Getaktete Stromversorgungen

Digitalisiertes Schaltnetzteil mit hybrider Regelung

30. August 2018, 11:15 Uhr | Von Giovanni Rodio und Thorsten Gatzka
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Der Ansatz des Hybrid-Reglers

Das Konzept des Hybrid-Reglers in Bild 3 (siehe weiter unten) bildet einen effektiven Kompromiss aus der analogen und der digitalen Welt. Sehr oft liegt die optimale Lösung nicht an den extremen Rändern, sondern vielmehr in der Mitte.

Auch beim Hybrid-Regler können, wie bei der rein digitalen Lösung, eine Vielzahl von Eingangsparametern Einfluss auf den Betrieb des Reglers und des Schaltnetzteils als System nehmen. Der schnelle Kern des Reglers ist jedoch nach wie vor analog realisiert. Damit können mit den gleichen, standardisierten Entwicklungs- und Qualifizierungsprozessen zuverlässige und beweisbar stabile Regelungen sicher entwickelt werden. Der Kern des Netzteiles ist inhärent sicher bezüglich der Entwicklung, da alle Details bekannt sind.

Das Hybrid-Konzept teilt also die Merkmale des Reglers und des Schaltnetzteil-Systems in zwei Bereiche auf:

  • Die Low-Order-Merkmale: Darunter fallen die essenziellen, sicherheits­kritischen und zeitlich schnellen Funktionen (analoger Kern). Hierzu gehören z.B. die dynamische Strombegrenzung, die absolute Maximaltemperaturabschaltung, die Spannungsregelung.
  • Die High-Order-Merkmale: Lang­same, komplexere Funktionen (digitaler Kern). Diese umfassen z.B. das Soft-Start- und Überlast-Verhalten, das Verhalten bei leichten Über­temperaturen.

Diese Aufteilung sorgt dafür, dass es für die High-Order-Merkmale nicht möglich ist, die essenziellen Funktionen des Netzteils in einen kritischen Zustand zu bringen, der in der Zerstörung des Netzteils oder der Beschädigung der angeschlossenen Lasten enden kann.

Merkmale der Hybrid-Regelung

Der Anwender kann zwischen den folgenden implementierten High-Order-Merkmalen bei Schaltnetzteilen wählen, entweder rein digital oder bei Bedarf auch gemischt digital-analog:

  • Einen zeitlich begrenzten, deutlich höheren Ausgangsstrom (z.B. 50 bis 100 % Boost), um auch schwer anlaufende Lasten (Motoren, nachgeschaltete Schaltnetzteile ohne Soft-Start und Unterspannungsabschaltung) starten zu können
  • Zeitlich frei wählbares Soft-Start-Verhalten am Netzeingang
  • Flexibles Verhalten in Betriebsphasen mit Unter- oder Überspannung am Versorgungseingang
  • Flexibles thermisches Verhalten (z.B. Zulassen des Betriebs in kurzen Zeitintervallen mit hohen Umgebungstemperaturen)
  • Zwei Schaltfrequenzbereiche, op­timiert für Hoch- und Schwachlastbetrieb
  • Freie Wahl von Ausgangssignalen zu Signalisierung von Betriebszuständen des Netzteiles (z.B. Power Fail, Übertemperaturwarnung, Power Ok)
  • Freie Wahl von Eingangssignalen zur externen Umschaltung von Eigenschaften bzw. Betriebsarten des Netzteils (z.B. Boost, Sleep, usw.)
Flyback mit Hybrid-Regelung: digitale und analoge Welt kombiniert.
Bild 3. Flyback mit Hybrid-Regelung: digitale und analoge Welt kombiniert.
© Quelle: Autronic

Diese (gekürzte) Liste von High-Order-Merkmalen lässt erahnen, wie flexibel das Hybrid-Konzept auf Anwenderwünsche abzustimmen ist. Die High-Order-Merkmale benötigen Reaktions- und Zykluszeiten im Millisekunden-Bereich, während die Implementierung des Reglers, insbesondere die der dyna­mischen Strombegrenzung, Reaktionszeiten im Bereich von Nano- bis Mikro-Sekunden zwingend benötigt. Neben schnellen Reaktionszeiten müssen die Zyklus- und Abtastzeiten beim rein
digitalen Konzept extrem genau ein­gehalten werden, um nicht unbeabsichtigt Nichtlinearität oder chaotisches Verhalten in der Systemstruktur des Reglers zu verursachen.

Die High-Order-Merkmale können mit relativ einfachen, kostengünstigen und gut verfügbaren Mikrocontrollern realisiert werden. Diese geben über einfache, analoge Schnittstellen die Grenzen der High-Order-Merkmale vor oder können auch deren Funktionen komplett digital zu- bzw. abschalten.

Die Low-Order-Merkmale, also der analoge Kern, wird in seiner Struktur im Betrieb nicht geändert. Damit sind Konzepte wie eine adaptive Anpassung der Regelung nicht möglich. Jedoch ist das Verhalten des Netzteiles jederzeit zuverlässig vorhersagbar. Eine adap­tiven Anpassung der Regelung, die im Hintergrund arbeitet, ist für Entwickler sowie Anwender unsichtbar und daher nur sehr schwer einsehbar.

Ein Beispiel für einen aktuellen Hy­brid-Wandler von Autronic ist der HEC120-W für CompactPCI (Serial). Die bewährte analoge Technik wird durch programmierbare Funktionen »hybridisiert«. Wenn auch wesentlich mehr Parameter digital einstellbar wären, sind gezielt nur die wichtigen Themen digita­lisiert worden. Einstellbar sind die Undervoltage-Lockout-Bereiche, der Übertemperaturwarnausgang und die Überspannungsabschaltung mit frei definier­barer Auslöseschwelle sowie 120 % Ausgangsleistung für 1 s. Weiterhin kann frei gewählt werden, wie sich der Power-Good-Ausgang verhalten soll in Bezug zu Vin, Vout, Tamb und Iout. Und auch das sequenzielle Starten der Ausgangsspannungen ist frei wählbar, was die Verzögerungszeiten anbetrifft.

Der digitale Anteil am Wandler bleibt damit immer beherrschbar und erleichtert das Design-in der Stromversorgung, da die Flexibilität der Anpassungen der analogen Schaltung bestehen bleibt und die Programmierarbeit im definierten Raum leicht unter Kontrolle zu halten sind.

Die Autoren

Giovanni Rodio, Autronic
Giovanni Rodio ist seit 2008 als Vertriebsmitarbeiter bei Autronic. Seit 2011 ist er Sales- und Produktma­nager für Stromversorgungen und zuständig für kundenspezifische Power-Supplies.
© Autronic
Thorsten Gatzka, Autronic
Thorsten Gatzka ist Entwicklungsberater bei Autronic und seit 2001 als Entwicklungsingenieur tätig im Bereich Stromversorgungen und Drive. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Netzteil­topologie und -regelung, Wickelgüter und EMV.
© Autronic

Autronic Steuer- und Regeltechnik GmbH auf der electronica 2018: Halle A6, Stand 234


  1. Digitalisiertes Schaltnetzteil mit hybrider Regelung
  2. »Good Old Analog« und »Brave New Digital World«
  3. Der Ansatz des Hybrid-Reglers

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