„Nachhaltigkeit muss man sich leisten können“ – würden Sie diese Aussage unterschreiben? Erleben Sie Nachhaltigkeit als Kostenfaktor?
Als börsennotiertes Industrieunternehmen ist es kein reiner Altruismus, mit dem wir Nachhaltigkeit als Kern unserer Unternehmensphilosophie verfolgen: Wir folgen dem Prinzip „doing well by doing good”. Wenn wir Gutes tun, darf es uns dabei also gerne auch unternehmerisch gut gehen. Insofern sehe ich „nachhaltig“ nicht als gleichbedeutend mit „teurer“ an.
Bei neuen Produktdesigns bedeutet die Fähigkeit zur Kreislaufwirtschaft tatsächlich initial einen höheren Kostenaufwand, der sich aber bei konsequenter Umsetzung definitiv zurückzahlt. Beispielsweise haben nachhaltige, intelligente LED-Produkte mit hochwertigen Komponenten nicht nur eine hohe Lichtqualität, sondern auch geringere Betriebskosten als ihre konventionellen Gegenstücke.
Man kann nur hoffen, dass sich solche Total-Cost-of-Ownership-Betrachtungen als Grundlage für eine Kaufentscheidung in Zukunft mehr durchsetzen, als das aktuell noch der Fall ist. Zumal hier künftig zusätzlich Faktoren wie ein CO2-Preis eine Rolle spielen können – insofern ist es auch an der Politik, für Umstände zu sorgen, in denen nachhaltiges Wirtschaften keinen negativen Kostenfaktor darstellt.
Ist Nachhaltigkeit eine Imagefrage?
Auch, aber nicht primär. In meinen Augen ist Nachhaltigkeit u. a. eine Frage der Glaubwürdigkeit: Um das Bekenntnis dazu glaubwürdig zu transportieren, muss sie ein wesentlicher Bestandteil der DNA eines Unternehmens sein, neudeutsch formuliert auf seinen Purpose einzahlen. Daran muss man sich messen lassen, was wir mit unseren Programmen sowie entsprechenden Benchmarks, Indizes und Quartalsergebnissen tun. Wenn die Nachhaltigkeit so im Geschäft eines Unternehmens verankert ist und damit auf einer wirtschaftlichen Basis fußt, sind die damit verbundenen Veränderungen und Anstrengungen auch glaubwürdig und schaffen ein starkes Image.
Ich persönlich kaufe bevorzugt nachhaltig hergestellte Produkte. Wie beeinflusst Ihrer Meinung nach ein verantwortungsvoller Umgang des Herstellers mit Ressourcen die Kaufentscheidungen der Kunden?
Wenn auch noch nicht flächendeckend, so registrieren wir auf jeden Fall eine zunehmende Tendenz von Nachhaltigkeit als wichtigen Einflussfaktor bei der Kaufentscheidung. Der Klimawandel und seine Konsequenzen werden spürbarer und die öffentlichen Diskussionen, nicht zuletzt auch durch Fridays for Future, haben das Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten weiter geschärft. Entsprechend steigt bei ihnen das Interesse daran, wie ein Produkt hergestellt, transportiert und genutzt wird, und was zum Ende seiner Lebenszeit damit passiert. Wer sich wie wir mit diesen Anforderungen transparent auseinandersetzt und sie als Chance begreift, wird damit langfristig Erfolg haben.
Welche Unterstützung würden Sie sich wünschen, um Ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen? Was würden Sie beispielsweise seitens der Politik erwarten?
Bei der Politik ist bereits einiges in Bewegung gekommen: Die EU hat den Green Deal auf den Weg gebracht, und auch Deutschland hat sich – zugegebenermaßen nach etwas Nachhilfe aus dem Bundesverfassungsgericht – die in Europa ambitioniertesten Ziele gegeben, um durch Nachhaltigkeit als führendes Industrieland zu bestehen. Für das Erreichen solcher Ziele braucht es aber starke Aktionen und eine hohe Umsetzungsgeschwindigkeit, bei der viele verschiedene Ressorts aus Umwelt, Wirtschaft, Energie und Verkehr – um nur einige zu nennen – noch viel stärker integrativ und ganzheitlich aktiv werden müssen.
Die Wirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen aus der Politik, wie sie mit dem Gebäudeenergiegesetz, der Energieeffizienzrichtlinie oder dem Kreislaufwirtschaftsgesetz in Arbeit sind. Gleichzeitig sind aber auch eine antreibende Unterstützung durch Förderprogramme wie der Bundesförderung für effiziente Gebäude oder der Kommunalrichtlinie aus der Nationalen Klimaschutzinitiative nötig, sowie belastbare Aussagen zu ihrer Langfristigkeit.
Was werden Ihre nächsten Schritte sein?
Wir wollen unsere Strategie kontinuierlich entwickeln und dabei Nachhaltigkeit als wesentlichen Grundpfeiler beibehalten. Wie bereits erwähnt spielen hier auch Innovationen eine große Rolle, die zielgerichtet auf das Thema einzahlen. Innerhalb von Signify wollen wir unsere Organisation in Hinblick auf Diversität und Inklusion weiterentwickeln und unserer Verantwortung als großes Unternehmen auch in sozialen Themen auf der ganzen Welt, etwa über unsere Stiftung Signify Foundation, gerecht werden.
Zum Abschluss: ein Gedanke, ein Appell, ein Wunsch für die Zukunft?
Ganz ehrlich: Wir alle müssen weniger reden und mehr machen! Das Verkünden von Zielen ist das Eine, die praktische Umsetzung aber der noch viel wichtigere Part. Statt Appellen sollten und wollen wir vorangehen und Best-Practice-Beispiele schaffen. Insgesamt gesehen bedarf es dafür aber auch verlässlichere Rahmenbedingungen und innerhalb der Wirtschaft, sogar im Wettbewerb, noch mehr Kooperation untereinander.