Qualitätskontrolle mit Computer-Vision

Bandbreiten- und Kostenprobleme lösen

9. September 2023, 8:30 Uhr | Carsten Mieth
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Edge-Computing spart Bandbreite und Kosten

Die Systeme sind inzwischen ausreichend leistungsfähig für ein schnelles Training und den alltäglichen Einsatz in der Industrieproduktion. Trotzdem gibt es technologische Hürden zu bewältigen. Eine Herausforderung ist die große Datenmenge von Echtzeit-Videostreams. Eine Full-HD-Kamera mit einer Bildauflösung von 1920 × 1080 Bildpunkten erzeugt bei einer Aufzeichnungsrate von 30 Einzelbildern pro Minute jeweils etwa 130 MB. Solche umfangreiche Videostreams lassen sich nicht sinnvoll über das Internet in eine Analyse-Anwendung in der Cloud übertragen. Weil in der Industrie oft sehr viele Kameras eingesetzt werden, käme es zu einer Kostenexplosion. Zudem gibt es je nach Anbindung an das Internet auch Probleme mit der Latenz und der Stabilität der Verbindung.

Deshalb hat sich für diese und andere industrielle Anwendungen von Videoanalytik Edge-Computing durchgesetzt. Dieser Ansatz ist eine Erweiterung des Cloud-Computing und zielt darauf ab, die Datenverarbeitung näher an den Ort der Datengewinnung zu bringen. Statt die Videodaten in einem zentralen Rechenzentrum in der Cloud zu verarbeiten, erfolgt dies am Rand des Netzwerks – mit Cloud-Technologien. Dafür werden sogenannte Edge-Server eingesetzt, die über ausreichend Rechenleistung und Speicherkapazität für die Videoanalytik verfügen. Sie können Videos in Echtzeit analysieren, um wichtige Informationen aus den Videodaten zu extrahieren. Dafür führen sie KI-Anwendungen aus, die in der Lage sind, Qualitätsprobleme zu identifizieren.

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Fehler an Rädern von Automobilen lassen sich mittels Computer-Vision-Systemen erkennen.
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Edge-Computing hat mehrere Vorteile. Zunächst sind damit schnelle Reaktionen auf Fehler und Qualitätsdefizite möglich, etwa Warnmeldungen an Bedienpersonal. In technischer Hinsicht reduziert Edge-Computing die Latenzzeit, steigert die Datenübertragungsraten und minimiert die Bandbreitenauslastung, weil Videodaten nicht über weite Strecken übertragen werden müssen. Durch seine Rechenkapazitäten ist ein Edge-Server in der Lage, nur relevante Ausschnitte an die Cloud zu senden, anstatt das gesamte Videomaterial zu übertragen. Zudem kann er Videos zwischenspeichern, um wiederholte Anforderungen durch technisches Personal schneller zu bedienen. Cloud-Anwendungen dienen hier nur der Statistik und Trendanalyse, der Reaktion auf erkannte Mängel oder der nachträglichen Analyse der Fertigungsprozesse.

Edge-Computing und 5G – ein passendes Paar

Edge-Computing ist eine wichtige Komponente des IIoT. Vor allem im Zusammenhang mit Machine-Learning und künstlicher Intelligenz bietet es zahlreiche Vorteile. Zwar ist die Cloud wegen ihrer hohen Speicher- und Rechenkapazitäten besser für das aufwendige Training von KI-Anwendungen geeignet. Doch die resultierenden Modelle sind vergleichsweise klein und eignen sich gut für den Einsatz vor Ort auf Edge-Servern.

Die einfachsten Varianten von Computersystemen für die Edge sind Mikrocomputer, die Sensoren in der industriellen Fertigung zusammenfassen und Daten über Industrial Ethernet oder 5G-Mobilfunk weitergeben. Am anderen Ende des Spektrums befinden sich Videoanalytik-fähige Edge-Server mit GPUs (Graphical-Processing-Units). Dies sind Grafikkarten, deren spezialisierte Chips sich auch für die Rechenoperationen der Bilderkennung eignen und die daher fester Bestandteil moderner Edge-Server sind. Der Einsatz von GPUs beschleunigt den Ablauf der KI-Modelle und verkürzt die Rechenzeit, sodass Echtzeit-Anwendungen davon profitieren.

Edge-Computing nutzt für die Kommunikation mit der Cloud, aber auch mit vorgeschalteten Kameras und Sensoren zunehmend die hohe Leistung öffentlicher oder privater 5G-Netze. Letztere sind speziell für den Einsatz auf einem Unternehmens-Campus entwickelt, stehen vollständig unter Kontrolle eines Unternehmens und sind von anderen 5G-Netzen getrennt. Wegen ihrer hohen Sicherheit, niedrigen Latenz und großen Kapazitäten sind private Netze gegenüber herkömmlichen drahtlosen Netzwerken wie WLAN im Vorteil und werden deshalb oft im IIoT genutzt. Die Server lassen sich leicht aufrüsten und wachsen mit den Anforderungen. Unternehmen können damit jederzeit die Qualitätsprüfung skalieren. Zusätzliche Maschinen, Anlagen oder Firmengelände sind leicht mit Kamerasystemen auszustatten, und das private Campusnetzwerk sowie die Edge-Server wachsen mit.

 

Der Autor:

Carsten Mieth ist Senior Vice President, Head of Telecommunications, Media & Technology Central/Southern Europe & MEA bei Eviden


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