Interview mit Tim McDonald, Infineon

»CoolGaN konkurriert nicht mit CoolMOS«

17. November 2017, 8:17 Uhr | Ralf Higgelke
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Warum Infineon die GaN-Technoligie von Panasonic lizensiert hat

Infineon hat die GaN-Technologie von Panasonic lizenziert. Warum eigentlich? 

Wir kamen zu dem Schluss, dass Panasonic die Schlüsselherausforderungen im Zusammenhang mit dem selbstsperrenden Anreicherungstyp bei ihren X-GaN-Bauteilen viel besser gelöst hat als alle Wettbewerber. Und ein Unternehmen, das ein bisschen spät dran ist wie Infineon, hat zwei Möglichkeiten: so etwas auf eigene Faust zu entwickeln oder eine vorhandene Technologie zu lizenzieren. Und wir haben uns entschieden, die beste verfügbare Anreicherungstyp-Technologie zu lizenzieren. 

Also beinhalten die Bauteile, die Infineon hier bei PCIM präsentiert hat, geistiges Eigentum von Panasonic? 

Wir haben die Bausteine gemeinsam entwickelt und wir nutzen Panasonic-IP, aber wir haben keine Co-Marketing-Vereinbarung. Wir qualifizieren die Produkte nach unseren eigenen Standards, wir fertigen sie in unseren eigenen Fabs und wir erweitern diese Technologie bei uns im Haus. In Zukunft werden wir eine breite Palette von Produkten in verschiedenen Ausprägungen dieser Technologie präsentieren. 

Die meisten GaN-Unternehmen fertigen Bausteine für 600 und 650 Volt. Aber diese haben nur einen Marktanteil von einem Drittel am gesamten MOSFET-Markt. Der größere Anteil liegt bei niedrigeren Spannungen bis zu 100 Volt. Wird Infineon auch Produkte für dieses Segment anbieten? 

Definitiv werden wir solche Produkte anbieten. Parallel zu den 600-Volt-Typen arbeiten wir an 100- und 200-Volt-Bausteinen, aber nicht mit der Panasonic-Technologie, sondern mit unserer eigenen. 

Im Spannungsbereich zwischen 600 und 900 Volt konkurrieren Superjunction, SiC und GaN miteinander. Was denken Sie? Wie wird dieser Kampf ausgehen? 

Ich meine, dass Siliziumkarbid bei 1200 Volt bei den Wide-Bandgap-Materialien ziemlich überlegen und etabliert ist. GaN wiederum ist geeigneter bei 600 Volt und dort vielleicht besser etabliert. Der Bereich bei 900 Volt könnte umkämpft werden. Grundsätzlich sehe ich Superjunction nicht als Konkurrenz, da wir CoolGaN in Anwendungen einsetzen, bei denen es um höhere Wirkungsgrade und Leistungsdichten kommt, und als CoolMOS liefern können. GaN beginnt also dort, wo Superjunction endet. 

Bob Dobkin von Linear Technology meinte mir gegenüber auf der electronica 2016, er sehe keinen Vorteil von GaN gegenüber Siliziumtransistoren im Spannungsbereich unter 200 Volt. Stimmen Sie dem zu?

Der Bereich unter 200 Volt ist ein weites Feld. Es gibt 15-Volt-MOSFETs, 30-Volt-MOSFETs und so weiter. Und diese decken ein sehr breites Spektrum von Anwendungen ab. Ich vermute, dass Bob nicht über eine Synchrongleichrichtung bei hohen Frequenzen wie zum Beispiel bei Wireless Charging gesprochen hat. Dort sehen wir, dass 100-Volt- und 200-Volt-GaN-Bausteine bei sehr hohen Schaltfrequenzen potenzielle Vorteile bieten. 

Ich glaube, er sprach von 30 oder 60 Volt. 

Sie sehen also, warum wir uns mehr auf 100- und 200-Volt-Anwendungen konzentrieren.

Ich betrachte GaN als eine gute Lösung für die Synchrongleichrichtung in diesem Spannungsbereich. Eine andere Anwendung, von der viele Leute sprechen, ist das Lidar für autonome Fahrzeuge. Für diese Anwendung hat GaN den Vorteil, schnell schalten zu können, in nur fünf Nanosekunden für ein 100-Volt-Bauteil.

Das schafft Silizium einfach nicht heutzutage. Bei 30 oder 60 Volt würde ich Bob zustimmen. In diesem Bereich wird Silizium noch weiter verbessert und die heute verfügbare GaN-Technolgie bietet keine klaren Vorteile gegenüber Silizium. Aber für die Zukunft sehe ich noch Platz für GaN zwischen 100 und 200 Volt. 

Herr McDonald, vielen Dank für das Gespräch. 

Das Interview führte Ralf Higgelke.


  1. »CoolGaN konkurriert nicht mit CoolMOS«
  2. Warum Infineon die GaN-Technoligie von Panasonic lizensiert hat

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