In kleineren Unternehmen sieht man alle Mitarbeiter zwangsläufig häufiger, Feedback zu persönlichem Handeln kommt unmittelbar und die Führung erfolgt beiläufiger. Insofern sind Mitarbeitergespräche/Jahresgespräche in kleinen Unternehmen weniger formal, sollten aber dennoch als solche zu erkennen sein, durchgeführt und dokumentiert werden.
Ein wichtiger Schritt für Unternehmen auf dem personellen Wachstumspfad ist die Objektivierung und Institutionalisierung der Mitarbeiterführung durch Führungsstrukturen und zentrale Vorgaben – beispielsweise hinsichtlich Zeitpunkt und Anzahl der Mitarbeitergespräche sowie der zu besprechenden Punkte im Mitarbeitergespräch. Formulierungshilfen und Beschreibungen von Erfüllungstatbeständen für die Zuordnung von Bewertungsstufen oder die Einteilung in Gruppen, dezidierte Abfragen für Vorschläge zu Gehaltsanpassungen und Beförderungen können die Führungskräfte unterstützen, damit diese sich auf die Gesprächsinhalte konzentrieren können. Gleichzeitig erhält das Unternehmen so Unterlagen, die eine bessere Vergleichbarkeit der Mitarbeiter ermöglichen. Formalisierte Mitarbeitergespräche können aber auch übertrieben werden und in lästiger Bürokratie enden. Großunternehmen wie Accenture und Google schaffen sie deshalb gerade medienwirksam ab.
Gleichfalls sollten die grundsätzlichen Inhalte, z.B. Definition persönlicher Ziele, Weiterbildungsplanung, Leistungsbewertung, von Mitarbeitergesprächen vorab bekannt sein, damit sich sowohl Mitarbeiter als auch Führungskraft individuell vorbereiten können und die Zeit des Gesprächs sinnvoll und zielorientiert genutzt werden kann. Je größer die Unternehmen, desto weniger individuelle tägliche Zeit wird pro Mitarbeiter zur Verfügung stehen.
Es bietet sich an, dass ein Mitarbeiter immer einer Führungskraft zugeordnet ist. Bei temporären Einsätzen sollte auch von der temporären Führungskraft Feedback eingeholt/mitgegeben werden. Eine lückenlose Bewertung durch Personen, die auch tatsächlich eine Bewertung abgeben können, erhöht die Akzeptanz und Qualität der Mitarbeitergespräche. Auch unangenehme Wahrheiten sind besser zu transportieren, wenn sie belegbar sind.
Oftmals drehen sich Mitarbeitergespräche nur um die Schwächen. Aufgabe der Führungskraft ist es meiner Ansicht aber, die Schwächen eines jeden einzelnen zu akzeptieren, zu minimieren und den Mitarbeiter auf Basis seiner Stärken zu fördern und einzusetzen, damit für das Unternehmen der größtmögliche Nutzen entsteht.
Unternehmen sollten ihren Führungskräften Schulungen anbieten, damit das Instrument Mitarbeitergespräch auch für die Unternehmensentwicklung genutzt werden kann. Hierzu zählt auch der Bereich Gesprächsführung. Führungskräfte sind die Multiplikatoren der Unternehmensphilosophie. Sie sind unmittelbar für die Kultur im Unternehmen verantwortlich.
Kasten: Erfolgsfaktor Personalführung |
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In meiner beruflichen Praxis habe ich Kündigungswellen von Mitarbeitern in Abteilungen erlebt, weil diese nicht mit den Führungskräften klar kamen, obwohl die meisten es bezüglich des Unternehmens bedauerten. Wer fühlt sich als Mitarbeiter ernst genommen, wenn er z.B. im Verlauf einer Abteilungsfeier von seiner Führungskraft wie folgt angesprochen wird: „Guten Abend, Herr ...?“ Der Mitarbeiter war insgesamt nur eineinhalb Jahre im Unternehmen, er hat unmittelbar danach gekündigt. Sollte sich in einem Unternehmen zeigen, dass es zwischen Führungskraft und zugeordneten Mitarbeitern nicht funktioniert, ist das Unternehmen zum schnellen Handeln aufgefordert. Eventuell reicht es, die Führungskraft zu unterstützen, z.B. durch individuelle Schulungen oder eine andere Zusammensetzung des Teams. Ein Unternehmen kann dieser Schwäche einer Führungskraft durch starke, formalisierte Vorgaben entgegenwirken, vollständig kompensieren kann es die Defizite aber nicht. Letztlich bleibt es die elementare Aufgabe eines Unternehmens, Prozesse zu implementieren, die das Auswahlverfahren für die Nominierung von Führungskräften begleiten und frühzeitig im Sinne des Unternehmens erkennen lassen, ob Kandidaten für eine Beförderung zur Mitarbeiterführung geeignet sind. Wenn nicht, sollten Unternehmen Expertenlaufbahnen ermöglichen, um sie im Unternehmen zu halten. Nicht jeder, der Verantwortung im Unternehmen hat, sollte auch Verantwortung für Mitarbeiter haben müssen. Im Extremfall muss ein Unternehmen auch die Erkenntnis akzeptieren, dass eine Person mit der Verantwortung für Personal überfordert sein kann. |