Leistungshalbleiter: Book-to-Bill-Rate

Vom Verkäufer- wieder zum Käufermarkt

11. Februar 2020, 10:00 Uhr | Engelbert Hopf
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"Der Bedarf wird schneller wachsen als der Markt"

Eine Einschätzung, die auch Ali Husain, Strategic Business Development Management bei On Semiconductor Germany, teilt: »Der Bedarf an Leistungshalbleitern wird weiterhin wachsen, und das schneller als der Markt. Das liegt vor allem an den Fortschritten in der Fahrzeugelektrifizierung, Infrastruktur, Industrie und Cloud-Power.« Er verweist auch darauf, dass in China zwar 2019 der Absatz von Elektrofahrzeugen zurückgegangen sei, der Grund dafür habe aber in der Streichung staatlicher Subventionen gelegen; »für 2020 wird jedoch ein erneuter Anstieg erwartet«.

Wie auch in anderen Bereichen der internationalen Bauteile-Branche, gibt es auch im Leistungshalbleiterbereich Stimmen, die darauf hinweisen, dass sich die Situation der Lieferkette in der zweiten Hälfte 2020 wieder verändern könnte. Davon geht man beispielsweise auch bei Toshiba Electronics Europe aus, wie Michael Piela, Senior Product Marketing Engineer, bestätigt. »Das wird dann Auswirkungen auf die Lieferzeiten haben.« Steigende Lieferzeiten dürften sich dann auch wieder in der Preisgestaltung niederschlagen.

Dass die Herausforderungen der Jahre 2017/18 noch nicht überall ausgestanden sind, zeigt das Thema LV-MOSFETs bei STMicroelectronics. Während die Versorgungslage bei den anderen Leistungshalbleitern aus dem Hause ST nach Angaben von Claudio Valesani, Group Vice President und Head of EMEA Central Europe Sales Unit, sich normalisiert hat, führt die starke Nachfrage nach LV-MOSFETs nach wie vor zu verlängerten Lieferzeiten. »Wir gehen heute davon aus, dass zusätzliche interne und externe Produktionskapazitäten dafür sorgen werden, dass sich auch die Lieferzeiten für LV-MOSFETs bis zum Ende des ersten Halbjahres 2020 normalisieren werden«, so Valesani.

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Dr. Dirk Wittorf, Nexperia: »Die Versorgungsprobleme der letzten Jahre sind  inzwischen gelöst. Die Lieferzeiten für Power-MOSFETs  liegen wieder zwischen 12 und 16 Wochen. Ich rechne im laufenden Geschäftsjahr mit stabilen Preisen.«
© Markt & Technik

Welche Bedeutung es haben kann, das richtige Produkt zur richtigen Zeit auf den Markt zu bringen, zeigt das Beispiel Power Integrations. »Für uns war 2019 das Jahr des GaN«, berichtet Doug Bailey, Vice President Marketing & Applications Engineering. »Wir haben im Herbst 2018 mit der vorzeitigen Auslieferung von GaN-Bausteinen an Schlüsselkunden begonnen und haben bisher über 3 Millionen PowiGaN-Leistungshalbleiter ausgeliefert.« Er verweist auch darauf, dass es immer noch eine gewisse Anspannung auf dem IGBT-Markt gibt; »dies könnte durchaus den Weg für alternative, MOSFET-basierte Lösungen etwa in Applikationsbereichen wie BLDC-Motortreiber ebnen«.

In den Augen von Frederic Dupont, President & CEO von Exagan, hat die GaN-Technologie im letzten Jahr endgültig den Marktdurchbruch geschafft. »Teilweise geschieht der Umbruch inzwischen bereits rasant, wenn man etwa das Marktsegment der USB-C-Ladegeräte betrachtet.« Dupont erwartet, dass sich der Trend in diesem Jahr weiter verfestigt und fortsetzt; er schränkt aber auch ein, »dass viele Projekte noch in frühen Designstadien sind und die meisten Umsätze noch auf Vorserienstückzahlen basieren«.

Und wie sehen die Distributoren im Leistungshalbleiterbereich die aktuelle Marktlage? Auch sie weisen auf durchaus bestehende regionale Unterschiede bei der Marktentwicklung hin. »Während sich in Europa die Nachfrage nach Leistungshalbleitern eher wieder abgeschwächt hat«, so Tobias Herrmann, Marketing Manager bei Finepower, »gab es in China, bedingt durch den Handelskonflikt mit den USA, einen stark erhöhten Bedarf an europäischen Leistungshalbleiter-Produkten«. In Deutschland sieht Herrmann die aktuellen Lieferzeiten bei 12 bis 20 Wochen; »es gibt aber auch Ausnahmen wie Hochleistungsmodule mit über 50 Wochen«.

Jochen Krause, Geschäftsführer der Hy-Line Power Components, hat 2019 zwar einen Rückgang bei den Bedarfen auf dem Industriemarkt registriert, »die Auftragseingänge sind aber auch im letzten Jahr weiter angestiegen«. Speziell bei kurzfristigen Bedarfen sieht er nach wie vor Versorgungsprobleme. »Je nach Material liegen die Lieferzeiten aktuell zwischen 20 und 40 Wochen.« Er warnt auch davor, dass die zunehmende Elektromobilität den Verteilungswettbewerb zwischen den verschiedenen Applikationsbereichen für Leistungshalbleiter 2020 weiter anheizen könnte, »wenn die angekündigten erweiterten Produktionskapazitäten für Leistungshalbleiter nicht am Markt ankommen«.


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