Obsoleszenz-Probleme lösen

SiC-Kaskoden ersetzen Si-MOSFETs

29. Mai 2018, 11:30 Uhr | Von Dr. Zhongda Li
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Praktischer Einsatz von SiC-Kaskoden

Die Frage, ob SiC-Kaskoden in realen Anwendungen eingesetzt werden können, lässt sich mit „ja“ beantworten. SiC-Kaskoden sind in handelsüblichen TO-247-Gehäusen erhältlich. Mit gering veränderten Serienwiderständen arbeiten sie mit den für IGBTs oder Si-MOSFETs üblichen Gate-Steuerungen. Kaskoden schalten schneller, daher müssen elektromagnetische Störungen berücksichtigt werden.

Jedoch lassen sich dV/dt und di/dt durch den Gate-Widerstand regeln. Die Gate-Ansteuerungsleistung ist deutlich geringer, was sich positiv auf die Zuverlässigkeit und den Wirkungsgrad auswirkt. Die verfügbaren Nennspannungen sind 650 V und 1200 V mit Nennströmen von bis zu 85 A.

Fallstudie: Abgekündigte Si-MOSFETs

Das schwedische Unternehmen Micropower Group fertigt pro Jahr mehr als 200.000 Ladegeräte und Stromversorgungen für die Fördertechnik. Eines der Produkte des Unternehmens ist ein 3-Phasen-Ladegerät mit 10 kW Leistung (Bild 2). Das 3-Phasen-Ladegerät ist mit zwölf Si-MOSFETs ausgestattet.

Das Unternehmen sah sich plötzlich mit einer Abkündigung der Si-MOSFETs konfrontiert. Die Zeit für ein komplettes System-Redesign mit SiC-MOSFETs oder GaN-Zellen war nicht vorhanden. Deshalb sah sich Micropower nach Möglichkeiten für den direkten Ersatz der abgekündigten Bauteile um.

Herkömmliche planare MOSFETs wurden in Betracht gezogen, die jedoch mit ihrer geringeren Stromdichte zu viele parallel geschaltete Bausteine erfordert hätten – zu hohen Kosten. Super-Junction-MOSFETs wurden einem Prototyping unterzogen, aber die Robustheit ihrer Body-Dioden wurde wegen unerklärlicher Fehler in Frage gestellt. Sogar IGBTs wurden diskutiert, doch deren Wirkungsgrad war zu niedrig – vor allem wegen der aktuellen Vorgaben der California Energy Commission für Batterieladegeräte.

Schließlich versuchte es das Unternehmen mit den SiC-Kaskoden von UnitedSiC. Micropower konnte seine vorhandene ±13-V-Gate-Ansteuerung nutzen. Der RDS(ON) der neuen Bausteine betrug weniger als ein Drittel der abgekündigten Vorgänger-Bausteine.

Die Nennspannung lag um 250 V höher, die Body-Diode erwies sich als robust und die Kosten blieben unverändert. Es wurden vier Baustein-Gruppen mit jeweils drei Si-MOSFETs durch vier Gruppen mit zwei SiC-Kaskoden in einer phasenverschobenen Vollbrücken-Anordnung ersetzt. Damit ergab sich ein um 1 % besserer Wirkungsgrad im Normalbetrieb (Bild 3).

erbesserter Wirkungsgrad durch SiC-Kaskode im Vergleich zu Si-MOSFETs bei einem 8-kV-Ladegerät mit 58 V Ausgangsspannung
Bild 3. Verbesserter Wirkungsgrad durch SiC-Kaskode im Vergleich zu Si-MOSFETs bei einem 8-kV-Ladegerät mit 58 V Ausgangsspannung.
© United Silicon Carbide

Bei niedrigen Lasten wurde sogar ein um 10 % besserer Wirkungsgrad erzielt. Ein um 1 % besserer Wirkungsgrad mag nach wenig klingen, stellt aber bei der Gesamtsystemleistung eine Einsparung von 750 kWh über die Dauer von fünf Jahren dar.
Die einzigen Änderungen, die erforderlich waren, um die SiC-Kaskoden zu integrieren, bezogen sich auf die Gate-Treiberwiderstände und die Treiber-Totzeit. Die Induktivitäten konnten verkleinert werden und nur zwei zusätzliche Y-Kondensatoren waren erforderlich, um die EMV-Standards zu erfüllen.

Um die Zuverlässigkeit der Lösung zu bewerten, führte Micropower umfangreiche Tests durch. Zu diesen zählten die Prüfung des Schaltverhaltens, die Untersuchung der abgestrahlten und leitungsgebundenen elektromagnetischen Interferenzen sowie ein Temperaturwechseltest über sechs Monate.

Dabei wurden Anomalien bewertet, beispielsweise Spannungsstöße, Kurzschlüsse am Ausgang, Abschaltung der Last und Prellphasenfehler. Alle diese Anomalien wurden 20.000 Mal wiederholt. Eine sichere Reaktion auf thermische Belastung durch Versagen des Lüfters wurde ebenfalls getestet.

Da die Tests erfolgreich waren und es zu keinen Ausfällen kam, entschied sich Micropower für die Verwendung der SiC-Kaskoden. Ein Redesign mit minimalem Aufwand wurde innerhalb eines 12-monatigen Projektzyklus vom Start bis zur Fertigung durchgeführt. Inzwischen haben die Micropower Group und UnitedSiC einen langfristig angelegten Liefervertrag über SiC-Kaskoden für zukünftige Produkte geschlossen [1].

 

Literatur

[1] http://unitedsic.com/micropower-group-to-sign-long-term-agreement-with-united-silicon-carbide-inc/

 

 

Der Autor

Zhongda-Li von United Silicon Carbide
Zhongda-Li von UnitedSiC
© United Silicon Carbide

Dr. Zhongda Li

absolvierte den Bachelor of Science in Physik an der Universität Peking im Jahr 2007 und den Ph.D. in Elektrotechnik im Jahr 2013 am Rensselaer Polytechnic Institute. Im Anschluss begann er seine Arbeit bei UnitedSiC. Insgesamt verfügt er inzwischen über mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Forschung an SiC- und GaN-Halbleitertechnologien sowie an der Produktentwicklung von SiC-JFETs und Kaskoden. Li veröffentlichte bislang mehr als 30 technische Paper und hält vier US-Patente.

 


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