Das Strom- und Gasnetz ist täglich großen Belastungen ausgesetzt – und im Zuge der Energiewende ist eine reibungslose Funktion gerade von Ersterem unabdingbar. Smarte Wartungskonzepte helfen dabei, dass diese kritische Infrastruktur ohne Probleme funktioniert.
324.000 Kilometer – würde man Freileitungen in Deutschland miteinander verbinden, könnte man mit der so entstandenen Strecke die Erde gut achtmal umrunden. Gleichzeitig ist das Stromnetz empfindlich, was Störungen angeht. Ein technischer Fehler, wie zum Beispiel ein Kurzschluss an der falschen Stelle, kann Stromausfälle für tausende Privatnutzer sowie Unternehmen zur Folge haben.
Zudem ist die Infrastruktur ein zentraler Baustein für Zukunftskonzepte wie die Smart City: Nur wenn Strom- und Gasnetz zuverlässig funktionieren, kann die Digitalisierung des urbanen Raums realisiert werden.
Große Teile der Energieinfrastruktur wie Solarpanele, Windräder und Leitungen sind dauerhaft den Elementen ausgesetzt, die zu ihrem Verschleiß beitragen: Thermische Einflüsse bei kaltem und heißem Wetter aber auch mechanische Veränderungen belasten das Material. Winde sorgen für gefährliche Kabelschwingungen und geologische Veränderungen des Untergrunds setzen Kabelleitungen mechanischem Stress aus.
Darüber hinaus kann hochwachsende Vegetation in der Nähe von Leitungen zu Kurzschlüssen und Bränden führen (Bild 1). Solaranlagen sind besonders empfindlich gegenüber mechanischen Belastungen sowie Verschmutzungen, die die Energieausbeute von Panelen um bis zu 15 Prozent verringern.
Um die Ausfallwahrscheinlichkeit so niedrig wie möglich zu halten, müssen Betreiber regelmäßige Wartungsarbeiten an ihren Stromnetzen durchführen. Ein komplexes Unterfangen, da das Fehlerpotenzial hoch ist.
Geschmolzene Schäkel an Abspannschlingen, defekte Isolatoren und Blitzableiter oder ein hochgewachsener Baum, der die Leitung berührt: Ein Versagen eines kritischen Elements kann einen Ausfall zur Folge haben.
Smart Maintenance bezeichnet in der Industrie alle technischen und organisatorischen Maßnahmen, die darauf abzielen, mithilfe digitaler Tools Wartung und Instandhaltung effizienter zu gestalten und zu einer höheren Wertschöpfung des Unternehmens beizutragen. Der Kern von Smart Maintenance ist die Erhebung und Verknüpfung von Daten von Maschinen, Anlagen oder Gebäuden.
Die technischen Infrastrukturen werden mit Sensoren ausgestattet, die ihre Funktionsfähigkeit und Leistung kontinuierlich messen und die Daten an digitale Anwendungen, zum Beispiel eine zentrale Anwendungsplattform, weiterleiten. Besonders für die Wartung von Strom- und Gasnetzen bieten sich solche Plattformen an, da sie die verschiedene Datenquellen verarbeiten und auswerten können.
Instandhaltungsmaßnahmen bei Überlandleitungen sind mit großem personellem Aufwand verbunden: Begehungen von Strommasten beispielsweise nehmen viel Zeit in Anspruch und binden mehrere Mitarbeiter, egal ob Bottom-up- oder Top-down-Kontrollen. Hinzu kommt, dass bei Top-down-Kontrollgängen Netzbetreiber die jeweiligen Leitungen für einige Tage oder sogar mehrere Wochen abgeschaltet werden – für das Stromnetz eine weitere Belastung und für den Betreiber ein finanzieller Verlust.
Um dem zu begegnen, setzen viele Betreiber bereits auf Drohnen, die die Zustandsüberwachung der Freilandleitungen unterstützen. Diese Drohnen können mit verschiedenen Kameras und Sensoren ausgestattet werden:
Mit Hilfe dieser Informationen können sich Betreiber ein genaues Bild vom Zustand ihrer Netzinfrastruktur machen, ohne die betroffenen Komponenten vom Netz nehmen zu müssen oder Mitarbeiter unnötig in Gefahr zu bringen.
Darüber hinaus kommen Bilder von Helikopterflügen sowie Satellitenaufnahmen zum Einsatz, die den Einfluss von Umwelt, Klima und Geologie auf Stromnetze im breiteren Maßstab erfassen.
Die auf diese Weise gesammelten Informationen werden aggregiert und mit Hilfe eines Dienstleisters wie Smart Digital ausgewertet, der die Daten auf seiner Plattform aufbereitet, verarbeitet und seinem Kunden in Form eines Reports zur Verfügung stellt.
Aufgrund der Art der Daten (Videos, Bilder, Punktewolken usw.) kommen bei einem einzelnen Drohnenflug beträchtliche Datenmengen zusammen: Pro Stunde Flugzeit kann eine einzelne Drohne mit den entsprechenden Sensoren ein Terabyte an Daten sammeln (Bild 3).
Um diese großen Mengen an Daten verarbeiten zu können, setzen einige Anbieter auf Edge-Computing-Modelle, die die angefallenen Daten evaluieren und priorisieren, bevor sie an eine Cloud zur Auswertung weitergeleitet werden. Je nach Anwendungsfall kommt es auf die schnelle Übertragung, Auswertung und Rückübermittlung von Daten an, die mit Hilfe von Edge-Servern realisiert wird.
Am Ende des Prozesses erhalten Verantwortliche einen Bericht, der den Zustand der einzelnen Komponenten einer Anlage wiedergibt und die Grundlage für eventuell notwendige Wartungstätigkeiten bietet.