Das Ziel ist aber auch rein technisch betrachtet durchaus ambitioniert. Denn die klassischen Blockchains, wie sie aus vielen Kryptowährungen bekannt sind, sind für den Einsatz im Industrieumfeld bislang nur sehr beschränkt geeignet. Mit dem von IOTA als »Tangle« bezeichneten gerichteten, azyklischen Graph hat die IOTA Foundation echtes Intellecutal Property geschaffen, auf dem alle anderen IOTA-Module aufbauen. Hürden, die sich im industriellen Umfeld der traditionellen Blockchain-Technik in den Weg stellen, können so genommen werden.
Beispielsweise skaliert das IOTA-Netzwerk besser, je mehr es genutzt wird. Nur so werden Transaktionsraten erreicht, die für das Internet der Dinge erforderlich sein werden. Bei herkömmlichen Blockchain-Ansätzen ist es genau umgekehrt: »Umgehungslösungen müssen entwickelt werden, die abseits der eigentlichen Blockchains liegen«, erklärt Rottmann. So unterstütze IOTA das sogenannte »Snapshotting«, zukünftig auch automatisiert. Vereinfacht ausgedrückt wird dabei die Datenbasis auf selektiven Netzknoten regelmäßig komprimiert, so dass auch leistungsschwache IoT-Endgeräte als IOTA Netzteilnehmer direkt zur Netzkapazität beitragen können. Permanodes, die auf stärkeren Maschinen laufen, halten jederzeit die gesamte Historie der IOTA-Transaktionen bereit.
Im IOTA Netzwerk gibt es keine Transaktionsgebühren. Diese Designentscheidung hat gravierende Konsequenzen und wird vom IOTA-Team als Wegbereiter für autonome Datenökonomien gesehen. Kauft beispielsweise ein Netzteilnehmer bei einem Sensor im IOTA Netzwerk einen Datenstrom für einen Tausendstel Euro, so kommt beim Verkäufer auch exakt ein Tausendstel Euro an. Im starken Kontrast zu allen Blockchain-Ansätzen, gibt es bei IOTA keine Marktteilnehmer (Miner), die für das reine Vermitteln von Transaktionen negativ in die Wertschöpfung eingreifen.
»Der Aspekt der Gebührenfreiheit ist zentral, denn wenn man genauer darüber nachdenkt, kann nur so mittelfristig eine echte M2M- und Internet-of-Things-Ökonomie entstehen«, sagt Ralf Rottmann. »Transaktionsgebühren sind aus unserer Sicht ein Relikt aus zentral gesteuerter Zahlungsabwicklung und verhindern dies.« Deshalb hält er Systeme, innerhalb der Gebühren für Miner und Transaktionen anfallen, für ungeeignet.
Das Partner-Netzwerk wächst
Auch was Smart Contracts angeht, arbeitet die IOTA Foundation an industrietauglichen Verfahren. Allerdings ist die Entwicklung noch nicht ganz abgeschlossen, weshalb IOTA über die Details noch nichts verlauten lassen möchte.
Es gibt allerdings schon einige schwergewichtige Industrieunternehmen, die offenbar vom Gesamtkonzept überzeugt sind. So kann IOTA bereits Firmen wie Bosch, Volkswagen und Fujitsu – der Digitalvorstand von VW und der Head of Central Europe von Fujitsu sitzen sogar im Aufsichtsrat der IOTA Stiftung – zu den Corporate Partners zählen. »Auch mit unseren Konzepten und Vorentwicklungen auf diesem Gebiet haben wir offenbar überzeugt«, freut sich Rottmann.
Vor allem aber hofft er dadurch aus dem Thema »Blockchain für die Industrie« die Emotionen etwas heraus zu nehmen. Denn weil sich sowohl große etablierte Unternehmen als auch viele Start-ups auf diesen Sektor geworfen haben, weil es viele unterschiedliche Anwendungen gibt und das Wissen vieler potenzielle Anwender noch ausbaufähig ist, werden derzeit zahlreiche Versprechungen gemacht und der Blockchain-Technik geradezu Wunderdinge zugetraut. Weil jeder erpicht ist, seine Claims abzustecken, geht es teilweise recht ruppig zu.
»Wir wollen uns an diesen Schlachten gar nicht beteiligen, sondern würden uns freuen, die Argumentationen auf eine nüchterne technische Ebene holen zu können, wo sie schlussendlich hingehören, um sachorientiert und zielführend diskutieren zu können«, so Rottmann. Weder die IOTA Gründer noch das über den ganzen Globus verteilte Team, engagierten sich bei IOTA, um über Nacht reich zu werden: »Wir haben uns deshalb auch sehr bewusst gegen einen ICO entschieden, sondern unsere eigene Währung über einen Crowdsale verteilt – bei dem wir selbst mit eigenem Geld in IOTA investiert haben.«