Autonomes Fahren und darüber hinaus

Ultraschallsensoren für Fahrzeuge

4. Februar 2025, 13:30 Uhr | Autor: Marek Hustava, Redaktion: Irina Hübner
Ultraschall kann statische Hindernisse in automatischen Parksystemen (APS) erkennen.
© Onsemi

Ursprünglich wurden Ultraschallsensoren vor allem zur Objekterkennung bei der Einparkhilfe verwendet. Inzwischen werden sie auch in anderen Fahrerassistenzsystemen eingesetzt, zum Beispiel zur Totwinkel-Erkennung, beim Spurwechsel, bei der Navigation sowie für die Fahrer- und Insassenüberwachung.

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In diesem Beitrag wird die Entwicklung von Ultraschallsensoren und der damit verbundenen Anwendungen untersucht. Ein Blick auf die Zukunft der Ultraschalltechnik und auf die Innovationen von Onsemi soll zeigen, wie die nächste Generation von Sensorsystemen in Fahrzeug- und Industrieanwendungen wie autonomen mobilen Robotern (AMR) geprägt sein wird. Dadurch sich ein tieferer Einblick in die Anpassungsfähigkeit und Vielseitigkeit von Ultraschallsensoren im Kontext der sich entwickelnden Sicherheit und Automatisierung.

Eine kurze Geschichte der Ultraschallsensoren

Ultraschall wurde erstmals vor fast einem Jahrhundert entwickelt, um Objekte zu erkennen und Fehler in festen Materialien zu finden. Die Technik wurde 1931 patentiert. Mit der Weiterentwicklung der Elektronik wurden Ultraschallwandler häufig in Einbruchmeldeanlagen eingesetzt.Im Fahrzeugbereich wurden Ultraschallsensoren erstmals in Einparkhilfen eingesetzt, um Hindernisse zu erkennen, die sich möglicherweise nicht im Sichtfeld des Fahrers befinden. Meistens wurden sie in der hinteren Stoßstange montiert, während in Fahrzeugen der gehobenen Klasse Ultraschall häufig auch in der vorderen Stoßstange zum Einsatz kam.

Reflektierte Wellen ermöglichen die Erkennung teilweise sichtbarer Objekte.
Reflektierte Wellen ermöglichen die Erkennung teilweise sichtbarer Objekte.
© Onsemi

Onsemi stellte 2007 seinen ersten Ultraschallsensor für Einparkhilfen vor und hat die Technik seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Etwa zwei Jahrzehnte und sechs Generationen später geht die Entwicklung weiter: Der Sensor der siebten Generation zielt auf noch mehr Anwendungen ab. Ein wichtiger Teil der Entwicklung war der Fortschritt in der eigenen High-Voltage-Prozesstechnologie auf inzwischen 65 nm. Damit hat sich die Leistungsfähigkeit durch ein verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) und eine größere Erkennungsdistanz erhöht.

Aufgrund dieser Verbesserungen sind Ultraschallsensoren vielseitiger und können in fortschrittlicheren Anwendungen außerhalb des Fahrzeugs, zum Beispiel zur Erkennung des toten Winkels, sowie in neuen Anwendungen im Innenraum eingesetzt werden, unter anderem für die Insassen- und Gestenerkennung.

Ultraschallsensoren werden immer beliebter. Im Jahr 2009 lieferte Onsemi 3 Mio. Sensoren aus und verdoppelte diese Zahl im Jahr 2010 auf 6 Mio. Einheiten. Innerhalb eines Jahrzehnts (2018) wurden jährlich über 100 Mio. Sensoren ausgeliefert. Bis zum letzten Jahr (2023) verdoppelte sich diese Zahl auf 200 Mio. Einheiten pro Jahr.

Moderne Anwendungen von Ultraschallsensoren in Fahrzeugen

Fast alle Fahrzeuge haben einen toten Winkel, den der Fahrer weder über die Spiegel noch durch Drehen des Kopfes einsehen kann. Dieser befindet sich hinter und neben dem Fahrzeug. Eine Gefahr besteht, wenn ein Fahrer zum Überholen ausscheren möchte und ein sich näherndes Fahrzeug dabei nicht sieht. Richtig positionierte Ultraschallsensoren können diesen Bereich überwachen und den Fahrer visuell oder akustisch warnen, dass ein Ausscheren nicht sicher ist. Somit lässt sich eine Kollision vermeiden.

Moderne automatische Parksysteme (APS) nutzen Ultraschallsensoren in Verbindung mit automatischer Lenkung, Beschleunigung und Bremsen, um das Fahrzeug in einer freien Parklücke zu parken, ohne dass der Fahrer dazu mehr agieren muss, als das Fahrzeug in der Nähe der Parklücke anzuhalten und das automatische Parksystem zu aktivieren.

Ebenso ist ein Fahrer beim Rückwärtsausparken oft nicht in der Lage, den Verkehr zu überblicken. Hier kann eine Erkennung des querenden Verkehrs mithilfe von Ultraschallsensoren eine Warnung ausgeben, wenn der Fahrer das Fahrzeug aus der Parklücke manövriert. Wird die Warnung ignoriert, können viele Fahrzeuge inzwischen automatisch die Bremsen betätigen.

In letzter Zeit wurden die Einsatzmöglichkeiten von Ultraschallsensoren im Fahrzeuginnenraum erweitert. Da die Insassenerkennung durch Vorgaben und Programme wie Euro NCAP vorgeschrieben ist, werden diese Sensoren nun verwendet, um Passagiere zu erkennen, Sicherheitsgurtwarnungen auszulösen und sicherzustellen, dass Airbags entsprechend der Größe und des Gewichts der Insassen sicher ausgelöst werden. Darüber hinaus kann eine Warnung ausgegeben werden, falls ein Kind in einem unbeaufsichtigten Fahrzeug zurückgelassen wird. Die Sensoren können auch die Wachsamkeit des Fahrers überwachen, indem sie Atmung und Herzschlag überwachen.

Bei den hochentwickelten Infotainment-Systemen in Fahrzeugen gibt es oft nur wenig Platz für Tasten, und die Suche nach der richtigen Taste während der Fahrt kann gefährlich sein. Mithilfe von Ultraschall können Fahrer viele Fahrzeugfunktionen mit einer einfachen Geste steuern, zum Beispiel durch Drehen der Hand, um die Lautstärke zu regulieren. Komfort und Sicherheit lassen sich somit verbessern.

Trends und Neuerungen: Von Fahrzeugen bis Industrie

Ultraschall ist nicht allein auf die Fahrzeugtechnik beschränkt – im industriellen Bereich ermöglicht die Technik eine Tiefenmessung über kurze Entfernungen für fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF/AGV) in Lagerhallen und AMR-Systeme in Liefer- und Transportanwendungen. Ähnlich wie im Fahrzeugbereich helfen Ultraschallsensoren AMR- und FTF-Systemen dabei, Objekte in unmittelbarer Nähe zu erkennen und in ihrer Arbeitsumgebung zu navigieren. In Fabriken wird Ultraschall auch in Fertigungslinien eingesetzt, um Prozessparameter zu überwachen und zu steuern.

Ultraschalltechnik entwickelt sich stetig weiter und es entstehen neue Anwendungen. Das Tempo wird sich in Zukunft weiter beschleunigen. Zum Beispiel wird ein MEMS-Mikrofon mit einem Ultraschallsensor kombiniert. Das Mikrofon kann dann nicht nur das Ultraschallsignal empfangen, sondern auch andere Geräusche wahrnehmen, zum Beispiel die eines sich nähernden Fahrzeugs. Es wäre auch in der Lage, die Sirene eines Einsatzfahrzeugs zu unterscheiden, um den Fahrer zu warnen, damit dieser entsprechende Maßnahmen ergreifen kann.

Schmutz und Regen können bei Ultraschallsensoren und nach vorn gerichteten Kameras zu Beeinträchtigungen führen. Durch den Einbau eines piezoelektrischen Gebers in das Gehäuse kann der Sensor in Schwingung versetzt werden, um Regen, Schmutz oder sogar Eis zu entfernen und so sicherzustellen, dass er als sicherheitskritisches Element ordnungsgemäß funktioniert. In einigen Fällen ist dies eventuell nicht erforderlich, da zukünftige Ultraschallsensoren eher hinter der Stoßstange angebracht werden und nicht durch diese hindurchragen.  

Da die Elektrifizierung der gesamten Fahrzeugflotte zunimmt, kommt es darauf an, den Zustand der Batterie zu kennen. Heute erfolgt dies extern durch Messung von Spannung, Strom und Temperatur der Batterie. Durch den Einbau von Ultraschallsensoren in die Batterie erfolgt eine wesentlich genauere Bewertung des Lade- und Gesamtzustands der Batterie in jedem Fahrzeug.

Die Ein-Chip-Lösung NCV75215

onsemi ist seit zwei Jahrzehnten Marktführer bei kundenspezifischen Ultraschallsensor-Schnittstellen für Einparkhilfen und autonome Fahranwendungen für große Fahrzeughersteller. Der NCV75215 ist eine Ein-Chip-Lösung, die nur eine externe Schaltung und einen Wandler benötigt. Durch seinen hochempfindlichen, störungsarmen Betrieb wird ein Pfosten mit 75 mm Durchmesser in Abständen von 0,15 bis 4,5 m erkannt. Ein Evaluierungskit für Ultraschall-Einparkhilfen hilft bei der Entwicklung von Prototypen und beim Debugging des Designs.

Ultraschall ist eine etablierte Technik, die im Fahrzeugbereich immer wichtiger wird, da Fahrzeuge intelligenter, sicherer und automatisierter werden. Aufgrund der vielen Neuerungen und des Strebens nach einem höheren Niveau bei ADAS und automatisiertem Fahren wird erwartet, dass Ultraschall eine höhere Sensorleistung bietet. Mit verbesserter Sensorleistung ergeben sich wiederum neue Anwendungen in den Bereichen Fahrzeug-, Industrie-, Medizintechnik und Consumer-Elektronik.

 

 

 

Der Autor

Marek Hustava
ist Product Definer in der Analog and Mixed Signal Group bei Onsemi.


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