug verbunden ist, das mit 130 km/h auf den Straßen unterwegs ist, können fatal sein.

Mit Sicherheit ans Ziel: Wie Cybersicherheit die Mobilität von morgen formt
Um die Transformation für alle sicher zu gestalten, müssen die Cybersicherheitsrisiken dringend angegangen werden – und zwar sowohl ausgehend vom Heim-zu-Auto-Vektor als auch vom Auto-zu-Heim-Vektor.

Ein Schlüsselaspekt bei der Integration des Autos in das Smart Home ist die nahtlose Vernetzung und Interoperabilität der verschiedenen Geräte und Systeme, unabhängig von ihrer Herkunft oder Spezifikation. Über die Implementierung robuster Verschlüsselungsprotokolle und Authentifizierungsmechanismen muss sichergestellt werden, dass die Kommunikation zwischen Auto und Zuhause sicher und zuverlässig ist und die Integrität und Vertraulichkeit der übertragenen Daten – insbesondere, da es sich um besonders sensible Daten handelt – gewährleistet werden.

Argus Cyber Security beschäftigt sich mit der automobilen Cybersicherheit und hat es sich zum Ziel gesetzt, alle Fahrzeuge und ihre Fahrer vor Cyberangriffen zu schützen. Aufgrund der dynamischen Natur von Cyberbedrohungen müssen SDVs mit Fähigkeiten zur Echtzeit-Bedrohungserkennung ausgestattet sein, wie beispielsweise Firewalls und Intrusion Detection Systems (IDS). Dies erfordert eine kontinuierliche Überwachung der Software und des Netzwerks des Fahrzeugs auf Anomalien, die auf potenzielle Cyberangriffe hinweisen könnten. Regelmäßige Softwareupdates, basierend auf laufenden Bedrohungsbeurteilungen, dienen als proaktive Maßnahme zur Behebung von Schwachstellen und zur Verbesserung des allgemeinen Sicherheitsstandards von SDVs.

In diesem volatilen Umfeld stehen traditionelle Cybersicherheitsmaßnahmen vor beispiellosen Herausforderungen. Schon bei der Entwicklung der Software ist Cybersicherheit daher von grundlegender Bedeutung – Security by Design ist das Stichwort. Sicherheitsüberlegungen, potenzielle Angriffsszenarien und die Implementierung entsprechender Schutzmechanismen müssen so früh wie möglich im Entwicklungsprozess Berücksichtigung finden (Shift Left).

Auf diese Weise reduzieren Hersteller die Auswirkungen einer Sicherheitslücke und die Zeit, die benötigt wird, um sie zu beheben. Der andere Teil betrifft die Automatisierung von Cybersicherheitstests, insbesondere für Situationen, in denen ein großer Maßstab erforderlich ist. Dadurch können auch kleinere Änderungen in einer sicheren Umgebung getestet und unerwünschte Auswirkungen auf das Projekt und das Produkt sofort gemeldet und behoben werden (CI/CD). Die Implementierung bewährter Verfahren in der sicheren Softwareentwicklung, wie Code-Reviews, Penetrationstests und regelmäßige Softwareupdates, kann Schwachstellen minimieren.

Technikwitz oder Zukunftsvision?

Ein vernetztes Auto, ein Smart Home und ein Smartphone betreten eine Bar... ein nerdiger Technikwitz oder eine wünschenswerte Zukunftsvision? Um sicherzugehen, dass diese Geschichte ein sicheres und komfortables Ende hat, muss sichergestellt werden, dass sowohl die Fahrzeuge, als auch die Smart Homes über angemessene Cybersicherheitsmaßnahmen verfügen.

 

 

Ronen Smoly, Argus Cyber Security
Ronen Smoly, Argus Cyber Security
© Argus Cyber Security

Der Autor

Ronen Smoly
ist seit Dezember 2020 CEO von Argus Cyber Security, dem weltweit führenden Unternehmen im Bereich der automobilen Cybersicherheit. Zuvor war er drei Jahre lang als Vertriebsleiter bei Argus tätig und leitete erfolgreich die Marktdurchdringung und die globale Expansion des Unternehmens. Smoly verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung im Vertriebsmanagement und in der Geschäftsentwicklung in den Bereichen Telekommunikation, Cybersicherheit und Medien.


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