»Halteprämien« sieht da Graf Reischach als nicht mehr ausreichend an, um sich solche wertvollen Mitarbeiter zu sichern. »Das Einkommen ist für Mitarbeiter wichtig. Aber längst nicht mehr entscheidend. Die Konkurrenz um die echten Spezialisten ist enorm hoch, und für diese zählen weitere Faktoren: Sie wollen ernst genommen werden, Mitspracherecht und Entscheidungsspielraum haben, eine offene Kommunikationskultur und Benefits wie Remote-Office.«
Da überrascht es, was Interconsult anhand von Gesprächen mit Kandidaten und Unternehmen berichtet: Dass sich manche Unternehmen gerade jetzt und sehr diskret in Altersdiskriminierung üben, trotz zum Teil hervorragender Ausbildung im Zweifelsfall doch lieber deutschen statt ausländischen Fachkräften den Vortritt geben, lieber Positionen unbesetzt lassen, als Kompromisse einzugehen.
»Dabei ist alleine schon durch unsere demographische Entwicklung das Alter 45 bis 55 das neue 40«, weiß Personalberaterin Kristen Gräfin von Reischach.
Sie ist mit dieser Kritik nicht allein. Unlängst machte ein ‘Aufschrei’ von Petra Emmerich, seit Anfang 2017 Senior Partner Manager bei Exact Software, über Altersdiskriminierung auf LinkedIn Furore. Der Artikel bekam in kürzester Zeit 178 »Likes« und wurde bislang 40 mal kommentiert.
Altersdiskriminierung scheint kein Einzelfall zu sein. Kann man da nicht verstehen, dass der Fachkräftemangel immer wieder in Zweifel gezogen wird?
So wie von Martin Gaedt: Er bezweifelt in seinem Buch ‘Mythos Fachkräftemangel’, dass es einen Engpass an Bewerbern gibt und gibt die Schuld den Unternehmen selbst.
Im Ernst Herr Gaedt, kein Fachkräftemangel bei Spezialisten für C/C++ oder Analogtechnik?
Diesen ‘individuellen Fachkräftemangel’ bestreitet Gaedt nicht. »Aber dass es einen strukturellen Mangel gibt, das bestreite ich.« Der Fachkräftemangel diene als Feigenblatt für fehlenden Mut zur Innovation, etwa bei Stellenbeschreibungen. Diese seien häufig so überfrachtet mit Anforderungen an den potenziellen Kandidaten, dass die Zielgruppe extrem eingeengt werde und passende Kandidaten durch Raster fallen.
»Ihre fehlende Flexibilität schieben Unternehmen gerne auf ‚den Fachkräftemangel‘«, sagen auch die Berater von Interconsult. Auszubaden hat es die Belegschaft: mit wachsenden Überstunden-Bergen, die nicht abgefeiert werden können. Daran ändern dann auch 3,5 Prozent mehr im Geldbeutel nichts.
Den vollständigen Gehaltsreport können Sie bei Interconsult anfordern.