Neben der Untersuchung potenzieller Trassen wurden im Hinblick auf die Realisierung unterschiedliche Leitungstypen und Bautechniken sowohl für die Wechselstrom- als auch für die Gleichstromübertragung betrachtet. Dabei wurden qualitative Kriterien berücksichtigt wie Platzbedarf, Installations-, Reparatur- und Wartungsfreundlichkeit, gesellschaftliche Akzeptanz, Genehmigungsfähigkeit, Entwicklungsstand, Leistungssteigerungspotenzial, Innovationsfähigkeit, Kombination mit anderen Medien und die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft.
Die Wechselstromübertragung über Freileitungen hat sich dabei wie erwartet als die kostengünstigste Variante ergeben. Im Gegensatz dazu hat sich die Nutzung von Kabelsystemen für eine Wechselstromübertragung als die ungünstigste Variante hinsichtlich der Investitionen und Kosten erwiesen. Allerdings ist die Wechselstromübertragung über Freileitungen auch nicht unbedingt umsetzbar, denn das ist abhängig davon, inwieweit eine Akzeptanz in der Gesellschaft gegeben ist. Eine weitere Möglichkeit der Realisierung sind erdverlegte, gasisolierte Rohrleiter (GIL). GIL-Systeme können hohe Wechselstrom-Leistungen übertragen. Allerdings sind hohe Investitionen notwendig, weshalb mit erheblichen Anlaufkosten zu rechnen ist.
Für eine Umsetzung kommen nicht nur Wechselstromübertragungssysteme in Frage, sondern aufgrund der Struktur des Overlay-Netzes insbesondere auch Gleichstromübertragungssysteme. Zwar sind bei diesen Systemen die Stationskosten wegen der benötigten Umrichter hoch, doch die Gesamtkosten stellen sich als relativ günstig dar. Die Übertragungsleistungen selbstgeführter Umrichter sind derzeit noch relativ gering, weshalb eine spätere Ertüchtigung notwendig sein wird.
Kabel für Gleichstromübertragungssysteme können erdverlegt oder in einem Tunnel geführt werden. Bei einem Tunnel ist von höheren Aufwendungen auszugehen. Diese Alternative hat dafür aber gleichzeitig den Vorteil, dass sie eine Anpassung an die technische Entwicklung ermöglicht. Im Tunnel können z.B. weitere Kabel eingezogen werden, um die Leistung des Overlay-Netzes zu steigern. Selbst ein Umstieg auf Supraleiter ist leichter möglich.
Solche Kabeltunnelsysteme können als Basis für Innovationen angesehen werden. Normalerweise reduzieren Verbindungselemente wie Muffen und Endverschlüsse die Verfügbarkeit eines Netzes. Für den Bau eines Overlay-Netzes mit Kabeln lassen sich wegen der dicken und schweren Kabelbauart nur relativ kurze Kabelsegmente transportieren. Entsprechend viele Muffen müssen montiert werden, um die einzelnen Kabelabschnitte zu verbinden. Könnte aber ein Kabel direkt von der Fabrik aus in den Tunnel verlegt werden, wie in Bild 3 illustriert, können „Endloskabel“ verlegt werden. Dies erfordert jedoch eine neue Kabelbauart und neue Fertigungstechnik.
Politik und Netzbetreiber gefordert
Das beschriebene Overlay-Netz stellt einen sehr guten Ansatz dar, um die Ziele beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zu erreichen. Vorteile bei der Umsetzung ergeben sich, wenn Freileitungen, Kabel und GIL kombiniert werden. Aber es ist auch denkbar, das Overlay-Netz mit nur einem der drei Leitungstypen zu realisieren. Aufgrund der Erfahrungen beim Netzausbau ist für eine Realisierung des Overlay-Netzes eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Transportnetzbetreibern erforderlich. Dafür müssen legislativ, administrativ und institutionell entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden.
Literatur
[1] VDE-Studie: Stromübertragung für den Klimaschutz - Potenziale und Perspektiven einer Kombination von Infrastrukturen, www.vde.com.
Die Autoren:
Maren Kuschke |
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studierte Elektrotechnik an der TU Berlin und der KTH Stockholm, Schweden. Für ihre hervorragenden Studienleistungen wurde sie 2009 mit dem VDI-Preis und 2010 vom IEEE PES German Chapter ausgezeichnet. Seit 2009 ist sie Doktorandin am „Fachgebiet für Energieversorgungsnetze und Integration erneuerbarer Energien“ an der TU Berlin. Ihre Doktorarbeit zur Netzanbindung von Gezeitenkraftwerken wird von der Reiner Lemoine Stiftung gefördert. Sie ist Mitglied der VDE Taskforce Infrastruktur. |
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Prof. Dr.-Ing. Kai Strunz |
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Dr. Strunz ist Professor und Leiter des Fachgebiets Energieversorgungsnetze und Integration erneuerbarer Energien an der Technischen Universität Berlin. Zuvor war er von 1995 bis 1997 Forschungsassistent an der Brunel University in London, von 1997 bis 2002 arbeitete Dr. Strunz bei Electricité de France (EDF) in Paris und von 2002 bis 2007 war er Assistant Professor der University of Washington in Seattle. Für herausragende wissenschaftliche Leistungen erhielt er den National Science Foundation (NSF) CAREER Award der USA in 2003. |