Die kooperative Robotik wird ein Aspekt von Industrie 4.0 sein. Welchen Faktor betrachten Sie als entscheidend für das Gelingen der vierten industriellen Revolution?
Entscheidend wird es sein, über zusätzliche Informationen - sprich: Daten – neue, gegebenenfalls auch disruptive, Marktmodelle zu generieren. Überraschenderweise ist die Landwirtschaft dabei schon sehr weit fortgeschritten: Hersteller wie Claas und John Deere bieten mittlerweile Daten-Services an, die den Landwirten zeigen, wie viel Ertrag auf wie viel Quadratmetern Fläche entsteht und wie viel sie düngen müssen. Ein gutes Beispiel ist auch die Meteorologie: In den USA werden Bewegungsdaten von Autoscheibenwischer-Motoren erfasst und mit Temperaturdaten verbunden, was präzise Wettervorhersagen ermöglicht. Technisch ist dies heutzutage kein Problem mehr: Energieautarke Sensoren senden die Daten über ein Kommunikationsmodul in die Cloud, wo sie verarbeitet werden können.
Hieraus folgt: Digitalisierung und Internet of Things sind Themen, auf die sich produzierende Unternehmen unabhängig von ihrer Größe und ihrem aktuellen Geschäftsmodell einlassen müssen. Die Frage ist nicht, ob sie etwas tun sollten, sondern nur, was, wie und in welcher Reihenfolge.
Womit wir beim Thema »Smart Data versus Big Data« wären: Ist es sinnvoll, nur bestimmte Daten zu erfassen und zu analysieren, oder ist es notwendig, generell alle verfügbaren Daten zu erfassen und zu analysieren, um neues Prozesswissen zu gewinnen und neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen?
Die Tendenz in der Fachdiskussion geht mittlerweile dahin, zu sagen: Ich muss alle verfügbaren Daten sammeln, irgendwo speichern - etwa in einer Cloud - sowie mittels Algorithmen nach dem neuesten technischen Stand analysieren und miteinander korrelieren. Hierfür brauche ich natürlich entsprechende Sensorik und Kommunikationstechnik. Aber es verhilft mir möglicherweise zu neuen Erkenntnissen über die Effizienz meines Produktions- und Logistikprozesses und zu neuen Geschäftsmodellen. Auch wenn ich nur eine SMD-Fertigungslinie habe, bei der eigentlich »vom Gefühl her« alles passen müsste, könnte ich so Effizienzproblemen auf die Schliche kommen, die mir bisher völlig unbekannt waren. Unternehmen sollten sich also in puncto Datenakquise nicht leichtfertig einengen. Wenn sie nämlich ein naheliegendes Geschäftsmodell mit Services etwa zur vorbeugenden Wartung nicht umsetzen, tritt dafür möglicherweise ein Wettbewerber auf den Plan, und dann sind die Chancen passé.
Zu bedenken ist dabei aber: Die Digitalisierung kann ein Segen sein, wenn man sie richtig macht, und ein Kostengrab, wenn man sie falsch macht. Außerdem bedeutet sie eine Gratwanderung: Man muss mitunter etwas wagen und technisches Neuland begehen, um seinen Wettbewerbern voraus zu sein, aber es braucht eine Perspektive, dass die Investitionen sich rechnen. Alle Schritte in Richtung Digitalisierung sollten also wohlüberlegt sein.
Ziel der Digitalisierung ist also sowohl, Abläufe effizienter zu gestalten, als auch, neue Geschäftsmodelle zugunsten der Kunden zu etablieren.
Ja, und noch mehr. Ich unterscheide drei Ansätze, die miteinander zusammenhängen. Erstens: Smart Factory, also durch Digitalisierung und neue Tools produktiver und effizienter werden; zweitens: From Product to Service; und drittens: neue, womöglich disruptive Geschäftsmodelle.
Smart Factory bedeutet: Ich nutze die aus der Digitalisierung resultierenden Effekte, um Abläufe intelligenter zu gestalten und höhere Effizienz zu erzielen. Ein Beispiel sind smarte Datenbrillen: Der Service-Mitarbeiter trägt die Brille und ein Headset, über das er mit der Zentrale kommuniziert. Der Techniker dort kann ihm Informationen einspielen und Bilder übertragen. Oder denken Sie an fahrerlose Transportsysteme, die mit den Werkstücken kommunizieren.