Nachrüstbares Monitoring

Defekte Straßenlampen clever ausfindig machen

9. Juli 2024, 15:00 Uhr | Sören Schneider, Marco Götze, Silvia Krug, Tino Hutschenreuther, alle IMMS; Redaktion: Kathrin Veigel
Prototypischer Sensorknoten im Ilmenauer Stadtgebiet. Das IMMS hat mit dem SmartCity-Testaufbau aus circa 50 nachrüstbaren Sensorknoten im Projekt thurAI Lösungen zur kostengünstigen automatischen und funkbasierten Lampenüberwachung erforscht.
© IMMS

Das Instandhalten der Straßenbeleuchtung ist für Kommunen sehr aufwändig. Vor allem an der zeitnahen und automatischen Erfassung defekter Straßenlampen hapert es. Abhilfe schafft hier ein smartes Monitoring, mit dem sich Defekte schnell erkennen und die Tourenplanung für Wartungen optimieren lassen.

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Am Markt verfügbare LED-basierte smarte Lampen überwachen und melden zwar ihren Status selbst und beinhalten oft auch weitere Funktionen, wie WLAN-Hotspots oder Elektroladesäulen. Doch vielen Gemeinden ist es finanziell unmöglich, groß­flächig oder gar vollständig darauf umzustellen; dies geschieht bestenfalls allmählich. Gleichzeitig wollen in einer zunehmend vernetzten Welt auch Kommunen verstärkt auf das Internet der Dinge (IoT) setzen, um Daten zu sammeln und effektive Analysen durchzuführen.

Am IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme wurde daher im Forschungsprojekt thurAI eine Lösung zum Monitoring von Straßenlampen entwickelt, aufgebaut und mit Langzeitmessungen in Ilmenau und umliegenden Gemeinden evaluiert, die als kostengünstigere Alternative nachgerüstet werden kann.

Diese realisiert die Defekterkennung mit optischen Sensoren in Funksensorknoten, die sich leicht an Lampenmasten ohne Eingriff in die Elektrik der Lampe installieren lassen. Das System aus batteriebetriebenen und aus der Ferne parametrierbaren Funksensorknoten und einem Gateway kommuniziert über die Low-Power-Weitbereichsfunktechnologie LoRaWAN.

Diese energieeffiziente Kommunikationstechnologie ermöglicht es, unterschiedlichste Sensoren einzusetzen und damit vielfältige Lösungen zu realisieren. Kommunen können somit jede vorhandene Straßenlampe smart machen, deren Zustand und Defekte zeitnah erkennen, Wartungseinsätze planen und Bürgerinnen und Bürger über eine Webseite informieren.

Die am IMMS in Zusammenarbeit mit der Stadt Ilmenau entwickelte Lösung zum Monitoring von Straßenlampen realisiert die Defekterkennung mit optischen Sensoren in Funksensorknoten, die an Lampenmasten installiert werden. Durch die nicht-invasive Montage ist kein Eingriff in die Elektrik der Lampe erforderlich; eine Nachrüstung somit leicht möglich. Das System aus Funksensorknoten und einem Gateway kommuniziert per Weitbereichsfunktechnologie LoRaWAN. Die Sensor­knoten sind dabei batteriebetrieben und aus der Ferne zu parametrieren. Die Defekte werden serverseitig aus den Messdaten erkannt, die Ergebnisse in Dashboards visualisiert.

Neben den reinen nachrüstbaren Sensoren an der Lampe hat das IMMS das gesamte System vom Sensor bis zur Visualisierung für städtische Stellen entwickelt. Dieses ist auf Basis der am IMMS entwickelten modularen Plattform für IoT-Systeme entstanden. Mit ihr lassen sich Sensoren, Datenbank- und Analyse-Tools sowie Visualisierungsoptionen flexibel anpassen, um anwendungsspezifische Lösungen schnell umsetzen zu können.

Konfigurierbare Sensorknoten mit autarker Energieversorgung

Für die Neuentwicklung wurden spezielle Sensorknoten entwickelt, die an Lampen montiert werden, um dort per optischer Lichtintensitätsmessung der Lampe sowie des Umgebungslichts die notwendigen Daten zum Monitoring der Lampenfunktion zu erfassen (Bild 1).

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IMMS-entwickelte Sensorknoten zur Installation an Lichtmasten
Bild 1. IMMS-entwickelte Sensorknoten zur Installation an Lichtmasten
© IMMS

Die Werte werden per LoRaWAN periodisch an ein eigenes Gateway mit dem ChirpStack als Implementierung des LoRaWAN-Protokoll-Stacks übertragen und von dort qualitätsgeprüft in einer InfluxDB-Datenbank abgelegt. Die Auswertung erfolgt momentan serverseitig über einen speziell entwickelten Algorithmus, der die beiden Werte je Lampe in Bezug setzt und so auch auf Fehlerfälle der Lampen, wie sehr helles Umgebungslicht, das Dämmerungsschalter an Lampen stört, aufmerksam machen kann. Das Ergebnis der Bewertung wird anschließend wieder in der Datenbank abgelegt und per Grafana auf einer Karte visualisiert.

Herausforderungen bei der Umsetzung des Projekts waren die Vielzahl an unterschiedlichen physischen Lampentypen (Mast- und Lampenform), eine Vielzahl heterogener Leuchtmittel mit unterschiedlichen Fehlerbildern und der Betrieb ohne Integration mit der Lampenelektrik, um Installations- und Wartungsaufwand zu minimieren. Die ersten beiden Punkte erfordern eine gewisse Anpassbarkeit beziehungsweise Konfigurierbarkeit der Sensorknoten an den Lampen, während der letzte Punkt einen energieeffizienten Betrieb mittels autarker Energieversorgung erfordert.

Letzteres erledigen Batterien, die bei einem Messintervall von 30 Minuten in der Nacht für eine avisierte Lebensdauer von mindestens zwei Jahren ausgelegt sind. Um die anderen Punkte zu realisieren, hat das IMMS zwei grundsätzliche Varianten der Sensorknoten entwickelt.

  1. Standard-Sensorknoten für Tag-Nacht-Unterscheidung der Messungen: Die Standardvariante verfügt über zwei Lichtsensoren und misst sowohl das Lampen- als auch das Umgebungslicht und ermöglicht so einen direkten Vergleich der beiden Werte. Dadurch wird der Unterschied zwischen Tag und Nacht deutlich. Um Energie zu sparen, wird der Sensor für das Lampenlicht nur bei Dunkelheit verwendet; erst wenn das Umgebungslicht einen konfigurierbaren Schwellwert unterschreitet, wird der zweite Sensor aktiviert. Dies ermöglicht zudem eine automatische Erkennung der Tageslänge im Jahresverlauf. Der zweite Sensor wird so positioniert, dass er dem Leuchtmittel abgewandt ist und möglichst wenig Licht von diesem einfängt.
  2. Vereinfachter Sensorknoten mit indirekter Zuordnung der Messzeiträume: Ist dies aufgrund der Lampengeometrie nicht möglich, kommt die zweite Variante mit nur einem Sensor zum Einsatz. Dieser misst lediglich das Lampenlicht. Server­seitig wird dieser Lampe dann ein anderer Sensor für die Bewertung des Umgebungslichts zugeordnet, der Beginn der Messzeiträume (Tag/Nacht) tagesaktuell ermittelt und anschließend der Sensorknoten entsprechend konfiguriert.

Um auf unterschiedliche Leuchtmittel eingehen zu können, hat das IMMS eine Möglichkeit geschaffen, die Knoten über Nachrichten im Rückkanal (LoRaWAN Downlink) aus der Ferne zu konfigurieren. Dies ermöglicht es, den Mess­bereich der Sensoren anzupassen sowie vorab definierte Spezialmessungen zu starten, zum Beispiel um später Flackern zu erkennen.

Funktionsnachweis und Ausblick

Bild 2. Sensorknoten an Lichtmasten im Ilmenauer Ortsteil Jesuborn
Bild 2. Sensorknoten an Lichtmasten im Ilmenauer Ortsteil Jesuborn
© IMMS

Das entwickelte System ist seit August 2023 im Ilmenauer Ortsteil Jesuborn flächendeckend in der Erprobung (Bild 2). Dieser Ortsteil verfügt über insgesamt circa 50 Straßenlampen unterschiedlicher Typen. Die Sensoren wurden entsprechend unter den Lampen relativ hoch am Mast mit Hilfe eines Hubsteigers installiert.

Während der bisherigen Erprobung ließen sich mit Hilfe des Systems erfolgreich erste Defekte an Lampen ausmachen (Bild 3). So wurden Defekte durch Bau­arbeiten und einen Unfall, bei dem ein Mast beschädigt wurde, erkannt.

Bild 3. Visualisierung in Dashboards: aktueller Status auf einer Karte des Ortsteils
Bild 3. Visualisierung in Dashboards: aktueller Status auf einer Karte des Ortsteils
© IMMS

Außerdem zeigen die Daten eine Intensitätsänderung der Lampen, wenn ein Leuchtmittel ausgetauscht wurde, und damit neben der aktuell möglichen Zustandserkennung auch ein weiteres Potenzial eines solchen Systems: Langfristig kann damit ein Datenbestand zur Analyse von Wartungszyklen aufgebaut werden, der dann auch für KI-Modelle nutzbar ist.

Neben diesen Funktionen wurden auch verschiedene Verdachtsfälle für Flackern identifiziert, die aber nur mit einer speziellen Messung, die in kürzeren Intervallen erfolgt, geklärt werden können. Das System ist bereits in der Lage, solch eine Messung auszuführen. Die Auswertung auf der Server-Seite oder, sobald ausreichend Daten vorliegen, per KI ist jedoch noch offen und steht als nächster Schritt an.


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