Neue MOSFET-Technologie

Schnelles, homogenes Ein- und Ausschalten

14. Juni 2024, 7:33 Uhr | Von Ralf Siemieniec, Simone Mazzer, Cesar Braz, Elvir Kahrimanovic
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Anwendung in der TK- und IT-Stromversorgung

DC-DC-Wandler werden in Telekommunikations- und Datenverarbeitungssystemen häufig als isolierte DC-DC-Zwischenbuswandler (Intermediate Bus Converter, IBC) in der gesamten Umwandlungskette von einem nominalen 48-V-Eingang eingesetzt. Diese Wandler setzen die Eingangsspannung auf eine Zwischenspannung von 12 V herab, um die nachgeschalteten Point-of-Load-Wandler zu speisen. Aufgrund von Verbesserungen bei den MOSFETs hat sich die Leistungsdichte so weit erhöht, dass IBC in einem Standard-Quarter-Brick-Formfaktor kontinuierlich bis zu 1 kW Leistung liefern können.

In modernen Rechenzentren kann die Spannung für einen nominalen 48-V-Verteilungsbus zwischen 40 und 60 V liegen. Durch die Nutzung einer resonanten LLC-Topologie mit zwei Induktivitäten und einem Kondensator (Bild 3, links) ist eine hocheffiziente Umwandlung mit hoher Leistungsdichte möglich. Im Unterschied zu konventionellen Wandlerkonzepten, welche bei konstanter Schaltfrequenz auf Lastwechsel mit einer Variation der Pulsweite reagieren, variiert ein LLC-Konverter stattdessen die Schaltfrequenz. Bei konstanter Schaltfrequenz verhält sich ein LLC-IBC wie ein DC-Transformator (DCX), der eine Abwärtswandlung mit festem Verhältnis von etwa 4:1 realisiert. Der LLC-DCX-Wandler schaltet die primärseitigen Schalter Q1 bis Q4 unabhängig von der Höhe der Ausgangslast spannungsfrei (Nullspannungsschalten oder Zero Voltage Switching, ZVS).

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Prinzipschaltung eines 1-kW-4:1-LLC-IBC und 3D-Ansicht der Platine in einem Standard-Quarter-Brick-Format
Bild 3. Prinzipschaltung eines 1-kW-4:1-LLC-IBC und 3D-Ansicht der Platine in einem Standard-Quarter-Brick-Format.
© Infineon Technologies

ZVS wird durch die Transformator-Magnetisierungsinduktivität LMAG erreicht. Ihr Wert ist durch die Ausgangskapazität COSS der MOSFETs definiert, da der Magnetisierungsstrom ILMAG die Ausgangskapazität während der Totzeit vollständig laden und entladen muss. Dies gilt für den gesamten Eingangsspannungsbereich, womit alle primärseitigen MOSFETs im Soft-Switching-Modus arbeiten. Jeder MOSFET in der Vollbrücke wird mit einem konstanten Tastverhältnis von 50 Prozent, abzüglich der Totzeit, geschaltet.
Zusammen mit dem Resonanzkondenator CR bildet die Induktivität LR einen Serienschwingkreis, der einen quasi-sinusförmigen Strom aufbaut, der durch den Transformator auf die Sekundärseite geleitet und von den Synchrongleichrichtern SR1 bis SR4 gleichgerichtet wird. Da die SR-MOSFETs in ZVS und Nullstromschaltung (Zero Current Switching, ZCS) arbeiten, werden die meisten, mit ihrer Kommutierung verbundenen Verluste praktisch eliminiert. Bild 3 (rechts) zeigt die verwendete 1-kW-Testplatine mit einem Standard-Quarter-Brick-Formfaktor mit den in der Tabelle aufgeführten Parametern.

Parameter der 1-kW-Testplatine mit primärseitigen MOSFETs neuer Technologie
Tabelle. Parameter der 1-kW-Testplatine mit primärseitigen MOSFETs neuer Technologie.
© Infineon Technologies

Aufgrund der deutlich verbesserten Bauteilparameter können zwei parallel geschaltete 80 V OptiMOS 5 BSC030N08NS5-Leistungs-MOSFETs der Vorgängergeneration in jeder Position der primären Vollbrücke durch ein neues OptiMOS 6 ISC014N08NM6-Bauteil ersetzt werden. Mit den neuen 80-V-MOSFETs verbessert sich der Gesamtwirkungsgrad über den gesamten Ausgangsstrombereich – mit einer Verbesserung bis nahezu 0,8 Prozent bei niedriger Last. Auch die Gehäusetemperatur sinkt, obwohl nur ein Bauteil anstelle von zwei verwendet wird.

Zur Verbesserung des Wirkungsgrades führen vor allem die reduzierten Gate- und Gate-Drain-Ladungen und der Wegfall des internen Serienwiderstands zur Ausgangskapazität. Durch die Nutzung einer LLC-Topologie werden Verluste durch die gespeicherte Ladung in der Ausgangskapazität des MOSFET verhindert: Letztlich schwingt die Ladung von einem MOSFET zum anderen, anstatt beim harten Einschalten des Bauteils dissipiert zu werden. Aufgrund dieses Schwingstroms entstehen jedoch Leitungsverluste in den Leiterbahnen, den Transformatorwicklungen und dem internen äquivalenten Serienwiderstand, welcher mit der MOSFET-Ausgangskapazität verbunden ist. Mit dem Design der neuen Bauteile wird letzterer jedoch massiv reduziert.

Eine weitere Anwendung von Leistungs-MOSFETs sind Gleichspannungswandler mit invertierendem Aufwärtswandler. Diese werden in -48-V-Telekommunikationssystemen zur Versorgung von HF-Leistungsverstärkern (RFPAs) eingesetzt, deren Versorgungsspannungen von +28 V bis +50 V reichen.

 Prinzipschaltung einer Phase des invertierenden 600-W-ZVS-Buck-Boost-Wandlers und Ansicht des realisierten Evaluation-Boards
Bild 4. Prinzipschaltung einer Phase des invertierenden 600-W-ZVS-Buck-Boost-Wandlers und Ansicht des realisierten Evaluation-Boards.
© Infineon Technologies

Infineons Evaluierungsboard bietet eine Ausgangsspannung von 12 V, welche für viele Telekommunikationsgeräte geeignet ist. Für diese Konfiguration sind MOSFETs mit einer Sperrspannung von 100 V erforderlich. Damit ist sie ideal geeignet, um die Leistung der neuen OptiMOS 6 100-V-MOSFETs in einer Soft-Switching-Topologie zu untersuchen. Basierend auf einer zweiphasigen invertierenden Buck-Boost-Topologie (Bild 4), liefert das Board bis zu 600 W bei einem Eingangsspannungsbereich von -36 V bis -60 V.

Da der Wandler eine neuartige Active-Clamp-Topologie verwendet, wird die Reverse-Recovery-Ladung QRR von den Synchrongleichrichter-MOSFETs Q2 und Q4 nahezu verlustfrei an den Ausgang übertragen. Dadurch wird ein ZVS-Einschalten der Steuerschalter Q1 und Q3 erreicht. Dies senkt die gesamten Schaltverluste des Wandlers, ermöglicht den Einsatz von Bauteilen mit dem geringsten Durchlasswiderstand und unterstützt eine drastische Erhöhung der Leistungsdichte.

 Vergleich von Wirkungsgrad und Verlusten in der invertierenden 600-W-ZVS-Buck-Boost-Topologie (VIN = -48 V, VOUT = 12 V, fSW = 200 kHz)
Bild 5. Vergleich von Wirkungsgrad und Verlusten in der invertierenden 600-W-ZVS-Buck-Boost-Topologie (VIN = -48 V, VOUT = 12 V, fSW = 200 kHz).
© Infineon Technologies

Bild 5 vergleicht die gemessenen Wirkungsgrade zwischen dem Vorgänger OptiMOS 5 BSC027N10NS5- und dem neuen OptiMOS 6 100-V-ISC022N10NM6-MOSFET. Durch Nutzung der neuen Bauelemente-Technologie ist eine Effizienzsteigerung von bis zu 1 Prozent möglich. Dabei geht der höhere Wirkungsgrad Hand in Hand mit geringeren Verlusten von 7 W, gleichbedeutend einer Steigerung der Leistungsdichte von 15 Prozent. Grund hierfür sind der geringere Durchlasswiderstand, die geringere Gate-Ladung und die ebenfalls geringere Reverse-Recovery-Ladung.

Anwendung in der Motoransteuerung

Untersucht werden die Eigenschaften der neuen OptiMOS 6 200-V-MOSFETs unter hart schaltenden Bedingungen in einem Motorantrieb. Dabei verwendet der modifizierte, handelsübliche Umrichter – dimensioniert für den Betrieb eines 65-kW-AC-Induktionsmotors – eine übliche B6-Topologie mit einer Nenneingangsspannung von 144 V, einem durchschnittlichen Ausgangsstrom von 135 Arms und einem 1-Minuten-Phasen-Effektivstrom von 500 Arms.

Auf der Leistungsplatine sind insgesamt 96 MOSFETs im TO-263-3(D2PAK)-Standardgehäuse mit jeweils 16 parallel geschalteten Bauteilen in jedem Zweig untergebracht. Als Platinenmaterial wird ein isoliertes Metallsubstrat eingesetzt, welches eine hervorragende Wärmeübertragung bei erhöhter Zuverlässigkeit und Leistung ermöglicht.

 Vergleich der mittleren Verlustleistung je MOSFET für die 200-V-Technologien
Bild 6. Vergleich der mittleren Verlustleistung je MOSFET für die 200-V-Technologien.
© Infineon Technologies

Bild 6 zeigt die durchschnittlichen Gesamtverluste pro MOSFET sowie die einzelnen Leitungs-, Einschalt- und Ausschaltverlustanteile. In Summe beläuft sich die Gesamtverlustreduzierung auf 36 Prozent, wobei alle Verlustanteile im Vergleich zur Vorgängergeneration gesenkt werden konnten. Darüber hinaus profitiert die Anwendung von den deutlich geringeren Einsatzspannungsschwankungen der OptiMOS-6-Bauteile, was eine deutlich verbesserte Homogenität der Stromaufteilung ermöglicht. Mithilfe der Messung der Störabstrahlung lässt sich zudem auch für die neue Bauelementegeneration das gute EMI-Verhalten der MOSFET-Vorgängergeneration in der Anwendung bestätigen.

 

Die Autoren

 

Ralf Siemieniec von Infineon Technologies
Ralf Siemieniec von Infineon Technologies.
© Infineon Technologies

Ralf Siemieniec

ist Senior Principal Engineer und arbeitet an der Entwicklung von Technologiekonzepten für Silizium- und Siliziumkarbid-MOSFET.

 

 

Simone Mazzer von Infineon Technologies
Simone Mazzer von Infineon Technologies.
© Infineon Technologies

Simone Mazzer

ist System Engineer bei Infineon Technologies und beschäftigt sich mit ultrakompakten DC-DC-Wandlern und VRMs hoher Leistungsdichte für Rechenzentren.

 

Cesar Braz von Infineon Technologies
Cesar Braz von Infineon Technologies.
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Cesar Augusto Braz

ist Produktdefinitionsingenieur für 100-V- und 120-V- MOSFETs. In der Vergangenheit war o Braz als Designer für SMPS- und DC-Stromversorgungssysteme für die Telekommunikation tätig.

 

Elvir Kahrimanovic von Infineon Technologie
Elvir Kahrimanovic von Infineon Technologie.
© Infineon Technologies

Elvir Kahrimanovic

ist Principal Engineer bei Infineon Technologies und beschäftigt sich mit Mittelspannungs-MOSFETs für verschiedene Anwendungen.


  1. Schnelles, homogenes Ein- und Ausschalten
  2. Anwendung in der TK- und IT-Stromversorgung

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