Wie sieht es mit Geräten aus, die mehr Ladeleistung als 15 W benötigen?
Daran arbeitet schon eine WPC-Working-Group unter der Leitung von Bosch, die sich mit dem Laden bis 60 W beschäftigt. Einsatzbeispiele sind Werkzeuge, aber auch Drohnen und Roboter. Außerdem zeichnen sich ganz neue Anwendungen in der Küche ab. Hier ist eine Leistung von 2 kW erforderlich. Induktives Kochen unterscheidet sich nicht sehr stark vom drahtlosen Laden. Ist eine solche Ladestation vorhanden, wäre das auch eine Möglichkeit, einfache Küchengeräte ans Internet anzuschließen, für die die Hersteller bisher aus Kostengründen keinen Internetanschluss vorgesehen haben. Das bringt vielleicht noch einen zusätzlichen Schub für Qi in der Küche.
Zeichnet sich das bereits ab?
Es gibt schon Prototypen. Allerdings steht dieser Marktsektor vor dem Henne-Ei-Problem: Gibt es nur wenige Ladestationen, dann werden die Gerätehersteller die Transmitter nicht einbauen und wenn es keine Qi-Geräte gibt, wird es wenig Angebote für Ladestationen geben. Ich schätze, dass Qi zunächst in professionelle und High-End-Küchen Einzug halten wird, wo die Technik ihre Vorteile nutzbringend ausspielen kann, bis eine kritische Masse erreicht sein wird und Qi dann auch in die übrigen Küchen Einzug halten wird. Wann das sein wird, ist jetzt noch nicht abzusehen.
Sehen Sie auch Einsatzmöglichkeiten in der Industrie?
Es gibt die Möglichkeit, IoT-Sensoren über Qi zu versorgen und über diese Energy-Harvesting-Methode Batterien zu sparen. Das funktioniert aber nur dort, wo wenig Energie benötigt wird, also unter 100 µW. Die Anzahl der möglichen Einsatzfelder ist deshalb beschränkt.
Warum sprechen Sie von Qi immer als einem Standard, obwohl es einen offiziellen Standard noch gar nicht gibt?
Im Consumerbereich ist es üblich, dass ein offizieller Standardisierungsprozess erst dann abgeschlossen wird, wenn der De-facto-Standard bereits besteht. Das war beispielsweise bei Bluetooth auch so. Es gibt allerdings eine Ausnahme: Die Sicherheitsstandards. Hier arbeiten wir eng mit dem IEC zusammen. Denn es muss gewährleistet sein, dass die Ladegeräte nicht in unerwünschter Weise mit Herzschrittmachern oder anderen medizinischen Implantaten wechselwirken. Außerdem dürfen keine unerwünschten elektromagnetischen Wechselwirkungen im Auto und im Handy auftreten. Schließlich muss gewährleistet sein, dass Smartcards wie Bankkarten, Karten für den öffentlichen Nahverkehr und elektronische Ausweise durch die Ladestationen keinen Schaden nehmen. Wie bereits angesprochen, sind die technischen Voraussetzungen von Qi gegeben, um diese Forderungen kostengünstig erfüllen zu können.
Worin besteht die Aufgabe des Wireless Power Consortium?
Das WPC treibt die Standardisierung weiter voran und wir sind innovativ, wie die Expansionen in Richtung von drahtlosem Laden bis 60 W und bis 2 kW zeigen. Auch diese Innovationen stimmen mich optimistisch, dass sich Qi als Standard durchsetzen wird.
Außerdem besteht ein überaus wichtiger Bestandteil unserer Arbeit darin, sicher zu stellen, dass alle Qi-Geräte interoperabel sind. Wir testen, ob neue Ladestationen mit älteren Geräten – also vor allem Handys – kompatibel sind und wir testen, ob neue Qi-Geräte gegenüber den existierenden Ladestationen kompatibel sind. Dazu besteht ein weltweites Netz von zertifizierten Testlaboren, die die Kompatibilitäts- und Interoperabilitätsprüfungen durchführen.