Testbench in Hardware

Validierung KI-basierter Simulationsmethoden im Chip-Entwurf

9. Januar 2024, 9:48 Uhr | Von Tom Reinhold, IMMS
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Komponenten der Plattform

Hauptmodul

Dieses Modul ist ein fester Bestandteil und die zentrale Komponente zur Versorgung und Ansteuerung des Messystems. Eine Recheneinheit bietet ein Interface zur Kontrolle der Messplattform – mit ihr werden einzelne Messabläufe für die Funktionsmodule erstellt. Während eines Tests ist das Hauptmodul für die zeitliche Synchronisierung der Module verantwortlich. Anschließend werden Ergebnisse von Modulen gesammelt und aufbereitet.

Der allgemeine Modulaufbau im Überblick
Der allgemeine Modulaufbau im Überblick.
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Für die Datenverarbeitung und Systemansteuerung...

...dient ein System on Module (SOM) in Form eines ZYNQ-Controllers, der FPGA und PC vereint. Per Ethernet-Kommunikationsschnittstelle zu anderen IT-Systemen wird ein Interface zum Konfigurieren und Ansteuern des Systems bereitgestellt.

Der FPGA-Teil des ZYNQ...

...implementiert die Schnittstelle für die digitale Datenübertragung zu den Funktionsmodulen in Form eines QSPI-Masters. Durch vier parallele Datenleitungen werden Kommunikationsgeschwindigkeiten >10 MB/s erreicht. Mehrere Slave-Select-Signale ermöglichen die gezielte Adressierung einzelner Funktionsmodule. Zusätzlich werden im FPGA-Teil Clock- und Trigger-Signale zur Synchronisierung der Funktionsmodule erzeugt.

Funktionsmodule

Die Funktionsmodule des AMS ASIC Scope ermöglichen dem System die eigentliche Funktionalität, indem sie Ein- und/oder Ausgaben digitaler und analoger Signale ermöglichen.
Eine einheitliche Struktur von Hardware und FPGA-Designs der Module standardisiert innerhalb des Testsystems die digitale Anbindung zum Hauptmodul und die Modulansteuerung. Das minimiert den Entwicklungsaufwand, weil große Teile der Hardware, des FPGA-Designs und der Software wiederverwendet werden können.

Spannungserzeugung
Ausgehend von einem festen Gleichspannungseingang werden alle modulspezifischen Spannungen erzeugt. Immer vorhanden ist ein 3,3-V-Regler, der die Spannung für das FPGA bereitstellt. Je nach Funktionsschaltung werden ein oder mehrere weitere Spannungsregler benötigt.

Das Modul »Digital Interface«
Das Modul »Digital Interface«.
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Kommunikation und Steuerung

Ein Logikbauelement in Form eines FPGA stellt die Verbindung zur Backplane und damit zum Hauptmodul dar. Mit dieser digitalen Verbindung werden Programmabläufe (Messabläufe) und Ergebnisse mit dem Hauptmodul ausgetauscht. Die digitale Ansteuerung von Schaltkreisen, die zur Wandlung von analog auf digital und umgekehrt stattfindet, wird von diesem SOM aus kontrolliert.

Eine zeitliche Synchronisation zum Messablauf mehrerer Module erfolgt durch Synchronisationsleitungen vom Hauptmodul über die Backplane.

Ca. 2/3 der Modulfläche ist für die modulspezifische Schaltung ausgelegt. In diesem Bereich ist die eigentliche Schaltung für Stimuli und Ob- server vorgesehen. Diese beinhaltet die analoge Schaltung sowie die Wandlung der Signale zwischen dem analogen Bereich und den digitalen Daten des FPGA.

Digital-IO mit Level-Shift

Das Modul »PMU – Parametric Measurement Unit«.
Das Modul »PMU – Parametric Measurement Unit«
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Dieses Modul wurde erstellt, um digitale Signale zu erzeugen und aufzunehmen. Das erlaubt eine Modulimplementierung, die im Hinblick auf die digitale Signalerzeugung und -aufnahme vielseitig einsetzbar ist:

➔ Erzeugung vordefinierter Abläufe digitaler Signale (Pattern Generator)
➔ Aufnahme digitaler Signalabläufe (Logik Analyzer)
➔ Erzeugung standardisierter Bus-Signale (z. B. I²C, SPU, USART) zur digitalen Kommunikation mit Schaltkreisen

Das Modul verfügt über 16 Digitalkanäle,...

...die frei entsprechend der jeweiligen Anwendung konfigurierbar sind. Zusätzlich lässt sich die High-Level-Spannung der Digitalsignale definieren. Das geschieht entweder über ein externes Spannungsreferenzsignal oder alternativ durch einen Digital-Analog-Converter auf dem Modul, der vom FPGA gesteuert wird. Die Logik-Spannung ist damit im Bereich von 1,2 V bis 5,5 V konfigurierbar.

Zusätzlich befindet sich auf dem Modul...

...ein Entwicklungsbereich, der Aufbauten zum Debuggen des Systems selbst sowie die Entwicklung von Schaltungskomponenten für neue Module ermöglicht.

Parametric Measurement Unit

Das Power-Supply-Module
Das Power-Supply-Module.
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Ziel des PMU-Moduls...

...(Parametric Measurement Unit) ist die Erzeugung und Messung von Spannungen und Strömen. Als Vier-Quadranten-Quelle ist dieses Modul auch als elektronische Last einsetzbar.

Das Modul beinhaltet...

...vier SOMs mit PMU-ICs. Einer dieser PMU-Kanäle ermöglicht die Erzeugung von Spannungen und Strömen mit optionaler Begrenzung der komplementären Größe. Die Messung der Spannungen und Ströme wird durch integrierte Messverstärker und ADC realisiert. Weitere Eigenschaften dieser SOMs sind:

➔ Spannung
- Bereich -11 V bis +11 V
- DAC – Genauigkeit 16 bit & ±10 mV
- ADC – 24 bit Auflösung (±10 µV)
➔ Strom
- 5 selektierbare Strombereiche (±5 µA bis ±50 mA)
- Bereich = –50 mA bis +50 mA
- Genauigkeit je nach Strombereich ±2,5 nA (5-µA-Bereich) bis ±0,5 mA (50-mA-Bereich)
➔ Kanäle konfigurierbar als Vier-Quadranten-Quellen und -Senken mit Möglichkeiten zur Begrenzung von Strom und Spannung.

Insgesamt beinhaltet ein PMU-Modul...

...16 Kanäle, die individuell nach den genannten Eigenschaften konfiguriert werden können. Damit eignet sich dieses AMS-ASIC-Scope-Modul hervorragend als Analog-Baustein, um Quellen oder Senken aus der Simulationsumgebung auf reale IC-Tests anzuwenden.

Power Supply Module

Die Stromaufnahme...

...eines digitalen Schaltkreises zu messen, ist häufig eine große Herausforderung, weil verschiedene Betriebsmodi meist sehr große Unterschiede in der Leistungsaufnahme darstellen. Je nach Art eines Schaltkreises ist es auch nur selten möglich, ICs in statische Betriebszustände mit zeitlich konstanter Leistungsaufnahme zu versetzen.

Ziel des Power-Supply-Moduls ist es,...

...diese Herausforderungen zu lösen, indem der zeitliche Verlauf der Stromaufnahme eines Messobjektes über einen sehr großen Messbereich gemessen wird. Dabei darf jedoch die Betriebsspannung des Messobjektes nicht durch die Strommessung beeinflusst werden. Es soll mit diesem Modul möglich sein, die Stromaufnahme von Schaltkreisen bei verschiedenen Zuständen aufzunehmen und zu digitalisieren.

Es wurden für dieses Modul zwei verschiedene Verfahren...

...für Strom-Spannungs-Wandlung erforscht und charakterisiert. Dadurch sind zwei Analog-Messadapter mit verschiedenen Verfahren zur messtechnischen Verstärkung des Stroms entstanden:

➔ Ein logarithmischer Messverstärker ermöglicht die Digitalisierung der Stromaufnahme mit sehr hoher Dynamik ohne den Bedarf für eine Bereichsumschaltung. Artefakte durch Umschaltzeiten zwischen Messbereichen können somit gänzlich vermieden werden, denn bei der logarithmischen Verstärkung mit anschließender Digitalisierung ist keine Bereichsumschaltung nötig.
➔ Eine lineare Wandlung mit mehreren Messbereichen vermeidet zusätzlicheUngenauigkeiten, die durch nichtlineare Effekte auftreten. Jedoch müssen immer alle Bereiche digitalisiert werden, weil erst nach der Digitalwandlung der valide Messbereich der Strommessung erfolgt. Eine Umschaltung der analogen Messbereiche ist auch in diesem Schaltungskonzept nicht nötig.
Das Modul erlaubt mit der erstellten Messverstärkung einen Messbereich von 10 nA bis 10 mA bei einer Abtastrate von bis zu 10 MS/s. Die verschiedenen Messeinschübe können sehr nah am Testobjekt platziert werden, um Störeinflüsse zu verringern.

Zusammenfassung und Ausblick

Im Projekt KI-EDA wurde ein neuartiges und modulares Testsystem entwickelt, das zukünftig die Entwicklung neuer ASICs unterstützen wird, indem Simulationen und Tests aus der Designumgebung auch auf realen Schaltkreisen angewandt werden. Die Hardware implementiert dieses Konzept durch ein Modulsystem mit einem Hauptmodul zur Ansteuerung verschiedener modularer Einzelkarten für einzelne spezifische Aufgaben. Deren Kombination ergeben ein Set-up, das für die jeweilige Anwendung speziell zugeschnitten ist. Damit werden die Anforderungen an Tests erfüllt und es ermöglicht die Abdeckung der meisten Testfälle am echten Schaltkreis durch:

➔ Erzeugung und Aufnahme digitaler Signale
➔ Digitale Kommunikation über serielle Bussysteme
➔ Analoge Spannungsversorgung mit Messung des Versorgungsstroms (bis 10 mA bei 10 MS/s)
➔ Vier-Quadranten-Quellen mit bis zu ±10 V und ± 50 mA mit Messung von Strom und Spannung

Im Laufe des Projektes...

...KI-EDA wurde die gesamte Hardware des AMS ASIC Scope konzipiert, entwickelt und aufgebaut. Außerdem wurde ein modulares Hardwaredesign für die Logik-Komponenten der Module (FPGAs) erstellt. Die Weiterentwicklung des AMS ASIC Scope im Folgeprojekt HoLoDEC wird die Softwareimplementierung beinhalten, um das Ziel »Die Testbench, aber in Hardware« zu verwirklichen.

 

Der Autor

 

Tom Reinhold von IMMS
Tom Reinhold von IMMS.
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Tom Reinhold

Seit dem Studium und dem Masterabschluss ist Tom Reinhold am IMMS tätig. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Industrielle Elektronik und Messtechnik arbeitet er an Forschungs-projekten, die die moderne Messtechnik durch KI-Einsatz vorantreiben


  1. Validierung KI-basierter Simulationsmethoden im Chip-Entwurf
  2. Komponenten der Plattform

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