Getaktete Stromversorgungen

Digitalisiertes Schaltnetzteil mit hybrider Regelung

30. August 2018, 11:15 Uhr | Von Giovanni Rodio und Thorsten Gatzka
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

»Good Old Analog« und »Brave New Digital World«

Good Old Analog

Flyback mit rein analoger Regelung. Der Spannungsregler GU bewirkt die Korrektur des Frequenzgangs und der Stromregler Gi begrenzt den Sekundärstrom.
Bild 1. Flyback mit rein analoger Regelung. Der Spannungsregler GU bewirkt die Korrektur des Frequenzgangs und der Stromregler Gi begrenzt den Sekundärstrom.
© Quelle: Autronic

Bild 1 zeigt anhand einer einfachen Flyback/Sperrwandler-Topologie die schematische Funktionsweise einer rein analogen Schaltnetzteil-Regelung. Die Regelung besteht aus zwei parallelen Pfaden. Einem Spannungsregler GU, der bereits die nötige Frequenzgangkorrektur aufweist und einem Stromregler Gi, der den Sekundärstrom begrenzt. Der nachgeschaltete Multiplikatorknoten entscheidet, welcher Regler dominant auf den PWM-Modulator einwirken darf. Der PWM-Modulator besitzt zusätzlich eine dynamische Strombegrenzung, um auf Kurzschlüsse reagieren zu können, bei denen unter Umständen die sekundäre Stromregelung noch nicht voll funktionsfähig ist.

Es handelt sich in Bild 1 um eine sehr einfache Implementierung der Regelung. Der Entwickler kann noch entscheiden, ob Regler und PWM-Modulator im Voltage-Mode oder im Current-Mode arbeiten. Aufgrund der höheren Stabilität und der inhärent besseren Kurzschlussfestigkeit werden heute Current-Mode-Implementierungen bevorzugt.

Es ist offensichtlich, dass der Flexibilität dieser rein analogen Implementierung enge Grenzen gesetzt sind. So z.B. bedeutet die Anforderung hoher Anlaufströme der Last, das Netzteil für diese hohen Anlaufströme als Dauerlast auslegen zu müssen. Ein Derating des Ausgangsstromes über der Temperatur bedeutet ebenfalls einen erheblichen Mehraufwand in der Schaltungstechnik. Theoretisch ist es möglich, auch ein rein analog implementiertes Schaltnetzteilkonzept mit Komfort-/High-Order-Funktionen auszustatten. Der Schaltungsaufwand wächst jedoch sehr schnell an, sodass die schiere Zahl an Bauelementen, Flächenbedarf auf der Platine sowie der Aufwand für Qualifikation in der Entwicklung und Test in der Produktion dem analogen Herangehen enge Grenzen setzen.

Brave New Digital World

Flyback mit rein digitaler Regelung. Auf die Regelungscharakteristik haben deutlich mehr Eingangsgrößen Einfluss als bei der analogen Regelung.
Bild 2. Flyback mit rein digitaler Regelung. Auf die Regelungscharakteristik haben deutlich mehr Eingangsgrößen Einfluss als bei der analogen Regelung.
© Quelle: Autronic

Bild 2 zeigt die Implementierung einer rein digitalen Lösung. Es soll an dieser Stelle nur die Implementierung in einem Serien-IC betrachtet werden, auf die der Entwickler weniger Einfluss hat, als wenn der digitale Teil z.B. mit einem FPGA realisiert werden würde. Es fällt sofort auf, dass auf die Regelung deutlich mehr Eingangsgrößen Einfluss haben als bei der analogen Variante. Diese höhere Anzahl an Eingangsgrößen ist dabei nicht mit einem Mehraufwand an Schaltungstechnik verknüpft, wie bei der analogen Variante, sondern fällt quasi als Nebenprodukt ab.

Neben der Realisierung der Regelung mittels digitaler Strukturen und unter Zuhilfenahme von Z-Transformation und Differenzialgleichungen, die eine sehr genaue Einstellung der Pole und Nullstellen des Reglers ermöglichen, kann auch ein lastabhängiges Verhalten des Reglers implementiert werden.

Betrachtet man die Bandbreite, mit der die Komponenten des Leistungskreises (Induktivitäten, Kapazitäten) streuen können, wie z.B. Exemplarstreuungen, Alterung, temperatur- und laststromabhängiges Sättigungsverhalten usw., bringt die exakte Platzierung der Pole und Nullstellen im Sub-Hertz-Bereich dem Entwickler keinen Vorteil. Begründet dadurch, dass sich die bestimmenden Leistungsbauelemente äußerst analog verhalten, d.h. sehr weit streuen können.

Ein großer Vorteil, den die analoge Implementierung tatsächlich nicht Nachahmen kann, ist der Zustandsautomat (Finite State Machine). Durch den Zustandsautomaten werden Zustände wie Power-On, Überlast, Kurzschluss, Schwachlastbetrieb etc. wahrgenommen und die Regelung/das System kann mit dafür optimierten Parametersätzen betrieben werden.

Ein weiterer Vorteil des digitalen Ansatzes ist die komplexe Ansteuerung von mehreren Schaltelementen in der Netzteiltopologie. Dies beschränkt sich nicht auf die relativ simple Ansteuerung eines aktiven, synchronen Gleichrichterelements.

Ein großer Nachteil hier ist jedoch, dass die Interna des digitalen Kerns dem Entwickler verschlossenen sind. Netzteile werden sehr oft unter harschen Bedingungen und mit hoher Leistungsdichte betrieben, sodass es sehr oft notwendig ist, dass das Verhalten dem Entwickler bis ins kleinste Detail bekannt sein muss. Zudem benötigt jeder digitale IC unterschiedliche Tools zur Programmierung und Parametrierung, sodass sich hier ein erhebliches Fehlerrisiko verbirgt, dass z.B. der IC falsch parametriert wird. Neben exakten Kenntnissen über das jeweilige digitale IC muss sich der Entwickler zusätzliche Kenntnisse über die Tools aneignen und diese stets auf dem aktuellen Stand halten. Der Wissensspagat, Kenntnisse und Erfahrungen über die analogen Leistungsbauelemente einerseits sowie die digitale Signalverarbeitung und die Programmier-/Parametrier-Tools andererseits, kann zu komplexeren und längeren Entwicklungs- und Qualifizierungszeiten führen. Weiterhin gilt zu berücksichtigen, dass sich der höhere Preis der reinen digitalen Lösung aufgrund hoher Preise der ICs negativ niederschlägt, genauso wie die Chance eine Second-Souce als Alternativbauteil in die Stückliste mit aufzunehmen.


  1. Digitalisiertes Schaltnetzteil mit hybrider Regelung
  2. »Good Old Analog« und »Brave New Digital World«
  3. Der Ansatz des Hybrid-Reglers

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