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Rechnet sich GaN bei einer Totem-Pole-PFC?

14. April 2020, 9:30 Uhr | Sebastian Fischer, Erich Hinterleitner, Traco Power

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Kleinere Induktivitäten möglich

Für die Effizienz des PFC-Hochsetzstellers sind die Verluste und die Baugröße der Induktivität entscheidend. Die gespeicherte Energie einer Induktivität verhält sich quadratisch zur Amplitude des Stroms beim Ein- und Ausschalten, auch steigen die ohmschen Verluste quadratisch zum Strom.

Die Ummagnetisierungsverluste in der Induktivität hingegen hängen vom Volumen des magnetischen Kerns, dem Wechselanteil des Stroms (Ripple Current) und damit vom Hub der Änderung der magnetischen Flussdichte und der Schaltfrequenz ab.

Der evaluierte Versuchsaufbau arbeitete mit einer mittleren Schaltfrequenz von 100 kHz. Die Messung des Drosselstroms für die eingangsseitigen Wechselspannungen von 110 V und 230 V zeigt Bild 6a. Weil die Höhe der Stromwelligkeit von der Differenz der Eingangsspannung zur Boost-Spannung abhängt, ist die Restwelligkeit des Stromes bei niederer Eingangsspannung größer (Bild 6a) als bei höherer Spannung (Bild 6b). Die Verlustwärme des magnetischen Materials der Induktivität ist bei geringer Eingangsspannung wesentlich größer und ist deshalb für diesen ungünstigen Betriebsfall auszulegen.

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Bild 6a: Strom in der Drossel L2 bei einer Eingangsspannung von 110 V.
© Traco Power
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Bild 6b: Strom in der Drossel L2 bei einer Eingangsspannung von 230 V.
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Die Kernverluste sind umso geringer, je weniger wellig der Strom in der Induktivität ist. Aus diesem Grund lassen sich bei einem PFC-Wandler mit GaN-Transistoren Kernmaterialien einzusetzen, die eine sehr hohe magnetische Sättigungsflussdichte, aber auch relativ hohe spezifische Ummagnetisierungsverluste aufweisen. Selbst bei Schaltfrequenzen von einigen hundert Kilohertz bleiben damit die Schaltverluste vergleichsweise moderat. Dadurch lässt sich die Baugröße der Induktivität weiter reduzieren.

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Bild 7: Gleichtaktstörstrom (grün) und Gleichtaktstörspannung (rot) am PFC-Wandler bei Volllast (1000 W) und einer Netzspannung von 230 V.
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Wegen der sehr schnellen Schaltvorgänge in den GaN-Transistoren sind die Ströme und Spannungen fast perfekt rechteckig, was zu sehr hochfrequente Störspannungen und -strömen führt. Diese sind unerwünscht und müssen entsprechend gefiltert werden, damit das Netzteil keine elektromagnetischen Störungen über die Anschlussleitungen oder durch Abstrahlung an die Umgebung abgibt. Dabei sind die Gleichtaktstörungen am schwierigsten zu filtern (Bild 7).

Im Detail ist ersichtlich, dass sich die Gleichtaktspannung mit 100 Hz sehr schnell umpolt, der hochfrequente Anteil wird durch Rückspeisung der aktiven Boost-Diode verursacht. Dabei findet der Strom keinen Pfad über die Dioden D1 und D2 (Bild 3) und fließt somit als Gleichtaktstrom über den Y-Kondensator ins Netz zurück. Durch eine sinnvolle Steuerung der aktiven Boost-Diode und Ersatz der passiven Gleichrichterdioden D1 und D2 durch MOSFETs lässt sich dieser Strom erheblich reduzieren.

Der Wirkungsgrad eines PFC-Wandlers setzt sich generell aus den Durchlass- und Schaltverlusten der Halbleiterschalter sowie den ohmschen und den Magnetisierungsverlusten der Induktivität zusammen. Die Gesamtverluste wurden gemessen, und die Aufteilung der Einzelverluste wurde rechnerisch aufgeteilt (Bild 8). Wegen der höheren Ströme bei niederer Eingangsspannung und höheren Verlusten im magnetischen Material der Induktivität ist der Wirkungsgrad stark von der netzseitigen Eingangsspannung abhängig. Dieser Zusammenhang ist in Bild 9 noch einmal zusammenfassend dargestellt.

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Bild 8: Aufteilung der Gesamtverluste in Abhängigkeit der netzseitigen Eingangsspannung auf die einzelnen Komponenten.
© Traco Power
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Bild 9: Gesamtwirkungsgrad des Totem-Pole-PFC-Wandlers mit GaN-Transistoren (blau) in Abhängigkeit der Eingangsspannung im Vergleich zu einer freischwingenden Interleaved-PFC (Boundary Mode Interleaved) mit Superjunction-MOSFET (orange) bei einer Last von 800 W.
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Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass PFC-Stufen mit dem Einsatz von GaN-Transistoren in einer geeigneten Topologie einen Wirkungsgrad von über 99 Prozent erreichen können (Bild 9). Allerdings ist der Einschaltwiderstand für wirtschaftlich vertretbare GaN-Transistoren bei kleinen Netzspannungen noch deutlich zu hoch. Daher müssen für die Netzgleichrichter aktiv geschaltete MOSFETs eingesetzt werden. Dann werden Wirkungsgrade erreicht, die drei bis fünf Prozentpunkte über denen einer PFC-Stufe mit konventionellen MOSFETs mit Brückengleichrichter liegen. Im Zusammenwirken der PFC-Stufe mit einem Resonanzwandler in einem Netzgerät lassen sich damit Gesamtwirkungsgrade von über 96 Prozent erreichen.

Die Anwendung von GaN-Transistoren in Schaltnetzteilen eröffnet somit neue Möglichkeiten in Bezug auf Schaltfrequenz, Wirkungsgrad und Baugröße. Voraussetzung für einen wirtschaftlich vertretbaren Einsatz in Netzgeräten und Gleichspannungswandlern mit Leistungen bis 1000 W sind jedoch weiter sinkende Preise für die Komponenten.


  1. Rechnet sich GaN bei einer Totem-Pole-PFC?
  2. Kleinere Induktivitäten möglich

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